„Von jetzt auf gleich war alles anders“
Ein Skiurlaub im März 2015 brachte Bärbel Michels aus dem Gleichgewicht. Zwei Jahre wartete sie auf die richtige Diagnose.
Selbstbewusst, engagiert im Job, Mutter eines kleinen Sohnes, großer gemeinsamer Freundeskreis mit ihrem Mann, Hobbies – für Bärbel Michels lief alles rund. Bis zu einem Tag im März 2015. „Nach einem Druckausgleich im Skiurlaub schwankte plötzlich der Boden unter meinen Füßen“, erzählt die 46-Jährige. Der Schwindel blieb. Mal mehr, mal weniger, mal mit Übelkeit, mal mit Kreislaufschwäche. Zurück zu Hause führte sie der erste Weg zum HNO-ARZT. Der verschrieb für vier Wochen Cortison wegen des Verdachts auf Morbus Menière (s. Kasten Seite 31). Die Sparkassenbetriebswirtin ging weiter ins Büro, versuchte sich zusammenzureißen. „Wird schon wieder“, dachte sie. Aber wurde es nicht. Es begann eine fast zwei Jahre andauernde Odyssee von Facharzt zu Facharzt. Die Niedersächsin wurde krankgeschrieben, insgesamt für rund ein Jahr. Fahrverbot für sechs Monate, weil kurz ein Schlaganfall oder Epilepsie vermutet wurden. „Niemand konnte etwas feststellen, aber es gab zig bedrückende Verdachtsdiagnosen. Von Multipler Sklerose über Parkinson bis zum Hirntumor.“ Eine emotionale Achterbahn. Zu der Angst, sie könne schwer krank sein, kam die Hilflosigkeit. „Der Schwindel war unberechenbar. Ich konnte morgens nicht sagen, ob ich meinen Sohn aus der Kita würde holen können oder den Einkauf stemme“, erinnert sie sich. „Ohne meinen Mann und meinen tollen Freundeskreis wäre ich durchgedreht.“ Nach einem Jahr ohne Befund begann sie, nach jedem Strohhalm zu greifen, recherchierte, suchte auf eigene Kosten eine Psychotherapeutin auf, machte Yoga, Sport, Entspannungsübungen und ging zum Osteopathen. Der schickte sie schließlich zu einem ganzheitlich arbeitenden Kieferorthopäden. „Nach fast zwei Jahren hatte ich endlich eine Diagnose!“Eine Fehlstellung des Kiefergelenks (craniomandibuläre Dysfunktion, CMD) hatte den Schwindel ausgelöst. Die Korrektur ist noch nicht abgeschlossen, zeigt aber gute Erfolge: „Gelegentlich kommt noch ein leichter Schwindel angeflogen. Aber ich habe gelernt, dann nicht mehr in Panik zu verfallen. Mit Atemübungen und einem Satz zum ,Festhalten‘. Das klingt einfach – aber der lange Weg bis dorthin war unfassbar hart.“