„ Erst ein Viertel der Heilpflanzen ist einigermaßen erforscht“
Gibt es noch unbekannte Heilkräfte der Klostermedizin zu entdecken? Dr. Johannes Mayer: Ja, sehr viele. Ein gutes Beispiel ist der Salbei, bei dem es in den alten Quellen immer wieder Hinweise auf seine Heilwirkung bei Lähmungen gab, die von leichten Gehirnschlägen ausgehen. Wir konnten uns das nie richtig erklären, aber nun kommt aus England eine Studie, die tatsächlich zeigt, der Salbei hat Wirkungen auf das Gehirn. Das müsste nun ausführlich erforscht werden. Geschieht das? Hier liegt das entscheidende Problem für den Fortschritt der Pflanzenmedizin. Da es – gottseidank! – keine Patente auf Pflanzen gibt, lohnt sich für Pharmafirmen der Aufwand wirtschaftlich nicht, weil sie die Ergebnisse nicht exklusiv verwerten können. Müsste hier der Staat tätig werden? Unbedingt, denn wir haben bei der Phytomedizin keine Freiheit der Forschung und der Staat investiert überhaupt nichts in die Pharmazieforschung – und damit auch nicht in die Pflanzenforschung. Dabei sind von rund 600 bekannten Heilpflanzen erst etwa 150 einigermaßen erforscht. Können Pflanzenpräparate mit „richtigen“ Arzneimitteln konkurrieren? Sicher. So ließen sich durch pflanzliche Mittel und Ernährung viele teure Cholesterinsenker einsparen. Auch bräuchten wir weniger Aspirin, weil sich Knoblauch sehr gut als Blutverdünner eignet. Und Beinwellpräparate wirken meist genau so gut wie synthetische Produkte mit Diclofenac.
Dr. Johannes Mayer leitet die „Forschergruppe Klostermedizin“an der Universität Würzburg. Eine wichtige Arbeit, die an Grenzen stößt, wie der Medizinhistoriker im Interview* erklärt