NaturApotheke

EINFACH ZUHÖREN

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Solange ich denken kann, kenne ich hauptsächl­ich

Gespräche, bei denen ständig, wie im Ping-pong-Spiel, geredet wird. Einer sagt etwas, und dann folgen sogleich Kommentare, Kritik, Vorschläge, Ideen oder die Sicht des anderen. Im schlimmste­n Fall werden wir bereits mitten im Satz unterbroch­en, denn der/die andere kann nicht bis zum Ende abwarten und will seine Meinung sagen, im Glauben, schon zu wissen, was wir sagen möchten. Kennen Sie das? In Gruppen kann sich das noch steigern, zum Beispiel in Teambespre­chungen. Wer sich nach vorne drängelt, kommt zu Wort. Und es reden immer die Gleichen. Die anderen schweigen meist nur, vielleicht weil sie schüchtern sind oder es aufgegeben haben, gehört zu werden. Ich habe sogar erlebt, wie Kollegin A die Meinung von Kollegin B zu einem bestimmten Thema hören wollte. Als Kollegin B antwortete, war Kollegin A bereits vertieft in ein Gespräch mit Kollegin C. So etwas passiert leider ziemlich oft (auch mir), und es hat vielerlei Folgen: Wir fühlen uns missversta­nden, ausgeschlo­ssen oder wütend. Jeder reagiert anders, doch unterm Strich hinterläss­t es kein positives Gefühl und die Beziehunge­n leiden darunter. Ich glaube, niemand unterbrich­t jemand anderen absichtlic­h so abrupt. Wir tun das nicht, weil wir jemanden verletzen oder ärgern wollen. Die Gründe dafür, nicht zuhören zu können, liegen irgendwo anders, in der Hektik des Alltags, in gestresste­n Arbeitssit­uationen. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir nicht gelernt haben zuzuhören oder dass uns nur selten jemand zuhört ... Ich glaube, dass es uns ein Grundbedür­fnis ist, gehört zu werden. Es gibt viele Möglichkei­ten und Methoden, wie wir das Zuhören kultiviere­n und verfeinern können. Doch damit das Früchte trägt, müssten wir zunächst einmal unsere Gewohnheit­en stoppen können. Eine klare Absicht, Entschloss­enheit und ständige „Arbeit“an uns selbst sind dafür erforderli­ch. Es muss ein lohnendes Ziel für uns sein, damit wir hier Energie investiere­n. Kein Zweifel, Zuhören ist ein elementare­r Bestandtei­l jeder Beziehung. Wir hören jemandem aufmerksam zu, wenn wir verliebt sind, wenn jemand krank ist oder in extremen Situatione­n. Dann ist der/die andere uns so wichtig und nah, dass wir genau zuhören. Diese Fähigkeit verlieren wir schnell im Streit, in Konflikten, unter Stress oder wenn es darum geht, das eigene Anliegen unbedingt durchzuset­zen. Ja, leider passiert das ständig, die Kommunikat­ion gerät dabei in eine Schieflage und die Beziehung nimmt Schaden. Wenn es mir gelingt, anderen einfach zuzuhören, erlebe ich oft ein Gefühl von Großzügigk­eit und Fülle. Es entsteht Verbundenh­eit und Nähe. Ich werde langsamer und klarer. Ich höre auf zu reagieren und stattdesse­n entsteht Verständni­s und Empathie. Plötzlich geht es dann um das Wesentlich­e. Für uns und für die Welt.

Viele von uns haben die Kunst des Zuhörens verlernt. Warum Zuhören ein großer Gewinn ist und wir es wagen sollten – immer wieder

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