Räuchern DIE DUFTBOTSCHAFTEN HEIMISCHER PFLANZEN
Nichts weckt so unmittelbar Erinnerungen und Emotionen wie Gerüche. Daher ist Räuchern nicht nur wohltuend und reinigend, sondern eine gute Begleitung für die Seele
In der gemütlichen Stube, neben dem knisternd wohlig
warmen Kachelofen ruht hoch aufgeschichtet Kiefernund Fichtenholz. Der Holzgeruch lässt mich an einen sonnenbeschienenen Waldrand mit harzigen Fichten- und Kiefernstämmen denken. Dort durchströmt der herb-holzige Rindengeruch den lichten Wegabschnitt. Vom Wetter glattgeschliffene Baumwurzeln an steil aufsteigendem Gelände laden mit komfortablen Wurzelnischen zum Hinsetzen und Verweilen ein. Die Augen schweifen über den nahen Fischteich, dessen spiegelnde Oberfläche sich der blaue Himmel, die Birken, Fichten und Kiefern teilen. Derart schnell tauchen wir durch Düfte unmittelbar in unsere Erinnerungen und die jeweils dazugehörenden Gefühle ein. Wir reisen mit Gerüchen in der Nase blitzschnell zu Räumen der Vergangenheit, nicht selten sogar bis in das eigene Kinderzimmer. Warum sind Gefühle und die dazugehörigen Bilder und Erinnerungen durch Gerüche sofort gegenwärtig? Vereinfacht erklärt funktioniert das so: Duftmolekülimpulse, die durch die Nase direkt ohne unsere Kontrolle das sogenannte Riechhirn aktivieren, werden über Nervenbahnen in das Limbische System weitergeleitet. Dieses verknüpft dann alle sinnlichen Dufteindrücke mit Erinnerungen und Begebenheiten unseres Lebens. Noch ehe wir wissen warum, reagieren wir blitzschnell mit freudiger Erregung oder vielleicht auch mit Angst. Wenn wir entscheiden, wer uns sympathisch ist oder wen wir „nicht riechen“können, geschieht das unbewusst sehr schnell, ohne zu denken. Genau dieser Umstand ist es, der die individuelle Erfahrung des Räucherns bereichert und gestaltet. Wir dürfen, wenn wir wollen, das Steuer übernehmen und unsere Sinne sanft und wohldosiert lenken und stimulieren. So verbreitet Orangenblüte auf dem Räuchersieb einen süßblumig leichten Duft und verhilft zu einer fröhlichen Atmosphäre. Ganz anders die Zirbenholzspäne – sie verlangsamen den Herzschlag ein wenig, sodass gesunder und erholsamer Schlaf sich einstellt. Oder wie wäre es, mit Rosenblüten das Schlafzimmer in eine sinnliche Oase zu verwandeln? Überdies reduzieren wir durch duftende Kräuter die Keime in der Luft. Das ursprünglichste Räuchern geschah vermutlich eher durch Zufall am Lagerfeuer. Unsere Vorfahren entdeckten – wahrscheinlich an den Vorräten – den aromatisierenden und konservierenden Wert von Holzrauch. Es ist anzunehmen, dass die Höhlenbewohner damit auch lästige, fliegende Insekten fernhielten. Sicherlich veränderte sich am Höhlenfeuer mit rauchendem, aromatischem Holz auch die Stimmung. In der Antike, beispielsweise in Delphi, wurde mit Rauch orakelt. Um die Stimmung zu beflügeln oder zu erotisieren, „verbrannten“die Römer zu festlichen Anlässen Harze in rauen Mengen. Ärzte im späten Mittelalter räucherten gegen die Dämonen der Pest. Die Ureinwohner Amerikas rauchten rituell den heiligen Tabak direkt, räucherten unter anderem aber auch mit weißem Salbei. Wohlriechende Räucherstäbchen werden von den Chinesen seit über dreitausend Jahren zur Harmonisierung der Energie verbrannt und von den Mönchen des Himalaya in einer täglichen Zeremonie entzündet. Die bekannte hochfrequentierte Kathedrale im spanischen Pilgerort Santiago de Compostela wird mit Weihrauch in einen meditativen, aber auch keimarmen Ort verwandelt. Kräuter lassen sich allerdings auch ohne Kohle verglühen und setzen auf diese Weise mit wenig Vorbereitungszeit Duft und Wirkung frei. Ohne eine zusätzliche Hitzequelle verglimmen und rauchen beispielsweise Beifuß oder Salbei. Hier eine Beschreibung für eine ganz einfache Reinigungsräucherung mit gewöhnlichem Beifuß. Den getrockneten Beifuß mit den Händen zu einer Kugel formen, in eine feuerfeste Pfanne oder Schale legen, mit einem Feuerzeug den Kräuterball entzünden und kurz anbrennen – danach die Flamme ausgehen lassen und gleich Luft zufächeln, bis der Beifuß glimmt und raucht. In einer Pfanne oder
KRÄUTER PUR RÄUCHERN