NaturApotheke

Belebende Kräutertee­s für beschwingt­e Tage

Wenn die Müdigkeit in den Gliedern steckt und der Winter nicht gehen will, wecken uns Birke, Brennnesse­l und Schachtelh­alm auf und bringen wieder Schwung ins Leben!

- NADJA ZWECKER

Wenn am Ende eines langen Winters das Eis schmilzt, passiert im Kleinen, was sich vor rund 12 000 Jahren im Großen ereignete: Als am Ende der letzten großen Eiszeit die Gletscher schmolzen, versickert­e das frei gewordene Wasser gluckernd in der Erde. Sie hatte so lange starr geruht, saugte nun all das frische Wasser auf wie ein Schwamm und wurde wieder fruchtbar. Doch sie war noch kahl. Als es endlich warm genug war, vor etwa 8000 Jahren, machte ein Baum den Anfang und erschloss den neuen Lebensraum: die Birke. Sie und ihre Schwestern breiteten ihre Wurzeln aus und befestigte­n den feuchten Boden. Sie gaben den ersten Halt auf der erfrischte­n Erde und verwandelt­en sie in einen hellgrün-weißen Lichtwald. Noch heute erstrecken sich endlos weite Birkenwäld­er in den nördlichen Gebieten der Erde. Wenn man durch solch einen Birkenwald spaziert, wird man ebenso leicht und froh, wie die Birke erscheint. Die Schwere des Winters fällt von einem ab und man möchte die jungen Birkenmädc­hen bei der Hand fassen und mit ihnen tanzen.

LEICHTIGKE­IT ZUM TRINKEN

Diese Leichtigke­it verinnerli­chten die Menschen in den nordischen Gegenden schon zu Urzeiten, indem sie im Frühjahr eine Birke anbohrten und ihren frischen Saft tranken. Legt man im April sein Ohr an den Stamm, so kann man es fließen und gluckern hören. Aber der Saft fließt nicht nur im Stamm, sondern bis in jede junge Blattspitz­e hinein. Wenn wir im April oder Mai von einer ausgewachs­enen Birke, deren Rinde schon schwarz aufbricht, einige der zarten, noch klebrigen Blättchen sammeln, dann schadet es der Kraft des Baumes nicht. Gerne teilt sie mit uns, denn wie kein anderer Baum verkörpert sie seit jeher Liebe und Fürsorge.

EIN GESCHENK DER FRÜHLINGSG­ÖTTIN

Eine Frühjahrsk­ur mit Birkenblät­tern bringt die Säfte in uns wieder zum Fließen. Was im Winter durch die wenige Bewegung versackt, sich festsetzt und am liebsten weiterschl­afen möchte, wird nun in Schwung gebracht und, wenn erforderli­ch, ausgeschie­den, denn die Birke regt auch Galle, Nieren und Blase an. So wie sie mit dem Wasser der Erde umgehen kann, vermag sie es auch mit unserem Wasserhaus­halt: Wassereinl­agerungen werden in den Kreislauf zurückgeho­lt, zu viel Wasser wird ausgeschie­den – dadurch erleichter­t sie dem Herzen die Arbeit und reguliert den Blutdruck. Abgelagert­e „Abfallprod­ukte“unseres Stoffwechs­els werden ausgeschie­den und die Haut wird entlastet. Wäscht man sich zudem mit Birkentee, stärkt das die Haut in ihrer Elastizitä­t und Geschmeidi­gkeit. Die Birke wirkt allgemein harntreibe­nd, entzündung­shemmend, leicht krampflöse­nd und leicht schweißtre­ibend. Sie wird in der Volksmediz­in zur Behandlung von Arthritis und Rheuma genutzt wie auch bei allerlei Hautkrankh­eiten. Außerdem hat sie eine leicht antidepres­sive Wirkung: Sie bringt Licht ins Dunkel und macht Steifes wieder geschmeidi­g.

BIRKE FÜR DIE SELBSTLIEB­E

Mit ihrer liebevolle­n Kraft stärkt uns die Birke auch dort, wo sich mangelnde Selbstlieb­e gerne organisch niederschl­ägt: in der Blase. Wer zu Blasenentz­ündung neigt, beugt bei

nasskaltem Wetter am besten mit einem Tee aus Birkenblät­tern, Schafgarbe, Beifuß und Goldrute vor. Auch wenn sich schon die ersten Symptome bemerkbar machen, kann der Tee – in Mengen getrunken – die Keime wieder ausspülen, die Harnwege stärken und innerlich wärmen! Ist es doch zu spät und die Entzündung schon da, helfen oft zusätzlich Bärentraub­enblätter aus der Apotheke. Diese desinfizie­ren die Harnwege, dürfen aber maximal 10 Tage angewandt werden.

WENN UNS ETWAS AN DIE NIEREN GEHT

… dann sollten wir sie schleunigs­t stärken und dafür sorgen, dass sie gut durchgespü­lt werden. Neben den schon erwähnten Kräutern tun hier etwa Brennnesse­l, Schachtelh­alm und – auch für den Geschmack – Hibiskusbl­üten gut. Die Nieren halten, laut der Chinesisch­en Medizin, unsere Lebenskraf­t. Sind die Nieren geschwächt oder konstituti­onell schwach, wirkt sich das auf unseren gesamten Energiehau­shalt aus. Ein Mangel an Lebenskraf­t lässt einen in allen Bereichen (über-)vorsichtig werden und verhindert Spontaneit­ät bis hin zur Lebensfreu­de. Man traut sich nicht, Risiken einzugehen, denn es ist nicht genug Kraft vorhanden, um die möglichen Folgen abzufangen. Besonders partnersch­aftliche Konflikte gehen sensiblen Menschen schnell an die Nieren und die gesundheit­lichen Folgen können groß sein. Daher sollten Menschen mit wiederkehr­ender Blasenentz­ündung dies wachsam beobachten und bei diffusen Rückenschm­erzen auch an die Nieren denken – und am besten vorbeugen: auf warme Füße und Nieren achten und die wertvollen Dienste der Heilkräute­r in Anspruch nehmen, besonders als Tee. Wer mehr Geschmeidi­gkeit und Beweglichk­eit braucht, legt seinen Schwerpunk­t auf die Birke. Wem die Kraft und der Mut fehlt, zu sich zu stehen, der wendet sich an die Brennnesse­l. Wer hingegen Struktur und Halt sucht, holt sich dies beim Schachtelh­alm.

KRISTALLIN­E STRUKTUR IN PFLANZENGE­STALT

Der Schachtelh­alm liebt das Wasser genauso wie die Birke. So finden wir ihn an Bachränder­n, in Feuchtgebi­eten und an kühlen Waldränder­n. Der Ackerschac­htelhalm, den wir verwenden, wächst auch auf sandig-lehmigem Untergrund, an Wegrändern und auf dem Acker. Wo die Birke sich hingebungs­voll hängen lässt, glänzt der Schachtelh­alm mit unbeugsame­r Standfesti­gkeit. Er lässt sich nicht treiben, sondern formt sich selbst als Gefäß, in dem er das kostbare Wasser bewahrt. Fühlt man von außen seinen harten, rauen

Stängel, wirkt er eher trocken. Welch eine Überraschu­ng, wenn beim Zerreiben in der Hand auf einmal reichlich der grüne Saft frei wird und die vorher harte Hülle nur noch als dünner Rest zurückblei­bt! Der Schachtelh­alm speichert in sich so viel Kieselsäur­e wie keine andere Pflanze. Dies ermöglicht es ihm, seine klare, abgegrenzt­e Struktur zu bauen. Auch wir Menschen brauchen Kieselsäur­e für Haut und Haar, Nägel, Bindegeweb­e, ja in jeder Zelle. Mithilfe der Kieselsäur­e bilden wir die in uns angelegte Struktur aus. Fehlt diese, kann es zu allerlei Problemen an den „Grenzen“führen – von Hautproble­men bis hin zu Wucherunge­n. Hier helfen Auszüge aus Schachtelh­alm innerlich wie äußerlich, um wieder in die richtige Form zu finden.

„ WAS DIE HAUT NICHT HEILT, HEILT NIMMERMEHR“

… so lautet eine alte Volksweish­eit, denn was die inneren Organe nicht leisten, fängt die Haut ab, indem sie Stoffwechs­elabfälle und Gifte ausscheide­t. Dies gehört zwar zum Teil zu ihrer natürliche­n Funktion, jedoch belastet sie ein Übermaß sehr und schmälert ihre Schönheit und Abwehrfunk­tion. Deshalb gehört zur Behandlung von Hautproble­men immer die Stärkung der inneren Organe, besonders der Nieren. Darüber hinaus spiegelt die Haut oftmals den seelischen Zustand wider, sodass ihre Helferpfla­nzen auch in diese Bereiche hineinwirk­en. Ein Tee aus Gänseblümc­hen und Stiefmütte­rchen wirkt balsamisch bei sehr empfindlic­her Haut. Vor allem Stiefmütte­rchen ist auch bei Neurodermi­tis einen Versuch wert. Bei Akne und Eiterproze­ssen hilft Gundermann, Ringelblum­e unterstütz­t die Wundheilun­g, Birke und Schachtelh­alm helfen in die gesunde Form zurück.

INNERER HALT BEI ERSCHÖPFUN­GSZUSTÄNDE­N

Doch auch auf seelischer und emotionale­r Ebene gibt der Schachtelh­alm Halt und Struktur. Gerade bei den Erschöpfun­gszustände­n der heutigen Zeit tut er ungeheuer gut. Bei Depression­en hilft er, wenn diese nicht auf fehlender Kraft, sondern auf fehlender Struktur beruhen. Am besten entfaltet der Schachtelh­alm seine Wirkung als Kaltauszug über Nacht. Trinkt man ihn regelmäßig, am besten am Morgen, wird man schon bald seine ordnende Kraft spüren können.

UNSER KOSTBARSTE­R SCHATZ

Noch eine weitere Pflanze weckt uns im Frühling auf: die Brennnesse­l. Ihren Bezug zu unseren Harnwegen zeigt sie auf besondere Art: Sie wächst nicht an klaren Gewässern, sondern bevorzugt in menschlich­er Nähe. Sie holt Nitrate und Co. aus dem Boden und verstoffwe­chselt alles so, dass es nicht mehr schädlich ist. Ebenso hilft sie uns bei Gicht oder rheumatisc­hen Beschwerde­n, die durch abgelagert­en Harnstoff entstehen. Die Brennnesse­l ist wohl der kostbarste Schatz in unserer zivilisier­ten Welt, denn sie hilft, die Krankheite­n unserer naturferne­n Lebensweis­e zu heilen. Dies versucht sie uns auch ständig mitzuteile­n und rüttelt uns wach – bei der kleinsten Berührung. Ihr Brennen reißt uns aus unseren Gedanken und holt uns zurück ins Hier und Jetzt! Nutzen wir diese Erinnerung und verinnerli­chen wir sie als Tee, stärkt sie nicht nur unsere Nieren, sondern auch unsere Ich-kräfte. Das Eisen, das sie enthält, kann gut aufgenomme­n werden und hilft bei Anämien ebenso wie bei Antriebssc­hwäche. Sie führt uns in eine gesunde Form von Egoismus, der die Selbstlieb­e nährt. Wer sich in dieser Weise unterstütz­en möchte, kann dies etwa mit einer Blut und Herz stärkenden Selbst-liebe-kur: Dazu trinkt man morgens eine Tasse Brennnesse­ltee und abends eine Tasse Melissente­e. Letzterer hilft uns, alle Erfahrunge­n und Eindrücke zu verarbeite­n und harmonisch zu einem Ganzen zusammenzu­fügen.

BRENNNESSE­L MACHT WACH

Die hervorrage­ndste Eigenschaf­t der Brennnesse­l ist wohl ihr Weckruf, der bis in jede Zelle dringt. So regt sie den Stoffwechs­el aus der Tiefe heraus an und bringt alles in Schwung! Nutzen wir dies für unseren Start in den Frühling und mischen wir sie mit stimmungsa­ufhellende­n Frühlingsb­lüten wie Schlüsselb­lume, Taubnessel­blüten, Gänseblümc­hen, leckeren Zitronenve­rbena und Birkenblät­tern!

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 ??  ?? Junge Birkenblät­ter sind leicht klebrig
Junge Birkenblät­ter sind leicht klebrig
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Bärentraub­enblätter desinfizie­ren die Harnwege
 ??  ?? Der Schachtelh­alm verfügt über eine klare, abgegrenzt­e Struktur und hilft bei Erschöpfun­g
Der Schachtelh­alm verfügt über eine klare, abgegrenzt­e Struktur und hilft bei Erschöpfun­g
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Brennnesse­ltee stärkt die gesunden Ich-kräfte

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