Belebende Kräutertees für beschwingte Tage
Wenn die Müdigkeit in den Gliedern steckt und der Winter nicht gehen will, wecken uns Birke, Brennnessel und Schachtelhalm auf und bringen wieder Schwung ins Leben!
Wenn am Ende eines langen Winters das Eis schmilzt, passiert im Kleinen, was sich vor rund 12 000 Jahren im Großen ereignete: Als am Ende der letzten großen Eiszeit die Gletscher schmolzen, versickerte das frei gewordene Wasser gluckernd in der Erde. Sie hatte so lange starr geruht, saugte nun all das frische Wasser auf wie ein Schwamm und wurde wieder fruchtbar. Doch sie war noch kahl. Als es endlich warm genug war, vor etwa 8000 Jahren, machte ein Baum den Anfang und erschloss den neuen Lebensraum: die Birke. Sie und ihre Schwestern breiteten ihre Wurzeln aus und befestigten den feuchten Boden. Sie gaben den ersten Halt auf der erfrischten Erde und verwandelten sie in einen hellgrün-weißen Lichtwald. Noch heute erstrecken sich endlos weite Birkenwälder in den nördlichen Gebieten der Erde. Wenn man durch solch einen Birkenwald spaziert, wird man ebenso leicht und froh, wie die Birke erscheint. Die Schwere des Winters fällt von einem ab und man möchte die jungen Birkenmädchen bei der Hand fassen und mit ihnen tanzen.
LEICHTIGKEIT ZUM TRINKEN
Diese Leichtigkeit verinnerlichten die Menschen in den nordischen Gegenden schon zu Urzeiten, indem sie im Frühjahr eine Birke anbohrten und ihren frischen Saft tranken. Legt man im April sein Ohr an den Stamm, so kann man es fließen und gluckern hören. Aber der Saft fließt nicht nur im Stamm, sondern bis in jede junge Blattspitze hinein. Wenn wir im April oder Mai von einer ausgewachsenen Birke, deren Rinde schon schwarz aufbricht, einige der zarten, noch klebrigen Blättchen sammeln, dann schadet es der Kraft des Baumes nicht. Gerne teilt sie mit uns, denn wie kein anderer Baum verkörpert sie seit jeher Liebe und Fürsorge.
EIN GESCHENK DER FRÜHLINGSGÖTTIN
Eine Frühjahrskur mit Birkenblättern bringt die Säfte in uns wieder zum Fließen. Was im Winter durch die wenige Bewegung versackt, sich festsetzt und am liebsten weiterschlafen möchte, wird nun in Schwung gebracht und, wenn erforderlich, ausgeschieden, denn die Birke regt auch Galle, Nieren und Blase an. So wie sie mit dem Wasser der Erde umgehen kann, vermag sie es auch mit unserem Wasserhaushalt: Wassereinlagerungen werden in den Kreislauf zurückgeholt, zu viel Wasser wird ausgeschieden – dadurch erleichtert sie dem Herzen die Arbeit und reguliert den Blutdruck. Abgelagerte „Abfallprodukte“unseres Stoffwechsels werden ausgeschieden und die Haut wird entlastet. Wäscht man sich zudem mit Birkentee, stärkt das die Haut in ihrer Elastizität und Geschmeidigkeit. Die Birke wirkt allgemein harntreibend, entzündungshemmend, leicht krampflösend und leicht schweißtreibend. Sie wird in der Volksmedizin zur Behandlung von Arthritis und Rheuma genutzt wie auch bei allerlei Hautkrankheiten. Außerdem hat sie eine leicht antidepressive Wirkung: Sie bringt Licht ins Dunkel und macht Steifes wieder geschmeidig.
BIRKE FÜR DIE SELBSTLIEBE
Mit ihrer liebevollen Kraft stärkt uns die Birke auch dort, wo sich mangelnde Selbstliebe gerne organisch niederschlägt: in der Blase. Wer zu Blasenentzündung neigt, beugt bei
nasskaltem Wetter am besten mit einem Tee aus Birkenblättern, Schafgarbe, Beifuß und Goldrute vor. Auch wenn sich schon die ersten Symptome bemerkbar machen, kann der Tee – in Mengen getrunken – die Keime wieder ausspülen, die Harnwege stärken und innerlich wärmen! Ist es doch zu spät und die Entzündung schon da, helfen oft zusätzlich Bärentraubenblätter aus der Apotheke. Diese desinfizieren die Harnwege, dürfen aber maximal 10 Tage angewandt werden.
WENN UNS ETWAS AN DIE NIEREN GEHT
… dann sollten wir sie schleunigst stärken und dafür sorgen, dass sie gut durchgespült werden. Neben den schon erwähnten Kräutern tun hier etwa Brennnessel, Schachtelhalm und – auch für den Geschmack – Hibiskusblüten gut. Die Nieren halten, laut der Chinesischen Medizin, unsere Lebenskraft. Sind die Nieren geschwächt oder konstitutionell schwach, wirkt sich das auf unseren gesamten Energiehaushalt aus. Ein Mangel an Lebenskraft lässt einen in allen Bereichen (über-)vorsichtig werden und verhindert Spontaneität bis hin zur Lebensfreude. Man traut sich nicht, Risiken einzugehen, denn es ist nicht genug Kraft vorhanden, um die möglichen Folgen abzufangen. Besonders partnerschaftliche Konflikte gehen sensiblen Menschen schnell an die Nieren und die gesundheitlichen Folgen können groß sein. Daher sollten Menschen mit wiederkehrender Blasenentzündung dies wachsam beobachten und bei diffusen Rückenschmerzen auch an die Nieren denken – und am besten vorbeugen: auf warme Füße und Nieren achten und die wertvollen Dienste der Heilkräuter in Anspruch nehmen, besonders als Tee. Wer mehr Geschmeidigkeit und Beweglichkeit braucht, legt seinen Schwerpunkt auf die Birke. Wem die Kraft und der Mut fehlt, zu sich zu stehen, der wendet sich an die Brennnessel. Wer hingegen Struktur und Halt sucht, holt sich dies beim Schachtelhalm.
KRISTALLINE STRUKTUR IN PFLANZENGESTALT
Der Schachtelhalm liebt das Wasser genauso wie die Birke. So finden wir ihn an Bachrändern, in Feuchtgebieten und an kühlen Waldrändern. Der Ackerschachtelhalm, den wir verwenden, wächst auch auf sandig-lehmigem Untergrund, an Wegrändern und auf dem Acker. Wo die Birke sich hingebungsvoll hängen lässt, glänzt der Schachtelhalm mit unbeugsamer Standfestigkeit. Er lässt sich nicht treiben, sondern formt sich selbst als Gefäß, in dem er das kostbare Wasser bewahrt. Fühlt man von außen seinen harten, rauen
Stängel, wirkt er eher trocken. Welch eine Überraschung, wenn beim Zerreiben in der Hand auf einmal reichlich der grüne Saft frei wird und die vorher harte Hülle nur noch als dünner Rest zurückbleibt! Der Schachtelhalm speichert in sich so viel Kieselsäure wie keine andere Pflanze. Dies ermöglicht es ihm, seine klare, abgegrenzte Struktur zu bauen. Auch wir Menschen brauchen Kieselsäure für Haut und Haar, Nägel, Bindegewebe, ja in jeder Zelle. Mithilfe der Kieselsäure bilden wir die in uns angelegte Struktur aus. Fehlt diese, kann es zu allerlei Problemen an den „Grenzen“führen – von Hautproblemen bis hin zu Wucherungen. Hier helfen Auszüge aus Schachtelhalm innerlich wie äußerlich, um wieder in die richtige Form zu finden.
„ WAS DIE HAUT NICHT HEILT, HEILT NIMMERMEHR“
… so lautet eine alte Volksweisheit, denn was die inneren Organe nicht leisten, fängt die Haut ab, indem sie Stoffwechselabfälle und Gifte ausscheidet. Dies gehört zwar zum Teil zu ihrer natürlichen Funktion, jedoch belastet sie ein Übermaß sehr und schmälert ihre Schönheit und Abwehrfunktion. Deshalb gehört zur Behandlung von Hautproblemen immer die Stärkung der inneren Organe, besonders der Nieren. Darüber hinaus spiegelt die Haut oftmals den seelischen Zustand wider, sodass ihre Helferpflanzen auch in diese Bereiche hineinwirken. Ein Tee aus Gänseblümchen und Stiefmütterchen wirkt balsamisch bei sehr empfindlicher Haut. Vor allem Stiefmütterchen ist auch bei Neurodermitis einen Versuch wert. Bei Akne und Eiterprozessen hilft Gundermann, Ringelblume unterstützt die Wundheilung, Birke und Schachtelhalm helfen in die gesunde Form zurück.
INNERER HALT BEI ERSCHÖPFUNGSZUSTÄNDEN
Doch auch auf seelischer und emotionaler Ebene gibt der Schachtelhalm Halt und Struktur. Gerade bei den Erschöpfungszuständen der heutigen Zeit tut er ungeheuer gut. Bei Depressionen hilft er, wenn diese nicht auf fehlender Kraft, sondern auf fehlender Struktur beruhen. Am besten entfaltet der Schachtelhalm seine Wirkung als Kaltauszug über Nacht. Trinkt man ihn regelmäßig, am besten am Morgen, wird man schon bald seine ordnende Kraft spüren können.
UNSER KOSTBARSTER SCHATZ
Noch eine weitere Pflanze weckt uns im Frühling auf: die Brennnessel. Ihren Bezug zu unseren Harnwegen zeigt sie auf besondere Art: Sie wächst nicht an klaren Gewässern, sondern bevorzugt in menschlicher Nähe. Sie holt Nitrate und Co. aus dem Boden und verstoffwechselt alles so, dass es nicht mehr schädlich ist. Ebenso hilft sie uns bei Gicht oder rheumatischen Beschwerden, die durch abgelagerten Harnstoff entstehen. Die Brennnessel ist wohl der kostbarste Schatz in unserer zivilisierten Welt, denn sie hilft, die Krankheiten unserer naturfernen Lebensweise zu heilen. Dies versucht sie uns auch ständig mitzuteilen und rüttelt uns wach – bei der kleinsten Berührung. Ihr Brennen reißt uns aus unseren Gedanken und holt uns zurück ins Hier und Jetzt! Nutzen wir diese Erinnerung und verinnerlichen wir sie als Tee, stärkt sie nicht nur unsere Nieren, sondern auch unsere Ich-kräfte. Das Eisen, das sie enthält, kann gut aufgenommen werden und hilft bei Anämien ebenso wie bei Antriebsschwäche. Sie führt uns in eine gesunde Form von Egoismus, der die Selbstliebe nährt. Wer sich in dieser Weise unterstützen möchte, kann dies etwa mit einer Blut und Herz stärkenden Selbst-liebe-kur: Dazu trinkt man morgens eine Tasse Brennnesseltee und abends eine Tasse Melissentee. Letzterer hilft uns, alle Erfahrungen und Eindrücke zu verarbeiten und harmonisch zu einem Ganzen zusammenzufügen.
BRENNNESSEL MACHT WACH
Die hervorragendste Eigenschaft der Brennnessel ist wohl ihr Weckruf, der bis in jede Zelle dringt. So regt sie den Stoffwechsel aus der Tiefe heraus an und bringt alles in Schwung! Nutzen wir dies für unseren Start in den Frühling und mischen wir sie mit stimmungsaufhellenden Frühlingsblüten wie Schlüsselblume, Taubnesselblüten, Gänseblümchen, leckeren Zitronenverbena und Birkenblättern!