NaturApotheke

Microgreen­s

- MARLENE BUSCHBECK- IDLACHEMI

Die jungen Wilden bringen Würze und eine geballte Ladung gesunder Inhaltssto­ffe auf den Teller

Sie entern Fensterbän­ke und Küchenrega­le, sie drängen in kurzer Zeit aus dem Samen ans Licht, schmecken frisch und würzig und schlagen ausgewachs­enes Gemüse mit ihrem Gehalt an Vitaminen und Spurenelem­enten. Microgreen­s sind die jungen Wilden in der Küche – nur grün sind sie nicht immer

Kaufen Sie manchmal frische Kresse im Karton? Bei uns wurde das Pappkästch­en mit den frischen Stängeln entweder in wenigen Minuten leer geräumt oder es welkte auf dem Fensterbre­tt unbeachtet vor sich hin. Die jungen Pflänzchen, die heute als Microgreen­s die Küche erobern, sind der Kresse in vieler Hinsicht überlegen. Es gibt sie in unzähligen Sorten von mild bis scharf, denn aus jedem Gemüse und vielen Gräsern sowie Getreiden lassen sich Microgreen­s ziehen. Im Gegensatz zu den klassische­n Sprossen verzehrt man bei Microgreen­s nur Blätter und Stängel. In der Regel keimen die Winzlinge in 10 bis 14 Tagen, besonders einfach gelingt das mit einem Aufzuchtse­t. Die kleinen Sets finden Platz in jeder Küche und da sie schnell verzehrt sind, besteht kaum Gefahr, dass sie zu schimmeln beginnen. Falls Sie jetzt immer noch zögern, die jungen Wilden in Ihre Küche zu lassen, hätten wir hier vier Gründe, warum Sie es tun sollten:

1. Microgreen­s sind richtig gesund

Die frischen Triebe beinhalten alles, was die Pflanze benötigt, um zu wachsen. Der Anteil an Vitaminen, Spurenelem­enten (besonders Vitamin A, B6, C und Eisen) sowie Proteinen ist in den kleinen Pflänzchen um ein Vielfaches höher als in der gleichen Menge des ausgewachs­enen Gemüses. In Samen sind Nährstoffe wie Kohlenhydr­ate, Proteine, Enzyme oder Fettsäuren in einer komplexen und stabilen Form gespeicher­t. Während der Keimung vermehren sich Enzyme innerhalb weniger Stunden und wandeln Stärke in Zucker (Maltose, Dextrin) um. Es kommt unter anderem zu einer sprunghaft­en Neubildung von Vitaminen: In Weizenkörn­ern steigt der Gehalt an Karotin beispielsw­eise nach 20 Stunden Keimdauer im Schnitt um 190 Prozent an, der Gehalt von Vitamin B2 nach 12 Stunden um 50 Prozent – bei den Alfalfa-sprossen nach vier Tagen sogar um 1000 Prozent. Als Keimlinge verzehrte Hülsenfrüc­hte sorgen für weniger Blähungen, denn die blähungsve­rursachend­en Kohlenhydr­ate werden beim Keimen stark abgebaut. Im Vergleich zu Sprossen, die nicht in der Erde keimen, nehmen die Microgreen­s die wertvollen Nährstoffe des Bodens auf. Das gilt sowohl für die Aufzucht in der Erde als auch für speziell für Anzuchtset­s vorbereite­ten Nährboden. Außerdem bilden sie durch das Sonnenlich­t beim Wachsen Chlorophyl­l. Dabei werden die Inhaltssto­ffe des Samens aufgewerte­t und es entsteht hochwertig­es Eiweiß. Mit der Grünung erhöht die Pflanze ihre Kraft, Energie und die sonnenlich­twertigen Potenziale. Das kann bei Sorten mit nachgesagt­er Heilwirkun­g die Heilkraft erhöhen. Pflanzen wie Rettich oder Senf produziere­n während des Wachstums ätherische Öle und Bitterstof­fe und erhöhen damit ihre pharmakolo­gische Wirkung – schmecken daher jedoch auch intensiver als die ausgewachs­enen Früchte.

2. Ideal für alle ohne „Grünen Daumen“

Auch wer hier sonst kein glückliche­s Händchen hat, sammelt mit Microgreen­s schnell Erfolgserl­ebnisse. Vor allem die fertig vorbereite­ten Anzuchtset­s (siehe Seite 59) machen das Züchten kinderleic­ht: Nährboden wässern, die Samen dicht aneinander auf den vorbereite­ten Nährboden streuen und in Anzuchtsch­ale oder -schachtel an einen sonnigen Platz stellen. Achten Sie darauf, dass keine Staunässe entsteht, am besten wässern Sie die Pflanze vorsichtig mit einer Sprühflasc­he. Wer selbst anbaut, kann als Gefäß jede flache Schale oder auch einen Suppentell­er verwenden. 2 bis 3 Zentimeter Erde einfüllen, das Saatgut eng aussäen, kurz

andrücken und einmal mit der Sprühflasc­he gut anfeuchten. Achten Sie darauf, Biosaaten zu verwenden. Sobald die Pflänzchen zwei schöne Keimblätte­r ausgebilde­t haben, lassen sie sich ernten. Achtung: Einige Pflanzen wie Weizengras haben nur ein Keimblatt! Je nach Keimdauer lassen sich auch unterschie­dliche Pflanzen kombiniere­n.

3 bis 5 Tage: Linsen, Mungobohne­n, Weizen, Rettich (Daikon), Radieschen

4 bis 7 Tage: Luzerne (Alfalfa), Brokkoli, Kresse, Rauke

8 bis 12 Tage: Sonnenblum­en, Rote Bete, Erbsen, Bohnen, Buchweizen

Tipp: Wenn Sie selber züchten, sollten Sie harte Kerne vor der Aussaat über Nacht in Wasser einlegen, dann keimen sie schneller.

3. Sie sehen lecker und appetitlic­h aus

Da sich aus fast allen Gemüse- und Getreideso­rten Microgreen­s ziehen lassen, ist die Vielfalt riesig. Und weil die kleinen Pflänzchen meist deutlich intensiver schmecken als die ausgewachs­ene Pflanze, reicht eine kleine Menge, um Salaten, Suppen oder warmen Gerichten frische Würze zu verleihen. Wie frische Kräuter sind auch Microgreen­s eine ideale Ergänzung für alle, die darauf achten, möglichst wenig Salz zu essen: Milde Sorten schmecken auch pur, zu Eiern oder auf einem Sandwich. Microgreen­s können nicht nur sanft bis pfeffrig schmecken, sie sehen auch unterschie­dlich aus. Größere oder kleine Blättchen von schmal über rund bis gezackt sprießen hellgrün, dunkelgrün, rötlich oder lila. Besonders hübsch sind beispielsw­eise der kräftig rote Amaranth, die Rote Bete, der zweifarbig­e Rotkohl oder bunte Asia-mischungen mit Pak Choi und Mizuna.

4. Mehr Bio geht nicht

Die Ökobilanz der Microgreen­s ist vorbildlic­h: Kein Import, keine langen Transportw­ege, vom Fensterbre­tt wandern die Sprössling­e direkt auf den Teller. Zur Aufzucht braucht es weder Dünger noch künstliche Wärme. Auch wenn manche Züchter zu Pflanzenla­mpen raten, bevorzugen wir einen sonnigen Fensterpla­tz. Das reicht zumindest im Sommer völlig aus. Der Wasserverb­rauch der Keimlinge ist ebenfalls sehr bescheiden. Wer mit einer Sprühflasc­he gießt, vergeudet kein Wasser und vermeidet Schimmel, der durch Staunässe entsteht. Sie sollten allerdings darauf achten, Ihre Pflanzen aus Biosaatgut zu ziehen und ein Anzuchtset ohne Torferde zu verwenden.

▶ Quellen und weitere Informatio­nen

• Peter Burke: Der Salatgarte­n für zuhause, Löwenzahn Verlag, 2016

• https://utopia.de/ratgeber/microgreen­s-das-neue-superfood

• https://gruenesmoo­thies.de/blog.php/kraftquell­e-microgreen­srezepte-von-der-fensterban­k

• www.mein-schoener-garten.de/lifestyle/gesund-leben/microgreen­s -das-neue-superfood-31391

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 ??  ?? Microgreen­s sind bunt und knackig wie diese Keimlinge der Roten Bete
Microgreen­s sind bunt und knackig wie diese Keimlinge der Roten Bete
 ??  ?? Aus den dicht an dicht gesäten Samen keimen schnell erste Triebe
Aus den dicht an dicht gesäten Samen keimen schnell erste Triebe
 ??  ?? Viele Getreide wie das Weizengras haben nur ein Keimblatt
Viele Getreide wie das Weizengras haben nur ein Keimblatt
 ??  ?? Microgreen­s werden roh gegessen, so bleiben die Vitalstoff­e erhalten
Microgreen­s werden roh gegessen, so bleiben die Vitalstoff­e erhalten

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