Microgreens
Die jungen Wilden bringen Würze und eine geballte Ladung gesunder Inhaltsstoffe auf den Teller
Sie entern Fensterbänke und Küchenregale, sie drängen in kurzer Zeit aus dem Samen ans Licht, schmecken frisch und würzig und schlagen ausgewachsenes Gemüse mit ihrem Gehalt an Vitaminen und Spurenelementen. Microgreens sind die jungen Wilden in der Küche – nur grün sind sie nicht immer
Kaufen Sie manchmal frische Kresse im Karton? Bei uns wurde das Pappkästchen mit den frischen Stängeln entweder in wenigen Minuten leer geräumt oder es welkte auf dem Fensterbrett unbeachtet vor sich hin. Die jungen Pflänzchen, die heute als Microgreens die Küche erobern, sind der Kresse in vieler Hinsicht überlegen. Es gibt sie in unzähligen Sorten von mild bis scharf, denn aus jedem Gemüse und vielen Gräsern sowie Getreiden lassen sich Microgreens ziehen. Im Gegensatz zu den klassischen Sprossen verzehrt man bei Microgreens nur Blätter und Stängel. In der Regel keimen die Winzlinge in 10 bis 14 Tagen, besonders einfach gelingt das mit einem Aufzuchtset. Die kleinen Sets finden Platz in jeder Küche und da sie schnell verzehrt sind, besteht kaum Gefahr, dass sie zu schimmeln beginnen. Falls Sie jetzt immer noch zögern, die jungen Wilden in Ihre Küche zu lassen, hätten wir hier vier Gründe, warum Sie es tun sollten:
1. Microgreens sind richtig gesund
Die frischen Triebe beinhalten alles, was die Pflanze benötigt, um zu wachsen. Der Anteil an Vitaminen, Spurenelementen (besonders Vitamin A, B6, C und Eisen) sowie Proteinen ist in den kleinen Pflänzchen um ein Vielfaches höher als in der gleichen Menge des ausgewachsenen Gemüses. In Samen sind Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Proteine, Enzyme oder Fettsäuren in einer komplexen und stabilen Form gespeichert. Während der Keimung vermehren sich Enzyme innerhalb weniger Stunden und wandeln Stärke in Zucker (Maltose, Dextrin) um. Es kommt unter anderem zu einer sprunghaften Neubildung von Vitaminen: In Weizenkörnern steigt der Gehalt an Karotin beispielsweise nach 20 Stunden Keimdauer im Schnitt um 190 Prozent an, der Gehalt von Vitamin B2 nach 12 Stunden um 50 Prozent – bei den Alfalfa-sprossen nach vier Tagen sogar um 1000 Prozent. Als Keimlinge verzehrte Hülsenfrüchte sorgen für weniger Blähungen, denn die blähungsverursachenden Kohlenhydrate werden beim Keimen stark abgebaut. Im Vergleich zu Sprossen, die nicht in der Erde keimen, nehmen die Microgreens die wertvollen Nährstoffe des Bodens auf. Das gilt sowohl für die Aufzucht in der Erde als auch für speziell für Anzuchtsets vorbereiteten Nährboden. Außerdem bilden sie durch das Sonnenlicht beim Wachsen Chlorophyll. Dabei werden die Inhaltsstoffe des Samens aufgewertet und es entsteht hochwertiges Eiweiß. Mit der Grünung erhöht die Pflanze ihre Kraft, Energie und die sonnenlichtwertigen Potenziale. Das kann bei Sorten mit nachgesagter Heilwirkung die Heilkraft erhöhen. Pflanzen wie Rettich oder Senf produzieren während des Wachstums ätherische Öle und Bitterstoffe und erhöhen damit ihre pharmakologische Wirkung – schmecken daher jedoch auch intensiver als die ausgewachsenen Früchte.
2. Ideal für alle ohne „Grünen Daumen“
Auch wer hier sonst kein glückliches Händchen hat, sammelt mit Microgreens schnell Erfolgserlebnisse. Vor allem die fertig vorbereiteten Anzuchtsets (siehe Seite 59) machen das Züchten kinderleicht: Nährboden wässern, die Samen dicht aneinander auf den vorbereiteten Nährboden streuen und in Anzuchtschale oder -schachtel an einen sonnigen Platz stellen. Achten Sie darauf, dass keine Staunässe entsteht, am besten wässern Sie die Pflanze vorsichtig mit einer Sprühflasche. Wer selbst anbaut, kann als Gefäß jede flache Schale oder auch einen Suppenteller verwenden. 2 bis 3 Zentimeter Erde einfüllen, das Saatgut eng aussäen, kurz
andrücken und einmal mit der Sprühflasche gut anfeuchten. Achten Sie darauf, Biosaaten zu verwenden. Sobald die Pflänzchen zwei schöne Keimblätter ausgebildet haben, lassen sie sich ernten. Achtung: Einige Pflanzen wie Weizengras haben nur ein Keimblatt! Je nach Keimdauer lassen sich auch unterschiedliche Pflanzen kombinieren.
3 bis 5 Tage: Linsen, Mungobohnen, Weizen, Rettich (Daikon), Radieschen
4 bis 7 Tage: Luzerne (Alfalfa), Brokkoli, Kresse, Rauke
8 bis 12 Tage: Sonnenblumen, Rote Bete, Erbsen, Bohnen, Buchweizen
Tipp: Wenn Sie selber züchten, sollten Sie harte Kerne vor der Aussaat über Nacht in Wasser einlegen, dann keimen sie schneller.
3. Sie sehen lecker und appetitlich aus
Da sich aus fast allen Gemüse- und Getreidesorten Microgreens ziehen lassen, ist die Vielfalt riesig. Und weil die kleinen Pflänzchen meist deutlich intensiver schmecken als die ausgewachsene Pflanze, reicht eine kleine Menge, um Salaten, Suppen oder warmen Gerichten frische Würze zu verleihen. Wie frische Kräuter sind auch Microgreens eine ideale Ergänzung für alle, die darauf achten, möglichst wenig Salz zu essen: Milde Sorten schmecken auch pur, zu Eiern oder auf einem Sandwich. Microgreens können nicht nur sanft bis pfeffrig schmecken, sie sehen auch unterschiedlich aus. Größere oder kleine Blättchen von schmal über rund bis gezackt sprießen hellgrün, dunkelgrün, rötlich oder lila. Besonders hübsch sind beispielsweise der kräftig rote Amaranth, die Rote Bete, der zweifarbige Rotkohl oder bunte Asia-mischungen mit Pak Choi und Mizuna.
4. Mehr Bio geht nicht
Die Ökobilanz der Microgreens ist vorbildlich: Kein Import, keine langen Transportwege, vom Fensterbrett wandern die Sprösslinge direkt auf den Teller. Zur Aufzucht braucht es weder Dünger noch künstliche Wärme. Auch wenn manche Züchter zu Pflanzenlampen raten, bevorzugen wir einen sonnigen Fensterplatz. Das reicht zumindest im Sommer völlig aus. Der Wasserverbrauch der Keimlinge ist ebenfalls sehr bescheiden. Wer mit einer Sprühflasche gießt, vergeudet kein Wasser und vermeidet Schimmel, der durch Staunässe entsteht. Sie sollten allerdings darauf achten, Ihre Pflanzen aus Biosaatgut zu ziehen und ein Anzuchtset ohne Torferde zu verwenden.
▶ Quellen und weitere Informationen
• Peter Burke: Der Salatgarten für zuhause, Löwenzahn Verlag, 2016
• https://utopia.de/ratgeber/microgreens-das-neue-superfood
• https://gruenesmoothies.de/blog.php/kraftquelle-microgreensrezepte-von-der-fensterbank
• www.mein-schoener-garten.de/lifestyle/gesund-leben/microgreens -das-neue-superfood-31391