Filzkunst mit Samen und viel Liebe
Aus der Natur holt sich die Künstlerin Inspiration und Material für ihre Werke. Bei unserem Werkstattbesuch am Ammersee haben wir ihre Filzkunst kennenlernen dürfen
Wie eine Gruppe Kinder vor dem Schulausflug stehen sie im Garten: die bunten und die sanften, die wilden und die stillen. Und wie eine Mutter zupft Trine Pesch hier ein paar vorwitzige Fransen zurecht, streichelt sanft über eine Applikation oder rückt ein kleines Kunstwerk zurecht. Was so fröhlich in der Sonne steht, sind Urnengefäße aus Filz. Sie hüllen die Asche Verstorbener ein, umgeben sie nicht nur mit warmer Wolle, sondern auch mit guten Gedanken und Erinnerungen. Egal ob die Künstlerin die Urnen allein gestaltet oder in einem Workshop unter anderem im Rahmen des Wegbegleiter-programms von Aetas Lebens- und Trauerkultur, es fl ießt viel positive Energie in die Gestaltung der Urnen, die Trine Pesch auch für Sternenkinder filzt.
SCHAFFEN GEGEN DIE OHNMACHT
Die Künstlerin schätzt diese „schöne, sinnliche Arbeit. Das ist gar nichts Schweres, über das Material kommt etwas in Gang, das Schaffen hilft gegen die Ohnmacht. Die Teilnehmer bekommen von mir einen weißen unbearbeiteten Rohling. Wenn ich mit Menschen filze, werden die Ergebnisse meist bunt.“Zum Urnenfilzen kommen oft auch Familien, die einen Tag lang mit Trine arbeiten. Wolle und Leinen bilden den Fuß, der durch das Leinen etwas verstärkt wird. Dann steht der Fantasie nichts im Wege. Im Aetas-programm heißt das
„Beim Auslegen der Wolle, beim Wässern, Reiben und Walken finden Gedanken und Gefühle eine Form. So entsteht eine schützende, wärmende Hülle. Unter den eigenen Händen wird daraus ein Gefäß – robust und weich zugleich – für die Urne eines geliebten Verstorbenen oder eines Menschen, der auf dem Weg ist, Abschied zu nehmen. Oder auch als ein Aufbewahrungsort im Alltag, womit sich jemand sichtbar, greifbar mit letzten Dingen auseinandersetzen kann.“Aus der Wolle entsteht beim Filzen ein recht stabiles Gefäß, wie auch das Filzen im Stehen eine anstrengende Arbeit ist. Daher genießt Trine die Pausen, in denen sie sich hinsetzt und eigene Werke bestickt. Und auch in diese Arbeit fließen schöne Erinnerungen: „Viele Handarbeitstechniken habe ich von klein auf von meiner kreativen Mutter und Großmutter gelernt. Auch haben Sie mir genäht was ich mir wünschte. Beim gemeinsamen Stoffeinkauf habe ich ein
Gespür für Materialien bekommen.“Dieses Gefühl für Materialien kennzeichnet sämtliche Filzkunstwerke. Seien es die Urnen, meterhohe Wandbehänge aus Wolle, Seide und Leinen, wunderliche Wesen aus Wolle, Samen und Schoten oder gefilzter Schmuck.
AUS DER NATUR SCHÖPFEN
Die Natur spielt eine wichtige Rolle in Trines Werk, typisch sind Kokons, Tentakelwesen sowie die eingearbeiteten Naturprodukte. Überall in Wohnung, Werkstatt und Garten liegen Mohnkapseln, trockene Zweige oder Urlaubsmitbringsel wie riesige Schoten aus Peru. „Wir können alles aus der Natur schöpfen. Wenn ich im Garten etwas abschneide, denke ich, da kann ich etwas Neues draus machen, jetzt gerade sind das die Zweige meiner Korkenzieherweide.“Ihr Garten ist Trine wichtig, obwohl sie sich eher als Samm
OB ETWAS LEBEN WERDEN KANN, DAS HÄNGT NICHT VON DEN GROSSEN IDEEN AB, SONDERN DAVON, OB MAN SICH AUS IHNEN EIN HANDWERK SCHAFFT, EIN TÄGLICHES, ETWAS, WAS BEI EINEM AUSHÄLT BIS ANS ENDE
Rainer Maria Rilke