Fast vergessen: Die Kraft der Waldpilze
In Europa ist die Heilkraft von Pilzen schon fast in Vergessenheit geraten. Die Schätze des Waldes helfen uns jedoch bei vielen Beschwerden und unterstützen uns beim Gesundbleiben
Bestimmt war es damals ein beschwerlicher Weg von Italien über die Alpen nach Österreich. Der als Gletschermumie bekannt gewordene Ötzi, der sich vor über 5000 Jahren auf Wanderschaft begab, hatte nur eine spärliche Ausrüstung bei sich. Und die beiden Pilze, die der Steinzeitmensch an seinem Körper trug, gaben den Wissenschaftlern vorerst Rätsel auf. Inzwischen vermutet man, dass Ötzi den Birkenporling medizinisch nutzte und mit dem Zunderschwamm Blutungen stoppen konnte. Bei uns in Europa ist die Heilkraft von Pilzen schon fast in Vergessenheit geraten, erst in den letzten Jahren gewinnt dieses Wissen wieder an Bedeutung und die zunehmende Anzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen und Studien zeigt das große Potenzial von Heilpilzen. Im asiatischen Raum dagegen hat die Einnahme von Vitalpilzen für medizinische Zwecke eine lange Tradition. Sie gehören nachweislich zu den ältesten verwendeten Heilmitteln.
DEM KÖRPER GEBEN, WAS ER BRAUCHT
Pilze enthalten eine hohe Konzentration von komplexen Wirkstoffen wie Terpene, Triterpene und Sterole, Polyphenole, Polysaccharide, Chitin, Enzyme und vieles mehr. All diese Inhaltsstoffe nehmen Einfluss auf den menschlichen Körper, regen bestimmte Prozesse an und verfügen somit über ein unglaubliches medizinisches Potenzial. Eine ihrer Besonderheiten ist die Wirkung von Adaptogenen. Dies bedeutet, dass sie sich dem Organismus anpassen, ein Zuviel oder Zuwenig entsprechend ausgleichen können und auf das reagieren, was unser Körper gerade braucht. Adaptogene bringen den Körper ins Gleichgewicht. So hat zum Beispiel ein und derselbe Pilz die Fähigkeit, auf das Nervensystem anregend oder beruhigend zu wirken. Er kann ein schwaches Immunsystem stärken, aber auch ein zu aktives körpereigenes Abwehrsystem (Allergien, Autoimmunerkrankungen) drosseln. Besonders bei der Behandlung von Krebserkrankungen schüren Vitalpilze Hoffnung, wenngleich Pilze keine Allheilmittel gegen Krebs sind. Aber sie sind auch nicht wirkungslos und deshalb als komplementäre Medizin begleitend zur konventionellen Krebstherapie sinnvoll. Obwohl bei uns noch relativ ungebräuchlich, kennt die TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) zahlreiche Beispiele für Heißwasseraufgüsse und Tees aus Vitalpilzen. Sehr erfolgreich werden sie zur Behandlung von Erkrankungen und zur Aufrechterhaltung der Gesundheit eingesetzt. Durch die Hitze werden die Zellwände der getrockneten Fruchtkörper aufgebrochen und so viele wertvolle Inhaltsstoffe dem menschlichen Körper verfügbar gemacht. Bei dieser Art der Zubereitung werden besonders die wasserlöslichen Bestandteile wie Polysaccharide, B-vitamine oder Mineralstoffe des Pilzes extrahiert.
PILZE RICHTIG SAMMELN
Bei der Wildsammlung entnimmt man die möglichst frischen Vitalpilze meist von Bäumen und Totholz. Nur Pilze nehmen, die man genau kennt! Bitte keine Pilze von bereits stark vermoderten Stämmen entnehmen, da deren Wirkstoffgehalt wahrscheinlich schon stark abgenommen hat! Außerdem sammelt man in unbelasteten Gebieten. Die heilkräftigen Funde schneidet man in möglichst kleine Stücke und trocknet sie im Backofen oder Dörrapparat. Die Pilzstücke müssen vollständig trocken sein, da sie sonst leicht schimmeln. Eine weitere Zerkleinerung kann in einer Kaffeemühle erfolgen. Je kleiner die Pilzstücke sind, umso besser können sich die Wirkstoffe im Teewasser entfalten. Für den Fall, dass Sie bei Ihrer Pilzwanderung erfolglos waren oder in der Pilzbestimmung unsicher sind, rate ich Ihnen, die Vitalpilze über den Fachhandel zu beziehen. Mittlerweile gibt es in Mitteleuropa zahlreiche Unternehmen, die sich auf den Anbau und den Vertrieb von Pilzen spezialisiert haben und auch kompetente Beratung anbieten. Achten Sie beim Kauf auf kontrollierten Anbau mit Biozertifizierung! Weiters haben Sie die Möglichkeit, Vitalpilze in sogenannten „Growkits“oder beimpften Baumstämmen zu erwerben, sodass diese direkt in Ihrem Garten wachsen und geerntet werden können. Vitalpilze sind im Allgemeinen frei von schädlichen Nebenwirkungen, allerdings kann es in Einzelfällen zu allergischen Reaktionen kommen. Verwendet man einen Pilz zum ersten Mal, sollte man daher zunächst mit einer kleinen Menge die Verträglichkeit und Wirkung testen. (Dies gilt im Übrigen auch für neue Kräuter und Nahrungsmittel.)