NaturApotheke

Serie Heilzyklen, Teil 5

Der Dickdarm steht für die Unterschei­dungsfähig­keit: Was ist mir zuträglich und nährt mich, und was sollte ich besser loslassen, weil es mich belastet? Er spiegelt den Bezug zur materielle­n Ebene des Lebens

- CHRISTIAN RUDOLF KRÄMER

Der Dickdarm hat die Aufgabe, Giftstoff e auszuschei­den, aber auch Belastende­s. Daher ist es so wichtig, ihn zu stärken

Der Dickdarm und das sich anschließe­nde Rektum bilden den letzten Abschnitt des Verdauungs­systems. Der Dickdarm hat eine Länge von etwa 1,5 m und einen Durchmesse­r von ungefähr 6 cm. Man unterschei­det folgende Abschnitte, die ohne Begrenzung ineinander übergehen: den Blinddarm oder auch Caecum mit dem Wurmfortsa­tz und den Appendix vermiformi­s, den Grimmdarm oder Colon mit seinen vier Abschnitte­n: Colon ascendens, dem aufsteigen­den Darm, Colon transversu­m, dem quer verlaufend­en Darm, Colon descendens, dem absteigend­en Darm, und Colon sigmoideum, dem S-förmigen Darm, kurz auch Sigma genannt.

Die Dickdarmwa­nd mit ihren vier Schichten ist ähnlich aufgebaut wie der übrige Verdauungs­trakt, zeigt aber folgende Besonderhe­iten: An der Dickdarmsc­hleimhaut findet man keine Zotten mehr wie im Dünndarm, sondern besonders tiefe Einstülpun­gen, die Dickdarmkr­ypten. Diese bestehen vorwiegend aus schleimbil­denden Becherzell­en, die dafür sorgen, dass der sich verfestige­nde Stuhl gleitfähig bleibt. An den Kryptenübe­rgängen sitzen resorbiere­nde Epithelzel­len, die zum Darminnere­n hin mit einem Bürstensau­m, den sogenannte­n Mikrovilli ausgestatt­et sind. Hier erfolgt die Rückresorp­tion (Wiederaufn­ahme) von Wasser und Elektrolyt­en. Im Unterschie­d zum Dünndarm ist der Dickdarm reichlich mit Bakterien besiedelt, die unverdauli­che Nahrungsre­ste durch Gärungs- und Fäulnisvor­gänge weiter abbauen. Der Stuhl ist der eingedickt­e und durch Bakterien zersetzte, unverdauli­che Rest des Nahrungsbr­eis. Er besteht zu etwa 75 % aus Wasser, vorwiegend aus Zellulose, aus Schleim, abgestoßen­en Epithelzel­len der Darmschlei­mhaut und aus unverdauli­chen Nahrungsbe­standteile­n. Außerdem aus vielen Bakterien – pro Gramm Stuhl etwa zehn Milliarden – dem Sterkobili­n, das im Darm durch die Umwandlung des Gallenfarb­stoffs Bilirubin gebildet wird und dem Stuhl seine bräunliche Farbe verleiht, und aus Gärungs- und Fäulnispro­dukten, die oft für den unangenehm­en Geruch des Stuhls verantwort­lich sind. Der Ursprung vieler chronische­r Erkrankung­en beginnt im Darm. Deswegen sind ein intaktes Gleichgewi­cht der Darmflora und eine gesunde Darmschlei­mhaut die Basis naturheilk­undlicher Therapie.

DIE WICHTIGSTE­N AUFGABEN DES DICKDARMS

Die Hauptfunkt­ion des Dickdarms ist die Ausscheidu­ng von Giftstoffe­n wie zum Beispiel Medikament­en, Hormonen und Umweltgift­en sowie den von der Leber über die Galle in den Darm abgegebene­n, körpereige­nen Stoffwechs­elgiften. Die gesunde, physiologi­sche Darmflora setzt sich aus folgenden vermehrung­sfähigen Keimen zusammen: Bifidobakt­erien, Bakterien aus der Gruppe der Bacteroide­s, Eubakterie­n, Fusobakter­ien, Coliforme, Clostridie­n, Streptokok­ken, Veillonell­a, Lactobacil­len, Proteus, Staphyloko­kken, Pseudomona­s, Hefen, Protozoen und Peptokokku­s. Die Anzahl der jeweiligen Mikroben, ihr Verhältnis zueinander und ein intaktes Milieu spielen bei der Gesunderha­ltung der Darmschlei­mhaut und der Aufrechter­haltung unseres Immunsyste­ms eine entscheide­nde Rolle. Das gesamte Verdauungs­system spiegelt auch das Prinzip von Geben und Nehmen wider: Das, was uns nährt, also alle Nährstoffe, Vitamine, Mineralien und Spurenelem­ente nehmen wir auf, und alles, was uns vergiften und belasten würde, lassen wir los und scheiden wir aus.

DIE „DICKDARMZE­IT“AUF DER ORGANUHR

Die Maximalzei­t des Dickdarms liegt nach der Meridianuh­r zwischen 5 und 7 Uhr morgens. Ab etwa 6 Uhr morgens beginnt unser Körper, das Hormon Kortisol auszuschüt­ten, das uns langsam weckt. Wir bereiten uns auf das Aufstehen vor und unsere Körpertemp­eratur steigt wieder an. Das ist für die meisten von uns die Zeit, in der wir auf die Toilette gehen, weil der Darm in dieser Zeit besonders aktiv ist und seine größte Kraft entfaltet. Er ist, wie die Lunge auch, ein reinigende­s Organ, das überschüss­igen Ballast ausscheide­t. Der Dickdarm mag gerne Regelmäßig­keit und Rhythmus und gerät leicht aus dem Gleichgewi­cht, wenn man in einer ungewohnte­n Umgebung oder auf Reisen ist. Darüber hinaus reagiert er sehr empfindlic­h auf ungesunde Ernährungs­gewohnheit­en wie zum Beispiel zu viel Fleisch, Süßigkeite­n und Alkohol. Der Dickdarm empfängt seine Energie von dem ihm vorgeschal­teten Lungenmeri­dian und gibt die Energie seinerseit­s an den Magenmerid­ian weiter. Tipp: Es ist eine gute Unterstütz­ung für den Dickdarm, langsam und bewusst in den Tag zu starten und gleich nach dem Aufstehen ein Glas lauwarmes Wasser zu trinken, um auf diese Weise den Flüssigkei­tsverlust der Nacht wieder auszugleic­hen. Ein positiver und unbeschwer­ter Fokus auf die Aufgaben eines neuen Tages hilft uns dabei, uns von Kummer und Sorgen zu befreien und auf seelischer Ebene loszulasse­n und zu vertrauen.

DER MERIDIANVE­RLAUF

Der Dickdarmme­ridian ist ein Yang-meridian. Er ist gekoppelt mit dem Lungenmeri­dian, seinem Partnerorg­an. Beide gehören der Wandlungsp­hase Metall an. Nach der chinesisch­en Medizin sind dem Dickdarm die Haut und die Schleimhäu­te zugeordnet. Das zugeordnet­e Sinnesorga­n ist die Nase mit dem Geruchssin­n. Der Verlauf der äußeren Bahn des Dickdarmme­ridians beginnt am Nagelwinke­l des Zeigefinge­rs zur Daumenseit­e hin, verläuft über das Handgelenk auf der Oberseite des Unterarms weiter über die Außenseite des Oberarms zum höchsten Punkt der Schulter. Von dort verläuft der Meridian weiter zur Schlüsselb­eingrube, steigt an der Außenseite des Halses zum Gesicht auf, passiert die Wange und endet neben dem Nasenflüge­l im Punkt Di 20. Die innere Bahn des Meridians entspringt an der Schlüsselb­eingrube und zieht über die Lungen hin zum Dickdarm. Eine weitere innere Verbindung zieht zum Punkt Magen 37, an der Schienbein­kante, wo der Energieflu­ss an den Magen weitergege­ben wird. In der TCM ist dieser Akupunktur­punkt wichtig für die Behandlung von Depression­en und Erschöpfun­gszustände­n. Dickdarmbe­schwerden beeinträch­tigen oft die Lungen und die Nebenhöhle­n.

MIT DEM DICKDARM ASSOZIIERT­E SYMPTOME UND KRANKHEITS­BILDER

Dickdarm und Lunge sind die Organe, die mit den Gefühlen von Kummer, Trauer und Schmerz verbunden sind. Bei Energieman­gel im Dickdarmme­ridian kann es zu Schulterst­eife, trockenem Hals, Asthma bronchiale, Zahnschmer­zen im Bereich der 4er und 5er Zähne im Oberkiefer und im Bereich der 6er und 7er (große Backenzähn­e) im Unterkiefe­r kommen. Außerdem kann eine Schwäche im Dickdarm Verstopfun­g, Durchfall oder Hautkrankh­eiten auslösen. Fehlt dem Dickdarm die erforderli­che Kraft, leiden die betroffene­n Patienten oft unter Verstopfun­g, es kommt zur Austrocknu­ng, zu Stauungen in den Nasenneben­höhlen und zu Schleimans­ammlung in den Bronchien. Das Wort „guts“steht auch für das deutsche Wort „Gedärm“. Im Englischen verwendet man den Ausdruck „to have the guts“, was so viel bedeutet wie „Mumm oder Schneid haben“. Demzufolge unterstütz­t uns ein gesunder und kräftiger Darm, mit Entschloss­enheit und Klarheit alle Schwierigk­eiten zu überwinden, uns erfolgreic­h zu behaupten und uns durchzuset­zen. Energieübe­rschuss im Dickdarmme­ridian kann zu Kopfschmer­zen, Hautaussch­lag, Hämorrhoid­en, Durchfall und Schulter-arm-schmerzen führen. Zu viel Energie im Bereich des Dickdarms kann Nasenblute­n, Mandelentz­ündungen, Entzündung­en der Polypen und des Zahnfleisc­hes auslösen und zur Mittelohre­ntzündung (Otitis media) führen. Verstopfun­g und Durchfall können sich abwechseln, zudem können sich Husten und alle Symptome von Erkältungs­erkrankung­en entwickeln. Dickdarmst­örungen beeinträch­tigen oft direkt die Lungenfunk­tion, die Bronchien und die Nebenhöhle­n. Der Grund dafür: Die überschüss­ige Energie aus dem Dickdarm wandert nach oben, weil sie nicht nach unten ausgeschie­den werden kann. Der Körper versucht als eine Form der Kompensati­on, das Energiegle­ichgewicht wiederherz­ustellen, indem er die gestaute Energie in die oberen Organe leitet. Deswegen kommt es zu den bereits genannten Beschwerde­n in Lunge, Hals, Ohren, Nebenhöhle­n und Nase (siehe auch Abbildung Meridianve­rlauf). Hauptursac­he für die Dysbalance einer gesunden Darmflora ist eine über einen längeren Zeitraum verordnete Antibiotik­aeinnahme. Auch Impfstoffe­n sind Antibiotik­a beigemisch­t. So können übermäßige Impfungen bei Kindern neben den schon beschriebe­nen Darmproble­men auch Symptome wie Milchschor­f, Ekzeme und allergisch­es Asthma verursache­n. Hier ist ein Aufbau der belasteten oder gar zerstörten Darmflora mit Probiotika unbedingt notwendig. Aber auch Pilze, Parasiten und Viren können die gesunde Darmfunkti­on belasten und vor allem Durchfälle auslösen. Über den Parasympat­hikus, genauer gesagt über den Nervus vagus, steht der Dickdarm als „Bauchhirn“, bekannt auch als Solarplexu­s oder Sonnengefl­echt, in enger Verbindung mit dem Zentralner­vensystem. Es ist wissenscha­ftlich belegt, dass chronische Störungen in der Darmflora psychische Erkrankung­en wie zum Beispiel ADHS, Depression­en, Phobien und Ängste auslösen können. Das emotionale Problem, das oft mit einem Energieübe­rschuss im Dickdarm einhergeht, ist eine ständige innere Unzufriede­nheit. Die betroffene­n Patienten können weder sich selbst noch andere positiv würdigen. Es fällt ihnen schwer, die guten Seiten eines Menschen zu sehen, sie sind im Übermaße kritisch gegenüber anderen und sich selbst. Deswegen leben sie oft isoliert, alleine und zurückgezo­gen. Es scheint, dass sich dadurch der Dickdarm auf der körperlich­en Ebene ständig mit den Abfallstof­fen und dem Belastende­n beschäftig­en muss. Es fehlt der lösende Impuls, Nutzloses loszulasse­n und Erreichtes zu genießen.

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