Schlehen
Nach den ersten Nachtfrösten sind die Schlehen reif und nicht mehr so bitter. Sie stärken unser Immunsystem und bereiten uns bestens auf den nahenden Winter vor
Die schwarz-blauen „ Perlen des Herbstes“sind reif für die Ernte und schenken uns ihre Heilkraft. Plus: herrliche Rezepte mit Schlehen
Die Schlehe (Prunus spinosa) zählt zur Gattung Prunus und ist somit eine direkte Verwandte von Kirsche und Pflaume. Wie diese ist sie ein Steinobst und gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Bekannt ist sie etwa auch als Schlehdorn, Schwarzdorn, Dornstrauch, Schlingenstrauch, Heckendorn, Bockbeerli, Dornschal und Sauerpflaume. Schlehe geht auf das althochdeutsche „sleha“zurück, das altslavische „sliva“(Zwetschge) und das indogermanische „sli“(bläulich) und bezeichnet somit einen Vorläufer unserer heutigen Zwetschge. Die verästelten, undurchdringlichen Sträucher werden bis zu drei Meter hoch und bis zu 40 Jahre alt. Während ihrer frühen Blütezeit von März bis April sind sie in weiße Blütenwolken gehüllt, bevor die Blätter austreiben. Sie duftet zart nach Bittermandel. Reif sind ihre blau-scharzen, sauren Früchte im Herbst, wobei sich ihr herber Geschmack nach den ersten Nachtfrösten verliert. Dann ist es Zeit, sie zu ernten und zu trocknen oder ihre wertvollen Inhaltsstoffe anderweitig zu verarbeiten. Die unreifen Früchte lassen sich wie Oliven einlegen. Roh sollte man sie wegen ihres hohen Gerbstoffanteils nicht essen, das kann sogar zu Übelkeit und Erbrechen führen. Die Schlehe wächst überall in Europa, in Vorderasien, im Kaukasus, in Nordafrika, in Nordamerika und Neuseeland. Dabei bevorzugt sie sonnige Feld- und Waldränder, Hecken und Felshänge. An den Zweigenden sitzen Dornen, die Blätter sind oval und klein. Der Schlehenstrauch bietet Wachtel, Rebhuhn und Feldhasen Schutz und Vögeln, Schmetterlingen, Wildbienen, Hummeln und Schwebfliegen ein Zuhause und Nahrung. Darum sollte man beim Sammeln vorsichtig sein. Wer Vögel und Insekten in der Stadt unterstützen will, kann den Schlehdorn ebenfalls in einem großen Topf anpflanzen. Die robuste Pflanze wächst auch dort, nur eben kleiner.
DIE SCHLEHE IN GESCHICHTE, MYTHOLOGIE UND BRAUCHTUM
Schon in der Steinzeit waren Schlehenfrüchte in Mitteleuropa bekannt, wie etwa Kernabdrücke an alten Tongefäßen zeigen. Im Mittelalter fand die Schlehe Einsatz gegen Gicht und Fieber und aus der Rinde der Sträucher wurde die sogenannte Dornentinte gewonnen. Schlehenblätter dienten überdies als Tabakersatz. Die Schlehe ist ein Symbol für die hellen und die dunklen Seiten des Lebens, sie vereint Glück und Unglück. Ihr wurde die Kraft zugeschrieben, Wünsche zu erfüllen. Wie ein Märchenbaum leuchtet sie mit ihren weißen Blüten im Frühling als ein Zeichen der Erneuerung und des wiederkehrenden Lebens. Gleichermaßen kündet uns die dunkle Farbe ihrer herben Frucht den nahenden Winter an und öffnet den Weg in die Unterwelt. Weil sie wild und stachelig ist, wurde der Schlehe eine starke Schutzwirkung zugeschrieben. Um Höfe und Weiden vor bösen Geistern zu schützen, umpflanzte man sie oftmals mit Schlehensträuchern. Diese sollten Mensch und Tier vor Blitzschlag, Feuer und Krankheiten bewahren und Wünsche erfüllen. Vielerlei Brauchtum und Legenden ranken sich um den weißen Blütenschmuck der Schlehen. Demnach soll der, der die drei ersten Schlehenblüten isst, das ganze Jahr über vor Fieber geschützt sein. So habe etwa der Kreuzdorn der Schlehe vorgeworfen, sie habe ihre Zweige für die Dornenkrone von Jesus zur Verfügung gestellt. Gott habe daraufhin – um die Unschuld der Schlehe zu bekunden – ein Meer weißer Blüten über die Schlehe gestreut. In der arabischen Medizin fand die Schlehe ebenso Einsatz wie in der Antike. Dioskurides sowie Galen und Plinius kannten die Schlehe als Kräftigungsmittel, während sie im Mittelalter bei Infektionskrankheiten empfohlen wird, zum Beispiel in den Kräuterbüchern von Hieronymus Bock.
INHALTSSTOFFE DER BLAUEN STEINFRÜCHTE
In den Schlehenblüten enthalten sind unter anderem Flavonoide, Cumarine und etwas ätherisches Öl. Die Blätter bieten zusätzlich Gerb- und Bitterstoffe und wirken antiseptisch und entzündungshemmend. Und die Früchte der Schlehen bieten uns Vitamin C, B-vitamine, Vitamin E, Fruchtsäuren und Mineralstoffe. Getrocknete Schlehen können einen unruhigen Magen-darm-trakt beruhigen. Unter anderem steckt auch Amygdalin, ein Blausäureglykosid in den Schlehen – allerdings zu einem sehr geringen Anteil, sodass Gesundheitsschädigungen weitestgehend ausgeschlossen sind. Mehr Blausäure findet sich in den Schlehenkernen, die daher nicht verzehrt werden dürfen.
EINSATZ IN DER NATURHEILKUNDE
Der gut bekömmliche Blütenaufguss wird bei Durchfallerkrankungen, Blasen- und Nierenproblemen sowie Magenbeschwerden empfohlen. Schlehentonikum findet auch heute noch Einsatz zur Herz- und Kreislaufkräftigung und als Stärkungsmittel, im Alter oder nach Infektionskrankheiten (etwa das Schlehenelixier aus Wildfrüchten von Weleda). Es stärkt das Immunsystem und wirkt aktivierend. Am besten ein- bis zweimal täglich in warmem Wasser, Tee oder Milch aufgelöst trinken. Schlehenblütentee, aber auch die Blätter, finden zudem Anwendung als leichtes Abführmittel. Blüten und Früchte wirken adstringierend (zusammenziehend) sowie harn- und schweißtreibend. Auch sollen sie Fieber senken, Entzündungen hemmen, den Stoffwechsel anregen, den Magen beruhigen und blutreinigend wirken. Als weitere Einsatzgebiete finden sich Verschleimung, Gicht und rheumatische Leiden. Und auch bei Zahnfleisch-, Mund- und Halsentzündungen soll die Schlehe gute Dienste leisten.
SCHLEHENFRÜCHTE UNTERSTÜTZEN UNS DABEI, KRAFTVOLL UND KONZENTRIERT IM AUGENBLICK ZU LEBEN