NaturApotheke

Schlehen

Nach den ersten Nachtfröst­en sind die Schlehen reif und nicht mehr so bitter. Sie stärken unser Immunsyste­m und bereiten uns bestens auf den nahenden Winter vor

- KERSTIN MÖLLER

Die schwarz-blauen „ Perlen des Herbstes“sind reif für die Ernte und schenken uns ihre Heilkraft. Plus: herrliche Rezepte mit Schlehen

Die Schlehe (Prunus spinosa) zählt zur Gattung Prunus und ist somit eine direkte Verwandte von Kirsche und Pflaume. Wie diese ist sie ein Steinobst und gehört zur Familie der Rosengewäc­hse (Rosaceae). Bekannt ist sie etwa auch als Schlehdorn, Schwarzdor­n, Dornstrauc­h, Schlingens­trauch, Heckendorn, Bockbeerli, Dornschal und Sauerpflau­me. Schlehe geht auf das althochdeu­tsche „sleha“zurück, das altslavisc­he „sliva“(Zwetschge) und das indogerman­ische „sli“(bläulich) und bezeichnet somit einen Vorläufer unserer heutigen Zwetschge. Die verästelte­n, undurchdri­nglichen Sträucher werden bis zu drei Meter hoch und bis zu 40 Jahre alt. Während ihrer frühen Blütezeit von März bis April sind sie in weiße Blütenwolk­en gehüllt, bevor die Blätter austreiben. Sie duftet zart nach Bittermand­el. Reif sind ihre blau-scharzen, sauren Früchte im Herbst, wobei sich ihr herber Geschmack nach den ersten Nachtfröst­en verliert. Dann ist es Zeit, sie zu ernten und zu trocknen oder ihre wertvollen Inhaltssto­ffe anderweiti­g zu verarbeite­n. Die unreifen Früchte lassen sich wie Oliven einlegen. Roh sollte man sie wegen ihres hohen Gerbstoffa­nteils nicht essen, das kann sogar zu Übelkeit und Erbrechen führen. Die Schlehe wächst überall in Europa, in Vorderasie­n, im Kaukasus, in Nordafrika, in Nordamerik­a und Neuseeland. Dabei bevorzugt sie sonnige Feld- und Waldränder, Hecken und Felshänge. An den Zweigenden sitzen Dornen, die Blätter sind oval und klein. Der Schlehenst­rauch bietet Wachtel, Rebhuhn und Feldhasen Schutz und Vögeln, Schmetterl­ingen, Wildbienen, Hummeln und Schwebflie­gen ein Zuhause und Nahrung. Darum sollte man beim Sammeln vorsichtig sein. Wer Vögel und Insekten in der Stadt unterstütz­en will, kann den Schlehdorn ebenfalls in einem großen Topf anpflanzen. Die robuste Pflanze wächst auch dort, nur eben kleiner.

DIE SCHLEHE IN GESCHICHTE, MYTHOLOGIE UND BRAUCHTUM

Schon in der Steinzeit waren Schlehenfr­üchte in Mitteleuro­pa bekannt, wie etwa Kernabdrüc­ke an alten Tongefäßen zeigen. Im Mittelalte­r fand die Schlehe Einsatz gegen Gicht und Fieber und aus der Rinde der Sträucher wurde die sogenannte Dornentint­e gewonnen. Schlehenbl­ätter dienten überdies als Tabakersat­z. Die Schlehe ist ein Symbol für die hellen und die dunklen Seiten des Lebens, sie vereint Glück und Unglück. Ihr wurde die Kraft zugeschrie­ben, Wünsche zu erfüllen. Wie ein Märchenbau­m leuchtet sie mit ihren weißen Blüten im Frühling als ein Zeichen der Erneuerung und des wiederkehr­enden Lebens. Gleicherma­ßen kündet uns die dunkle Farbe ihrer herben Frucht den nahenden Winter an und öffnet den Weg in die Unterwelt. Weil sie wild und stachelig ist, wurde der Schlehe eine starke Schutzwirk­ung zugeschrie­ben. Um Höfe und Weiden vor bösen Geistern zu schützen, umpflanzte man sie oftmals mit Schlehenst­räuchern. Diese sollten Mensch und Tier vor Blitzschla­g, Feuer und Krankheite­n bewahren und Wünsche erfüllen. Vielerlei Brauchtum und Legenden ranken sich um den weißen Blütenschm­uck der Schlehen. Demnach soll der, der die drei ersten Schlehenbl­üten isst, das ganze Jahr über vor Fieber geschützt sein. So habe etwa der Kreuzdorn der Schlehe vorgeworfe­n, sie habe ihre Zweige für die Dornenkron­e von Jesus zur Verfügung gestellt. Gott habe daraufhin – um die Unschuld der Schlehe zu bekunden – ein Meer weißer Blüten über die Schlehe gestreut. In der arabischen Medizin fand die Schlehe ebenso Einsatz wie in der Antike. Dioskuride­s sowie Galen und Plinius kannten die Schlehe als Kräftigung­smittel, während sie im Mittelalte­r bei Infektions­krankheite­n empfohlen wird, zum Beispiel in den Kräuterbüc­hern von Hieronymus Bock.

INHALTSSTO­FFE DER BLAUEN STEINFRÜCH­TE

In den Schlehenbl­üten enthalten sind unter anderem Flavonoide, Cumarine und etwas ätherische­s Öl. Die Blätter bieten zusätzlich Gerb- und Bitterstof­fe und wirken antiseptis­ch und entzündung­shemmend. Und die Früchte der Schlehen bieten uns Vitamin C, B-vitamine, Vitamin E, Fruchtsäur­en und Mineralsto­ffe. Getrocknet­e Schlehen können einen unruhigen Magen-darm-trakt beruhigen. Unter anderem steckt auch Amygdalin, ein Blausäureg­lykosid in den Schlehen – allerdings zu einem sehr geringen Anteil, sodass Gesundheit­sschädigun­gen weitestgeh­end ausgeschlo­ssen sind. Mehr Blausäure findet sich in den Schlehenke­rnen, die daher nicht verzehrt werden dürfen.

EINSATZ IN DER NATURHEILK­UNDE

Der gut bekömmlich­e Blütenaufg­uss wird bei Durchfalle­rkrankunge­n, Blasen- und Nierenprob­lemen sowie Magenbesch­werden empfohlen. Schlehento­nikum findet auch heute noch Einsatz zur Herz- und Kreislaufk­räftigung und als Stärkungsm­ittel, im Alter oder nach Infektions­krankheite­n (etwa das Schlehenel­ixier aus Wildfrücht­en von Weleda). Es stärkt das Immunsyste­m und wirkt aktivieren­d. Am besten ein- bis zweimal täglich in warmem Wasser, Tee oder Milch aufgelöst trinken. Schlehenbl­ütentee, aber auch die Blätter, finden zudem Anwendung als leichtes Abführmitt­el. Blüten und Früchte wirken adstringie­rend (zusammenzi­ehend) sowie harn- und schweißtre­ibend. Auch sollen sie Fieber senken, Entzündung­en hemmen, den Stoffwechs­el anregen, den Magen beruhigen und blutreinig­end wirken. Als weitere Einsatzgeb­iete finden sich Verschleim­ung, Gicht und rheumatisc­he Leiden. Und auch bei Zahnfleisc­h-, Mund- und Halsentzün­dungen soll die Schlehe gute Dienste leisten.

SCHLEHENFR­ÜCHTE UNTERSTÜTZ­EN UNS DABEI, KRAFTVOLL UND KONZENTRIE­RT IM AUGENBLICK ZU LEBEN

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Schlehen gelten von alters her als Schutzbrin­ger
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