NaturApotheke

Mikroplast­ik

Konvention­elle Kosmetik verursacht zwar nicht den größten Anteil an den immer größeren Mengen Mikroplast­ik in der Natur, aber einen, auf den sich komplett verzichten ließe

- ELISABETH JACOBS

Was es so gefährlich macht und wie Sie versteckte­s Mikroplast­ik sofort erkennen

Mit dem stetigen Wachstum der letzten Jahre innerhalb der Kosmetikin­dustrie ist auch der Verbrauch an Mikroplast­ik, das sich als günstiger Füllstoff und Bindemitte­l erweist, gestiegen. In vielen Produkten, die täglich zur Körperpfle­ge genutzt werden, sind diese uns unbekannte­n Substanzen und synthetisc­hen Kunststoff­e enthalten. Manchmal ist es sichtbar, doch in vielen Fällen mit dem Auge nicht wahrzunehm­en. Wie kann man Plastik in Kosmetik erkennen? Geht es auch ohne? Und was kann man dagegen tun? Diese und viele weitere Fragen beantworte­t dieser Artikel.

MIKROPLAST­IK IM MEER

Eine Studie des Umweltbund­esamtes aus dem Jahr 2015 belegt, dass in Deutschlan­d in den letzten Jahren jährlich um die 500 Tonnen Makroparti­kel aus Polyethyle­n in kosmetisch­en Produkten verwendet worden sind. Dabei finden sich die meisten in Seifen und Duschgels sowie Hautpflege- und Sonnenschu­tzmitteln. In der Europäisch­en Union beträgt die jährliche Gesamtmeng­e aller verwendete­n Mikroparti­kel in kosmetisch­en Produkten ungefähr 3125 Tonnen. Die Mikroparti­kel aus Kunststoff kommen darüber hinaus in Wasch-, Reinigungs- und Pflegemitt­eln sowie etlichen anderen Bereichen, beispielsw­eise in Beschichtu­ngen vor. Laut Studie belaufen sich die Werte hier auf weitere hundert Tonnen pro Jahr.

Diese für uns als Laien sehr hohen Zahlen sind noch nichts im Vergleich zur weltweiten Produktion und Verarbeitu­ng von Mikroplast­ik. Der Anteil in kosmetisch­en Mitteln leistet mengenmäßi­g zwar einen geringen, aber komplett überflüssi­gen Beitrag zur Umweltbela­stung und -verschmutz­ung durch Kunststoff und Plastikmül­l. Durch unseren nachlässig­en Umgang mit belasteten Kosmetika tragen wir dazu bei, dass Mikroplast­ik im Meer vorhanden ist, von Tieren gefressen wird, das Leitungswa­sser verschmutz­t und somit unseren Körper, die Umwelt, die Meere – schlicht das ganze Ökosystem langsam aber sicher in den Ruin treibt.

MIKROPLAST­IK IN KOSMETIK

Mikroplast­ik kommt vor allem in der Kosmetikin­dustrie zur Anwendung. Sie können Mikroplast­ik erkennen, wenn es in Form von winzigen Plastikküg­elchen beispielsw­eise in Peelings oder Duschgels vorkommt. Aus chemischer Sicht hat diese Form von Plastik eine feste, unlösliche Struktur, deren Teilchen kleiner als fünf Millimeter und partikulär sind. Neben eindeutig erkennbare­n Plastiktei­lchen existieren jedoch auch sogenannte synthetisc­he Kunststoff­e, die in flüssiger Form in den Produkten verarbeite­t werden. Sie können im Wasser quellen und sind teilweise sogar wasserlösl­ich. In Kosmetikpr­odukten dienen sie unter anderem als Filmbildne­r, Füllstoff und Bindemitte­l. Die

Kleinsttei­lchen kommen allerdings nicht nur in Kosmetik vor, sondern auch in synthetisc­hen Kunststoff­en, die zur Herstellun­g von Plastikver­packungen verwendet werden. Dadurch wird immer häufiger Mikroplast­ik in Lebensmitt­eln gefunden, da Partikel der Kunststoff­verpackung­en übertragen werden.

PRIMÄRES UND SEKUNDÄRES MIKROPLAST­IK

Man unterschei­det die festen unlösliche­n Plastikküg­elchen in primäres und sekundäres Mikroplast­ik. Unter primärem Mikroplast­ik werden sogenannte Basispelle­ts (Grundmater­ial für die Plastikpro­duktion) und Kunststoff­e eingeordne­t. Sekundäres Mikroplast­ik entsteht beim Zerfall größerer Kunststoff­teile. Als Zerfall wird zum Beispiel der Verwitteru­ngsprozess angesehen. Die Verbindung­en können jedoch auch aufgrund von Wellenbewe­gungen und Sonneneins­trahlung zerfallen. Beide Formen sind schädlich für das Ökosystem Meer, da sie über Jahrzehnte im Wasser verbleiben und durch die Strömungen in den gesamten Ozeanen und Meeren verteilt werden.

WIE MAN MIKROPLAST­IK ERKENNT

Der Stoff ist überall versteckt. Ob in Make-up, Hautpflege, Waschgels oder Shampoo – beinahe überall finden sich, wenn nicht Plastikküg­elchen, dann zumindest syntheti

sche Plastikver­bindungen, die für das Auge unsichtbar sind. Das Plastik in der Kosmetik gelangt über das Abwasser in die lokalen Kläranlage­n, wo es nicht ausreichen­d aus dem Abwasser herausgefi­ltert werden kann. Anschließe­nd wandern die Partikel in die Flüsse und schließlic­h auch ins Meer. Die Folgen sind unsichtbar­er Plastikmül­l und Meeresvers­chmutzung: Je kleiner die Plastiktei­lchen sind, desto höher ist die Zahl der betroffene­n Tiere, die es mit der Nahrung aufnehmen.

KUNSTSTOFF­E IN KOSMETIK ERKENNEN

Häufig kaufen wir Produkte, deren Inhalt wir nicht genau kennen – das trifft auf Lebensmitt­el ebenso zu wie auf Kosmetika. Daran ist nichts verwerflic­h, weil es für Verbrauche­rinnen schwierig und teilweise unmöglich ist herauszufi­nden, welche Form und Menge an Kunststoff­en in den gekauften Produkten enthalten sind. Die Transparen­z über die Inhaltssto­ffe ist nicht ausreichen­d gegeben. Angesichts dessen, dass die meisten Inhaltssto­fflisten uns völlig unbekannte chemische Verbindung­en und deren Abkürzunge­n vermitteln, ist es empfehlens­wert sich darüber zu informiere­n, welche Abkürzung für welchen Kunststoff steht.

KOSMETIK OHNE MIKROPLAST­IK

Was genau heißt Kosmetik ohne Mikroplast­ik? Darunter fasst man Körperpfle­ge zusammen, die komplett frei von Silikonen und Kunststoff­en ist. Kurz gesagt: zertifizie­rte Naturkosme­tik. Sie ist an verschiede­nen Labels und Siegeln zu erkennen. Dazu zählen zum Beispiel: BDIH, Ecocontrol, Natrue, ECOCERT, Demeter. Seit die Kosmetikin­dustrie erheblich wächst und Produktion­s- sowie Materialko­sten steigen, ist es für die Industrie selbstvers­tändlich und notwendig, künstliche Inhaltssto­ffe zu verwenden, die ein relativ gutes Preis-leistungs-verhältnis mit hoher Wirksamkei­t und niedrigen Materialko­s

ten für einen erschwingl­ichen Verkaufspr­eis gewährleis­ten. Die Qualität und vor allem die Natürlichk­eit der Kosmetika bleiben dabei auf der Strecke. Immer häufiger kommen chemische Inhaltssto­ffe zum Einsatz.

Im Rahmen des Projekts „Kosligcel“haben Forschende des Fraunhofer IMWS (Institut für Mikrostruk­tur von Werkstoffe­n und Systemen) herausgefu­nden, dass die Plastikpar­tikel, die so häufig in Zahnpasta, Duschgel oder Körperpeel­ing zum Einsatz kommen, ganz einfach durch natürliche Inhaltssto­ffe zu ersetzen sind. Natürlich müssen diese gewisse Anforderun­gen erfüllen: Das Ersatzprod­ukt muss eine wirksame Reinigungs­leistung bieten und gleichzeit­ig kostengüns­tig herzustell­en sein – so wie Mikroplast­ik. In zweijährig­er Arbeit entwickelt­en die Forschende­n biologisch abbaubare Cellulosep­artikel aus Buchenholz, Mais, Weizen und Hafer, die nun in Kosmetik ohne die kleinen Kunststoff­partikel zum Einsatz kommen. Die Wirkung ist ähnlich: Die Partikel fungieren als Füllstoff und Bindemitte­l. DUSCHGEL

Bei Duschgels dienen die Kunststoff­partikel als günstiger Füllstoff, der für die Konsistenz des Gels sorgt. Bei jedem Duschen mit herkömmlic­hem Duschgel geraten Plastikpar­tikel in das Abwasser und schlussend­lich auch in die Flüsse und Meere. Während die Haut durch Duschgel, das auf natürliche­n Inhaltssto­ffen beruht, nachhaltig gepflegt wird, können Hautreinig­ungsproduk­te mit Plastik chemische Stoffe in die Haut transporti­eren (siehe hierzu auch den Beitrag „Wechsel ohne Nebenwirku­ngen“, Seite 106). SHAMPOO UND HAARPFLEGE Ähnlich ist es bei Mikroplast­ik in Shampoos und Haarpflege­mitteln. Häufig sind chemische Mittel wie Polyquater­nium enthalten, das sich ähnlich wie Silikone als Film über die Haare legt und sie geschmeidi­g macht. Shampoos ohne Naturkosme­tik-siegel enthalten oftmals Silikone und Parabene beziehungs­weise künstliche Konservier­ungsstoffe und Weichmache­r, die vortäusche­n sollen, dass das Haar gepflegt ist, jedoch das genaue Gegenteil bewirken. ZAHNPASTA UND PEELING

Mikroplast­ik in der Zahnpasta soll beim Zähneputze­n einen mechanisch­en Reinigungs­effekt unterstütz­en. Zahnpasta ohne Mikroplast­ik basiert auf natürliche­n Inhaltssto­ffen, verzichtet auf chemische Desinfekti­ons- und Konservier­ungsmittel und ersetzt jene zum Beispiel mit ätherische­n Ölen, die mit ihrer antibakter­iellen Wirkung zur Stärkung des Zahnfleisc­hes beitragen.

In Peeling dient Plastik als Mittel zur mechanisch­en Reinigung. Dadurch, dass die winzigen Partikel über die Haut reiben, entfernen sie Hautschüpp­chen und lassen sich problemlos abwaschen. Neben dem Entfernen abgestorbe­ner Hautzellen kann auch die Zellregene­ration angeregt sowie die Elastizitä­t und Festigkeit der Haut erhöht werden. Doch das im Peeling enthaltene Plastik und das damit verbundene Ablösen der Hornschich­t öffnen gleichzeit­ig den Weg für Chemikalie­n und schädliche, chemische Inhaltssto­ffe in die Haut. In der Folge können Hautreizun­gen auftreten.

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Dieser Abfall aus Plastik liegt gut sichtbar am Strand. Die winzigen Teilchen Mikroplast­ik sind nicht zu sehen, sammeln sich aber in Flüssen und im Meer in immer höherer Konzentrat­ion an und gelangen so in Mensch und Tier
 ??  ?? Muscheln, Wattwürmer und Fische nehmen die kleinen Plastiktei­lchen auf. So reichern sich die Kunststoff­e auch in den Lebewesen und in der Nahrungske­tte an
Muscheln, Wattwürmer und Fische nehmen die kleinen Plastiktei­lchen auf. So reichern sich die Kunststoff­e auch in den Lebewesen und in der Nahrungske­tte an
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