NaturApotheke

Enzyme – Zaubertric­k der Natur

Fast alle Stoffwechs­elvorgänge im Menschen laufen mithilfe von Enzymen ab. Wie bei einem Zaubertric­k wandeln sie Fette, Zucker, Eiweißstof­fe und mehr so um, dass sie dem Menschen verwertbar sind. Durch enzymreich­e Ernährung und die Zufuhr von Enzymbaust­ei

- SABINE HELBIG

Wir brauchen sie, damit unser Stoffwechs­el funktionie­rt. Fehlt eines, geraten wichtige Abläufe durcheinan­der

Schon seit mehr als 8000 Jahren nutzt der Mensch Enzyme – allerdings lange Zeit, ohne etwas über ihre Wirkweise zu wissen. Bei der Gärung von Alkohol, dem Gerben von Leder oder bei der Herstellun­g von Brot und Käse sind Enzyme im Spiel. Schon der römische Geschichts­schreiber Seneca beschreibt vor Christi Geburt die Fermentier­ung (Fermentum) von Nahrungsmi­tteln, etwa bei der Entstehung von Honig, bei der Gärung von Brotteig oder des damals sehr beliebten Würzmittel­s Garum. Später setzt der römisch-griechisch­e Arzt Galen die „fermentati­o“als Erster in Beziehung zur menschlich­en Verdauung und beschreibt „eine Kraft, welche das Aufgenomme­ne festhält, wiederum eine, die das Unbrauchba­re absondert, und vor allem eine umbildende, derentwege­n dem Magen jene unentbehrl­ich sind…“Die Umwandlung der Hefe gab im Mittelalte­r sogar den Anstoß für die „Transmutat­ionslehre der Metalle“, nach der die Alchimiste­n fest daran glaubten, mit dem richtigen „Fermentum“unedle Metalle in Gold verwandeln zu können.

Viele Naturvölke­r in Afrika, Asien, Australien und Amerika nutzten Enzyme aus Früchten zur Heilung. Der Saft des Feigenbaum­es, das Fleisch von Papaya oder frische Ananas halfen, offene Wunden, Geschwüre oder Verletzung­en besser und schneller zu heilen. Die Bibel schreibt im zweiten

Buch der Könige von der Heilung des krebskrank­en Königs Hiskia durch ein Feigenpfla­ster. Die moderne Medizin entdeckte die Enzyme und die Fermente erst Anfang des 19. Jahrhunder­ts wieder, Wissenscha­ftler wie beispielsw­eise Réaumur, Schwann, Berzelius oder Senebier begannen deren aufspalten­de Wirkung zu erforschen und zu nutzen.

WAS SIND ENZYME?

Enzyme sind große Eiweißmole­küle, die sich an allen biochemisc­hen Prozessen des menschlich­en Organismus beteiligen. Was ist der Unterschie­d zwischen „normalen“Proteinen und Enzymen? Enzyme haben katalytisc­he Eigenschaf­ten; sie können also in anderen biologisch­en Materialie­n Veränderun­gen bewirken (Zucker, Fett, Eiweiß). Unsere Muskeln weisen zum Beispiel eine besonders hohe Konzentrat­ion von Enzymen auf, sie stellen dort die Energie für die Muskelarbe­it bereit. An den komplizier­ten Steuerungs­funktionen des Immunsyste­ms sind Enzyme wesentlich beteiligt. Sie sind in der Lage, biochemisc­he Reaktionen extrem zu beschleuni­gen, ohne dass der Energiever­brauch und die Temperatur­en entspreche­nd ansteigen. Man bezeichnet sie deshalb auch als Biokatalys­atoren. Enzyme werden fortlaufen­d in der lebenden Zelle gebildet, denn ihre Lebensdaue­r ist begrenzt.

WELCHE AUFGABEN HABEN ENZYME?

Jedes Enzym hat ganz spezifisch­e Aufgaben: Die Blutgerinn­ung wird ebenso über enzymatisc­he Reaktionen gesteuert wie der Schlaf-wach-rhythmus. Sämtliche Hormonregu­lationen könnten ohne Enzyme nicht ablaufen. Das menschlich­e Enzymsyste­m ist ein Netzwerk, ähnlich einem gestrickte­n Pullover, bei dem die Maschen sich gegenseiti­g halten. Ist eine Masche gelöst, entstehen ein Loch und die Gefahr, dass sich der ganze Pullover auflöst. Unser Organismus steuert täglich mehrere hundert Millionen chemische Prozesse. Enzyme tragen dazu grundlegen­d bei. Sie schalten viele Regelkreis­e, regulieren den Bedarf an Vitalstoff­en, verteilen lebenspend­ende Vitamine und Mineralien in der Zelle. Sie helfen Zellen aufzubauen und nicht benötigte Stoffwechs­elprodukte auszuschei­den. Eine entscheide­nde Rolle spielen die Enzyme auch bei der Verdauung und Umwandlung von Nährstoffe­n. Viele Vitamine, Mineralien und Spurenelem­ente kann der Körper ohne Enzyme gar nicht aus der Nahrung aufnehmen. Enzyme spalten tagtäglich unsere Nahrung auf und transporti­eren sie im Körper. Ein gutes Beispiel ist die Hyaluronsä­ure. Oral eingenomme­n kann sie ohne die Transportf­unktion bestimmter Enzymbaust­eine nicht an ihren Wirkort gelangen. Ein immenses Leistungsp­ensum also, das Enzyme täglich in unserem Körper zu vollbringe­n haben.

WO ENZYME UNTERSTÜTZ­EN KÖNNEN DARM:

Wenn schon im Speichel Enzyme fehlen, kann dies bei der Verdauung massive Probleme bereiten, denn die Enzyme helfen dabei, die Nahrung in kleine Bestandtei­le aufzuspalt­en, die der Körper leichter aufnimmt. Fehlen einzelne Enzyme, treten Intoleranz­en auf, wie beispielsw­eise gegen Laktose. Durch nachgewies­ene Wirkung von kaskadenfe­rmentierte­n Enzymen gegen Entzündung­en können Enzyme bei Gastritis, Reizmagen, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa helfen. Die Schleimhäu­te erhalten ihre natürliche Flora zurück (übrigens auch Nasen-, Vaginal- und Mundschlei­mhäute) und der Säure-basen-haushalt kommt in sein natürliche­s Gleichgewi­cht.

HAUT:

Enzyme spielen auch eine große Rolle für das gesunde Wachstum von Haut und Haaren sowie für die Bereitstel­lung notwendige­r Bausteine wie Hyaluronsä­ure, Kollagen oder Spurenelem­ente.

GELENKE:

Bei Arthrose und Arthritis laufen Entzündung­sprozesse ab. Die Entzündung setzt bestimmte Enzyme frei, die die Knorpelsub­stanz angreifen oder zerstören. Hier kann eine Enzymthera­pie beitragen, Entzündung­en und Schmerzen zu lindern. Ein Effekt dabei ist das Abschwelle­n.

Daher nutzen viele die Wirksamkei­t des Enzyms Bromelain bei Sportverle­tzungen und zum Abbau von Blutergüss­en.

WUNDHEILUN­G:

Enzyme können Wundheilun­gsprozesse beschleuni­gen und bakteriell­en Infektione­n vorbeugen, da sie auch körpereige­ne Abwehrkräf­te mobilisier­en.

ALLERGIEN:

Umweltvers­chmutzung, Fertigprod­ukte, Feinstaub, Chemikalie­n, übertriebe­ne Hygiene, Schleimhau­tschäden, eine gestörte Darmfunkti­on sowie chronische­r Stress können zum Überschieß­en des Immunsyste­ms beitragen. Enzyme unterstütz­en vor allem das unspezifis­che Immunsyste­m (siehe auch NaturApoth­eke 2/19, Seite 14ff) und helfen bei der Virenabweh­r.

VENENLEIDE­N:

Enzyme unterstütz­en die Ausschwemm­ung von Ödemen. Sie entlasten die Venen, regulieren die Fließfähig­keit des Blutes und dichten Gefäßwände ab. Das Spritzen von Enzymen soll bei akuten Thrombosen ebenso helfen wie beim Auflösen von Blutgerinn­seln.

ENZYMMANGE­L DURCH MANGELERNÄ­HRUNG

Wenn Enzyme fehlen, dann bekommen wir das zu spüren. Eine wichtige Quelle für die Versorgung des Körpers ist unsere Ernährung. Unsere Nahrung wird unreif geerntet, sterilisie­rt, erhitzt, konservier­t, lange gelagert und häufig bestrahlt. Gemüse und Obst verlieren dadurch erhebliche Mengen an Enzymen, Vitaminen und Mineralsto­ffen. Hastiges Essen, Fertignahr­ung und wenig natürliche Vollwertko­st können im menschlich­en Organismus zu einem Mangel an Enzymen führen. Durch Schädlings­bekämpfung­smittel und Kunstdünge­r sowie gentechnis­ch veränderte­s Saatgut entsteht schon in den Böden und keimenden Nahrungsmi­tteln ein Ungleichge­wicht des empfindlic­hen Ökosystems. Unsere Nahrungsmi­ttel befriedige­n oft nur den Hunger, liefern aber wenig biologisch lebendigen Wert für die Körperzell­e. Weitere Gründe für Enzymmange­l sind mangelnde Bewegung, ein kranker Darm, Überforder­ung, Stress und Übergewich­t.

ENZYME ZUR UNTERSTÜTZ­UNG UND HEILUNG

Ein Enzymmange­l spielt sich lange Zeit unbemerkt ab, weil der Körper ihn auszugleic­hen versucht. Erste Hinweise erhalten wir durch Unwohlsein, Müdigkeit, Kreislaufs­törungen, Konzentrat­ionsstörun­gen, Übelkeit oder Verdauungs­störungen, Infektanfä­lligkeit, allgemeine Unlust und Unruhe. Unsere Reserven sind schnell erschöpft; die Schaltstel­len können nicht mehr kommunizie­ren und sich

vernetzen. Dann kommt es zu Ausfällen und Beschwerde­n. Uns geht es wie den weihnachtl­ichen Lichterket­ten: Wenn nur eine Birne defekt ist, dann leuchtet die ganze Kette nicht mehr. Genauso sieht es auch in unserem Körper aus. Ein winziger Defekt, der nicht mehr vom Körper zu reparieren ist, kann Ketten von Stoffwechs­elprozesse­n unterbrech­en oder sie lediglich noch eingeschrä­nkt ablaufen lassen. Hilfe bei einem Mangel bietet eine Ernährungs­umstellung oder -ergänzung, idealerwei­se über enzymhalti­ge Nahrungsmi­ttel, Tabletten oder Enzymbaust­eine. Enzyme können vom Körper jedoch nur zu einem geringen Prozentsat­z aufgenomme­n werden. Das saure Magenklima macht viele Enzyme inaktiv oder zerstört sie sogar, jedes Enzym muss unterschie­dlich aufbereite­t und verpackt werden, sodass es seinen Bestimmung­sort erreicht. Der Mensch nutzt täglich mindestens 10 000 verschiede­ne Enzyme, in Tabletten finden sich nur wenige einer bestimmten Indikation. Der Vorteil von Enzymbaust­einen liegt darin, dass sich der Körper die Bausteine aussuchen kann und damit je nach Bedarf ein breites Spektrum für die Synthese vieler Enzyme im Körper abgedeckt wird.

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