Kraftpaket Sellerie
Sellerie ist weit mehr als ein aromatisches Suppengemüse. Das Superfood lässt sich vielseitig einsetzen, schmeckt gut und ist gesund. Als Heilpflanze findet Sellerie seit alters her Anwendung bei einer Vielzahl von Beschwerden
Ob roh, als Saft, gekocht oder als Tee: Unser Superfood für eine Vielzahl von Beschwerden
Wie Karotten oder Pastinaken gehört Sellerie (Apium) zur Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Ursprünglich entwickelt hat sich die seit Jahrtausenden bekannte Kulturpflanze aus dem bitter schmeckenden Wild- oder Sumpfsellerie, der auch Zellerich, Eppich, Gailwurz oder Schoppenkraut genannt wurde, salzreiche feuchte Böden bevorzugt und heute als stark gefährdet gilt. Heimisch war er einst in allen europäischen Küstenregionen. Der Gattungsname des Selleries, Apium, hängt möglicherweise mit seinen ätherischen Ölen zusammen (Apis, lockt Bienen an). Nach einer anderen Theorie bezieht sich Apium auf das lateinische Apex (Würde, Zierde, Helmspitze) und soll in Zusammenhang mit den Nemeischen Spielen stehen, einem antiken griechischen Wettkampf, bei dem die Sieger mit einem Kranz aus Sellerieblättern geehrt wurden. Der lateinische Artbegriff „graveolens“steht für „stark duftend“. In der Küche und als Heilpflanze wird der echte Sellerie (Apium graveolens) eingesetzt, der heute weltweit in Gebieten mit gemäßigtem Klima kultiviert wird, vor allem in Europa, Sibirien, Nordafrika, den USA und Südwestasien. Das Wurzelgemüse mit dem prägnanten Geruch und dem intensiv würzigen Geschmack ist das ganze Jahr über erhältlich, geerntet wird es bei uns von August bis November. Der echte Sellerie ist eine ein- bis zweijährige krautige Pflanze. Seine Wuchshöhe beträgt bis zu 100 cm. Die Blüten variieren farblich von weiß über gelb bis grünlich. Genutzt werden Stängel, Knolle und Blätter. Seine bekanntesten Varietäten sind: der Knollen- oder Wurzelsellerie, der Stangensellerie (auch Stauden- oder Bleichsellerie) und der Schnitt- oder Würzsellerie mit weicheren Blättern und dünneren Stielen. Der Knollensellerie besteht aus einer wuchtigen, knorrigen, rübenartigen Knolle, die wir als Rohkost, gekocht oder auch frittiert schätzen.
Der Stangensellerie besitzt nur eine sehr kleine Knolle, dafür hat er lange, fleischige Stiele und üppiges Blattwerk. Der Bleichsellerie wird ähnlich wie Spargel angebaut, durch die Erdanhäufung um die Pflanze herum ist nur eine verminderte Chlorophyllbildung möglich.
Beim Schnittsellerie ist weder die Knolle stark ausgeprägt noch sind die Stängel knackig fleischig. Hier finden vor allem die an Petersilie erinnernden Blätter Verwendung als delikates Gewürzkraut.
Alle Sellerievarietäten zeichnen sich durch ihren aromatischen Geruch und den erdhaft würzigen, leicht süßlichen Geschmack aus. Selleriesamen schmecken ähnlich, sind
jedoch bitterer und schärfer. Beim Würzen reichen daher kleine Mengen aus. Zerdrückt man die Samen vor dem Würzen, verstärkt sich das Aroma.
SELLERIE IN GESCHICHTE, MYTHOLOGIE UND BRAUCHTUM
Schon im antiken Ägypten fand Sellerie bei rheumatischen Beschwerden Anwendung. Im Ayurveda galt Sellerie als hilfreich bei Verdauungsproblemen und als Altersheilmittel bei neurologischen Beschwerden. Die alten Griechen und Römer schätzten den Sellerie ebenfalls. Hippokrates und Theoprast beschreiben seine harntreibende Wirkung, der Arzt und Pharmakologe Dioskurides empfiehlt ihn als harntreibend und als Heilmittel bei Magenhitze und Verhärtungen in der Brust sowie gegen Tierbisse und Gifte. In Deutschland hielt der Sellerie im 8. Jahrhundert n. Chr. Einzug in die Klostergärten. Hildegard von Bingen beschrieb im 11. Jahrhundert die magenreinigende Wirkung des Selleries, empfahl ihn aber nur gekocht. Im 16. Jahrhundert verschrieb Paracelsus ihn bei Blähungen und Blasensteinen. Anwendung fand Sellerie überdies bei rheumatischen Beschwerden und Gicht sowie Appetitlosigkeit und Erschöpfung. Als Hustenmittel und gegen Wurmerkrankungen leistete er ebenfalls Hilfe. Bekannt war auch seine abortive Wirkung. Vor allem die Samen galten als menstruationsfördernd und harntreibend. Die Blätter nutzte man äußerlich gegen Gicht. In den alten Schriften ist aufgrund der mehrdeutigen Namen oftmals nicht klar, ob Sellerie oder die teils ähnlich wirkende Petersilie gemeint war. Als Folge ist es neben der ähnlichen Anwendung beider Pflanzen auch zu Überschneidungen in ihrem Brauchtum gekommen. Um den seit dem Altertum bekannten Sellerie ranken sich zahlreiche Legenden. So verwendete man ihn im Mittelmeerraum bei zahlreichen Zeremonien, etwa bei Totenkulten, Fruchtbarkeitsritualen und Heldenehrungen. In der Odyssee des Homer beispielsweise wächst Sellerie auf der Insel der Calypso, die als Erd- und Todesgöttin galt, zusammen mit dem als Aphrodisiakum bekannten Veilchen. Sellerie pflanzte man auch auf die Gräber und den Leichenschmaus würzte man damit. Die Verbindung des Selleries mit Totenkulten rückte ihn jedoch in ein zwiespältiges Licht. Wenn einem etwa morgens ein mit Sellerie beladener Wagen begegnete, so galt dies als böses Omen. Nach altem Volksglauben verfügt der Sellerie über magische, erotisierende Kräfte. So galt er als Potenzmittel („Sellerie für den Bräutigam, Spargel für die Braut“). Weil Liebe und Lust im christlichen Mittelalter zunehmend als teuflisch galten, gerieten Frauen, die die vorchristliche Heilkunst und magische Rituale kannten und praktizierten, zunehmend als Hexen in Verruf. Damals hatte man für die Wirkung der Hexensalben keine andere Erklärung als die Beschwörung magischer Kräfte. Petersilie, Beifuß, Hauswurz und Sellerie waren Bestandteil so mancher Salbenrezepturen und galten als magisch. Sellerie, als Merkur-pflanze, wurde nach alchemistischer Rezeptur am Mittwoch hinzugegeben. In Griechenland gab es den Brauch, das Vieh zu schützen, indem man schutzmagische Pflanzen wie Sellerie an die Viehställe hängte. Auch in anderen Ländern brachte man Sellerie in die Kuhställe, um zu verhindern, dass die Milch gerinnt. Kinder trugen Amulette aus Sellerie um den Hals als Schutz vor Unheil und Zauber. In Hinterpommern gab es den Brauch, Brautleuten vor der Trauung heimlich Sellerie zuzustecken.
INHALTSSTOFFE
Die Hauptwirkstoffe des Selleries sind Psoralen, Bergapten, Xanthotoxin, Apiin und ätherische Öle wie das Apiol. Die Inhaltsstoffe des Stangenselleries sind in etwa die gleichen wie bei der Knolle: viel Kalium und Kalzium, aber nur halb so viel Phosphor und doppelt so viel Vitamin C. Für die Gesundheit von besonderer Bedeutung ist das ätherische Öl mit den Hauptkomponenten Limonen und Selinen. Der charakteristische Geruch stammt von den Phthaliden (sekundäre Pflanzenstoffe), die aber nur in Spuren auftreten. Als Heilpflanze wird vor allem der Stangensellerie einge
Sein hoher Kaliumgehalt führt zu der harntreibenden Wirkung, die die Ausscheidung bei zu viel Harnsäure, etwa bei Gicht und Rheuma, fördert. Schon 100 g frischer Sellerie enthalten ein Zehntel der empfohlenen Tagesration an Kalium. (Wer an Nierenentzündungen leidet, sollte darauf verzichten.) An Mineralstoffen enthält Sellerie zudem Eisen. Entzündungshemmende und antioxidative Inhaltsstoffe wie Vitamin C, Beta-carotin und sekundäre Pflanzenstoffe verstärken die heilsame Wirkung. Zu letzteren zählen etwa Flavonoide, Furocumarine und Phenolsäuren. Sie tragen dazu bei, oxidative Schäden im Körpergewebe zu reduzieren und entzündliche Reaktionen in Blutgefäßen und im Verdauungstrakt zu vermeiden. Sellerie hat auch eine magenschonende Wirkung, indem er regulierend auf die Bildung von Magensäure Einfluss nimmt, was der Magenschleimhaut zugute kommt, bei Sodbrennen helfen kann und der Bildung von Magengeschwüren entgegenwirkt. Als krebsfeindlich gilt vor allem der hohe Gehalt an Apigenin, einem hellgelben zu den Flavonen gehörenden Pflanzenfarbstoff. Reich ist der Sellerie zudem an B-vitaminen (B1, B2, B129). Ein hoher Anteil an Vitamin K soll sich stärkend auf Knochen und Herz auswirken und Kalkablagerungen sowie Osteoporose vorbeugen. Der sekundäre Pflanzenstoff Phthalid soll dazu beitragen, die glatte Muskulatur der Blutgefäße zu entspannen. Diese weiten sich dadurch, was den Blutdruck senken kann. Sellerie eignet sich als kalorienarmes Gemüse sehr gut zum Abnehmen (100 g Stangensellerie haben lediglich 15 Kalorien). Hinzu kommen seine entschlackende und entwässernde Wirkung. Überdies wirkt Sellerie belebend und stärkend sowie sexuell stimulierend, was auch dem hohen Gehalt an Vitamin E und dem ätherischen Öl Apiin zugeschrieben wird.
EINSATZ IN DER NATURHEILKUNDE
In der heutigen Phytotherapie spielt Sellerie kaum noch eine Rolle, in der Volksheilkunde dagegen umso mehr. Er wird meist innerlich angewendet. Die Einsatzbereiche des Selleries sind mannigfaltig wie seine Inhaltsstoffe. Früchte, Kraut, Stiele und Knollen wurden schon von unseren Vorfahren als Heilmittel eingesetzt. So wird er geschätzt für seine blutreinigende, harntreibende und Blähungen lindernde Wirkkraft, die über Sellerietee angeregt werden kann. Er kurbelt den Kreislauf an und stärkt die Nerven.
Außerdem regt er die Verdauung an, hilft, die Übersäuerung auszugleichen, den Blutdruck zu senken und fördert die Nierenaktivität sowie den Gallen- und Speichelfluss. Weitere Einsatzgebiete sind zum Beispiel Blasenentzündungen, rheumatische Erkrankungen und Gicht. Das Trinken von Selleriesaft unterstützt auch bei Entzündungen in der Mundhöhle und im Rachen. Menschen, die viel sprechen müssen, kann Selleriesaft helfen, überanstrengte Stimmbänder wieder geschmeidig zu machen (siehe Sellerietee, Variante 1). Tipp: In Form von Frischsaft und Rohkost profitieren wir am meisten von den gesunden Inhaltsstoffen des Selleries. Brechen Sie die Stangen nährstoffschonend erst vor dem Zubereiten ab. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) verwendet man beispielsweise Selleriesaft bei zu hohem Blutdruck. Auch als Tee (siehe Rezept) oder Tinktur kommt er zum Einsatz. Sellerietee spült durch und entgiftet. Wer zu viel Magensäure hat, kann ihn ebenfalls ausprobieren. Die TCM sieht den Sellerie als kühl und scharf, aromatisch und bitter und schätzt seine Wirkung auf die Funktionskreise Niere, Blase, Herz und Lunge sowie Uterus und Milz. Einsatzgebiete sind hier unter anderem eine verminderte Nierenfunktion, Blasenschwäche, Ödeme und Bronchitis. Empfohlen wird er auch bei Übergewicht, Impotenz und Beschwerden des rheumatischen Formenkreises. In China gilt Sellerie ebenso wie Spinat, Rettich und Gurken als Yin-lebensmittel mit kalter oder kühlender Wirkung, die helfen, hitzige Yang-zustände auszugleichen. Auch bei uns ist die Kombination von Sellerie- und Rettichsaft bei Entschlackungskuren beliebt. Außerdem gilt sie als stark basisch.