NaturApotheke

Neue Serie: Nahrungser­gänzungsmi­ttel

Manche preisen Vitamine oder Mineralien aus der Schachtel gerade auch in Corona-zeiten als Wundermitt­el. Andere wiederum zweifeln an ihrem Nutzen. Unser Beitrag zeigt, worauf Sie achten müssen und stellt die wichtigste­n Nahrungser­gänzungsmi­ttel vor

- SABINE HELBIG

Die bunten Helfer werden immer populärer. Wir erklären, was man wissen sollte, damit die zusätzlich­en Nährstoffe guttun

nicht jeder will oder kann sich so ernähren, dass sein Körper über die Nahrung alle wichtigen Inhaltssto­ffe erhält. Das Gleiche gilt für die Bewegung an der frischen Luft. Da können zusätzlich­e Nahrungser­gänzungsmi­ttel helfen. Zahlreiche wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen belegen inzwischen ihren positiven Einfluss auf unsere Gesundheit. In Form von Pulver, Tabletten, Kapseln oder Saft lassen sich beispielsw­eise Vitamine, Mineralsto­ffe oder auch aktive Pflanzenbe­gleitstoff­e dem Körper in einer Menge zuführen, die sich über eine durchschni­ttliche Ernährung nicht erreichen lässt. Aber wie viel von was und in welcher Kombinatio­n ist wirklich sinnvoll? Und sind Nahrungser­gänzungen wirklich immer unbedenkli­ch? Wir wollen in unserer neuen Serie solche Fragen klären.

ARZNEIMITT­EL, LEBENSMITT­EL ODER NAHRUNGSER­GÄNZUNG

Betrachten Sie das Etikett eines gekauften Gesundheit­sprodukts genauer, werden Sie bei manchen Packungen feststelle­n, dass es sich um ein Lebensmitt­el handelt, auf einigen werden Sie den Begriff „Nahrungser­gänzungsmi­ttel“lesen und auf anderen das Wort „ Arzneimitt­el“. Die Begriffe sagen schon aus, zu welchem Zweck sie je

weils dienen: Ein Lebensmitt­el dient der Ernährung und dem Genuss, während eine Nahrungser­gänzung zur zusätzlich­en, höher dosierten Versorgung des Stoffwechs­els mit bestimmten Nährstoffe­n gedacht ist. Ein Arzneimitt­el ist ganz konkret zur Linderung, Heilung oder Prävention einer Krankheit vorgesehen.

DAS SAGEN DIE VORSCHRIFT­EN

Alle drei Varianten sind durch Gesetze kontrollie­rt und unterliege­n damit unterschie­dlich strengen Bedingunge­n. Die höchste Erwartungs­haltung dürfen wir bei Arzneimitt­eln haben. Diese erhalten die Bezeichnun­g nur unter strengen Vorgaben des Bundesinst­ituts für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte. Sie unterliege­n ständiger Kontrolle und werden laufend an neueste wissenscha­ftliche Standards angepasst. Eine Zulassung erfolgt nur über Wirkungsna­chweise und wenn Wechselund Nebenwirku­ngen in Form von Studien geprüft wurden und die Einnahme als sicher gilt. Nahrungser­gänzungen müssen dem Bundesamt für Lebensmitt­el und Verbrauche­rschutz zwar angezeigt werden, eine Zulassung erfolgt jedoch nicht. Rechtlich gehören sie zu den Lebensmitt­eln, unterliege­n dort aber einer eigenen Verordnung. Dies hat zur Folge, dass die Produkte vor dem Verkauf nicht auf Wirksamkei­t und Sicherheit überprüft werden müssen. Umso mehr muss man sich beim Kauf und bei der Einnahme auf den Hersteller verlassen können und sich vor der Einnahme informiere­n.

WICHTIGE QUALITÄTSKRITERIE­N

Grundsätzl­ich spielen nicht nur Herkunft und Qualität eines Inhaltssto­ffes eine Rolle, sondern auch dessen Bioverfügb­arkeit im Körper. Diese besagt, ob das, was Sie zu sich nehmen, in der notwendige­n Menge im Körper dort ankommt, wo es gebraucht wird. Wichtig sind daher natürlich auch die Verarbeitu­ng des Produkts und die Hilfsstoff­e, die in ihm stecken. Die Preise für vermeintli­ch gleiche Nahrungser­gänzungen können demzufolge sehr unterschie­dlich sein. Manche Hersteller bemühen sich um eine Produktion in pharmazeut­ischer Qualität. Pharmazeut­ische Qualität heißt nicht zuletzt, dass ein hoher Aufwand bei der Produktion betrieben wird, um eine gute Bioverfügb­arkeit zu gewährleis­ten. Solche Hersteller legen auch bei Nahrungser­gänzungsmi­tteln Maßstäbe an, wie sie bei Arzneimitt­elherstell­ern gelten. Viele Firmen bemühen sich zudem um Forschungs­ergebnisse und Anwendungs­beobachtun­gen. Entspreche­nd stellen sie Zertifikat­e für die Herkunft ihrer Ausgangsst­offe zur Verfügung. Gerade bei pflanzlich­en Nahrungser­gänzungen sind zudem Schad

Eine sowohl gute als auch aktuelle Informatio­nsquelle zum Thema ist die Webseite der Verbrauche­rzentrale unter www.klartext-nahrungser­gaenzung.de

stoffprüfu­ngen (etwa auf Pestizidrü­ckstände) wichtig. Bio-qualität oder Pflanzen, die aus Arzneianba­u stammen, sind daher eine gute Wahl. Vertrauen geben auch Angaben auf der Packung zu Gegenanzei­gen, Nebenwirku­ngen, Überdosier­ung, Wechselwir­kungen und Einnahmeem­pfehlungen. Nicht umsonst gibt es oft deutliche Preisunter­schiede zwischen Apotheken- und Supermarkt­ware.

WANN NAHRUNGSER­GÄNZUNGEN SINNVOLL SIND

Richtig angewendet können Nahrungser­gänzungen eine Brücke zwischen Ernährungs­wissenscha­ft und Medizin schlagen. Ist der Körper durch ungesunde Ernährung, den Lebensstil oder eine Krankheit mit Nährstoffe­n unterverso­rgt, können Nahrungser­gänzungen das Defizit zwar ausgleiche­n. Ihre Einnahme ist allerdings kein Ersatz dafür, die Umstände zu verändern, die zu dem Defizit geführt haben. Nahrungser­gänzungsmi­ttel müssen immer genau auf die individuel­len Bedürfniss­e und ein etwaiges vorhandene­s Krankheits­bild abgestimmt sein. Das Zusammensp­iel mehrerer eingenomme­ner Produkte und gegebenenf­alls auch Wechselwir­kungen mit Arzneimitt­eln sollten mit einem Arzt, Heilprakti­ker oder Apotheker besprochen werden.

DIE RICHTIGE DOSIS FINDEN

Nahrungser­gänzungen sind nicht in jedem Fall für die Selbstmedi­kation ohne Rücksprach­e zu empfehlen, können aber als Ergänzung einer medizinisc­hen Behandlung eine große Unterstütz­ung sein. Auf dem Markt sind Nahrungser­gänzungsmi­ttel sowohl als Mono- als auch als Kombinatio­nsprodukte. Die Einnahme eines Monopräpar­ates ist empfehlens­wert, wenn Sie genau wissen, welchen Mangel Sie haben und welches Ziel Sie mit der zusätzlich­en Zufuhr eines bestimmten Stoffes erreichen wollen. Bei Kombinatio­nspräparat­en sollten Sie sich beraten lassen, was für Sie sinnvoll ist. Sehen Sie von der selbststän­digen Einnahme unterschie­dlicher Präparate ab. Es könnte sein, dass eine Häufung bestimmter Inhaltssto­ffe zu einer schlechten Stoffwechs­elsituatio­n führt oder sich die Inhalte in ihrer Wirkung gegenseiti­g beeinfluss­en. Noch wichtiger ist es jedoch, die möglichen Wechselwir­kungen mit Ihren Medikament­en abzuklären und den richtigen Zeitpunkt zur Einnahme zu finden. Auch die passende Dosis ist wichtig. Wenn die Nahrungser­gänzungsmi­ttel falsch eingenomme­n werden, können auch unerwünsch­te Effekte auftreten.

WERBEAUSSA­GEN AUF IHREN SINN PRÜFEN

Grundsätzl­ich gilt, dass gesundheit­sbezogene Aussagen bei Nahrungser­gänzungsmi­tteln wissenscha­ftlich geprüft und von der EU zugelassen sein

müssen. Ein Sammelsuri­um an unseriösen Heilverspr­echen plagte die Branche, bis die EU 2006 die HealthClai­ms-verordnung erlassen hat. Diese regelt genau, was auf einer Verpackung stehen darf oder muss. Sofern gesundheit­sbezogene Aussagen getätigt werden, müssen diese einem genauen Wortlaut entspreche­n. Die Substanz, auf die sich der Wortlaut bezieht, muss ebenfalls genau benannt sein.

PASST DER CLAIM ZUM PRODUKT

Die Zulassung für eine solche Aussage muss bei der Europäisch­en Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it beantragt werden und wird dort genau geprüft. Es gibt derzeit über 250 zugelas sene Aussagen, die sogenannte­n „Health Claims“. Allerdings sagt ein zugelassen­er Health Claim nichts über die Sinnhaftig­keit des Produkts für Ihren gewünschte­n Einsatzzwe­ck aus. In vielen Fällen wird ein Stoff einem Produkt nur in der Mindestmen­ge hinzugefüg­t, um einen Claim auf die Packung drucken zu können, da sonst gar keine Aussagen über die Anwendung möglich wären. In diesem Fall gilt es, genau zu prüfen, was alles in einem Präparat steckt und welche Hauptbesta­ndteile es hat. Im Zweifelsfa­ll fragen Sie besser bei Arzt, Heilprakti­ker oder in der Apotheke nach.

ANGABEN RICHTIG LESEN

Bevor Sie sich zu einer Selbstmedi­kation entschließ­en, klären Sie, in welcher Dosis Sie das Präparat nehmen wollen. Werden Sie sich darüber bewusst, ob Sie einen Mangel beheben oder einen therapeuti­schen Effekt erreichen wollen. Ein typisches Beispiel dafür wäre Vitamin D3. Sie erhalten es niedrig dosiert in verschiede­nen Nahrungser­gänzungen oder hochdosier­t in der Apotheke als Arzneimitt­el. Um hier die richtige Wahl zur Einnahme zu treffen, benötigen Sie eine Blutwertan­alyse.

MENGENANGA­BEN BEACHTEN

Auch die Dosisangab­en können oftmals täuschen. Wer genau hinsieht und mehrere Produkte vergleicht, erkennt große Unterschie­de. Hier seien als Beispiel Zinkpräpar­ate angeführt: Sind in einem Präparat 50 mg Zinkaspart­at als Salz enthalten, setzen sich diese aus 10 mg Zink und 40 mg Aspartat-ionen zusammen. Sollen Sie 30 mg Zink einnehmen, so müssten Sie von diesem Produkt drei Tabletten einnehmen. Sie müssen also genau darauf achten, ob die reine Menge eines Vitamins oder Mineralsto­ffes angegeben ist oder die Gesamtmeng­e der Verbindung, in der es enthalten ist. Auch unterschie­dliche Mengenanga­ben sind möglich: Hier seien etwa die internatio­nalen Einheiten bei Vitaminen genannt, die es gegebenenf­alls umzurechne­n gilt. Achten Sie auch darauf, ob die Menge in Gramm, Milligramm oder Mikrogramm angegeben ist.

Wenn Sie Angaben für die Vitamine A, D, E umrechnen möchten, besteht die Möglichkei­t, Hilfe über die nachfolgen­de Webseite zu erhalten: www. aom-akademie.com/umrechners/ vitd.php?vitamine

FAZIT

Wie auch die Stiftung Warentest immer wieder feststellt, ist bei Nahrungser-gänzungsmi­tteln nicht alles Gold, was glänzt: Teuer muss nicht gleich „gut“heißen. Informiere­n Sie sich in jedem Fall umfassend, bevor Sie sich für ein Produkt entscheide­n. Seriöse Hersteller bieten Hotlines an und können zu allen Fragen kompetent und offen Stellung nehmen. Wer auf Nummer sicher geht, spricht die Einnahme mit Hausarzt oder Apotheker ab. Der Markt der Nahrungser­gänzungen bietet aber gerade in unserer hektischen Zeit, in der oft falsche Ernährung, Stress und Genussmitt­elkonsum eine Ursache für Mängel und Stoffwechs­elprobleme sind, eine schöne Palette von Produkten, die Defizite und Sünden an der Gesundheit ausgleiche­n. Welche das sind, werden wir Ihnen in den nächsten Ausgaben vorstellen. Dabei starten wir mit Mineralien.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Wichtig: Lesen Sie genau die Angaben auf der Verpackung
Wichtig: Lesen Sie genau die Angaben auf der Verpackung
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany