Räuchermelodien
Wie eine Melodie, in der sich verschiedene Klänge zu einem Ablauf verbinden, der eine Geschichte erzählt, lassen sich auch verschiedene Räucherstoffe nacheinander verwenden, um damit einen Vorgang, eine Reise oder eine Entwicklung sinnlich erfahrbar zu ma
Vier Rituale zum Jahreswechsel
gerade bei Räucherungen, die sich auf Traditionen beziehen, kann eine solche Abfolge eine Entwicklungsgeschichte nachzeichnen. Je nach Thema oder Bezugspunkt würde man in diesem Fall mit dem beginnen, was am frühesten verwendet wurde, und die „Melodie“dann bis in die Gegenwart führen.
In einer Räucherfolge löst ein Rauch den vorangegangenen ab, wodurch sich der Aromaeindruck wandelt. Dabei sollte man auf ausreichende Frischluftzufuhr achten, damit sich nicht alle kombinierten Räucherstoffe zu einem undurchsichtigen Duftgemenge verbinden. Es ist ja gewollt, dass der neue Duft an die Stelle der vorangegangenen tritt und sich die verschiedenen Düfte nicht vermischen. Ob und mit welchem Thema man Räucherfolgen durchführt und welche Substanzen man dafür auswählt, ist eine sehr persönliche Angelegenheit, die an keine Regeln gebunden ist. Es gibt auch keine vorgegebene Anzahl von Räucherstoffen oder -gängen, es reichen bereits zwei, aus deren Dualität sich schon eine individuelle Erzählung ergibt.
RÄUCHERFOLGEN
Vom Irdischen zum Himmlischen – diese Räucherfolge besteht aus lediglich zwei Zutaten, nämlich Myrrhe und Weihrauch, die nacheinander verräuchert werden. Dabei konzentriert man sich zunächst ganz auf das weltliche Dasein, auf die biologische Existenz, auf sich selbst und seine konkrete Mitwelt: Familie und Freunde, Wohnort und Beruf, Besitz und reale Ziele. Ist die Myrrhe verraucht, wartet man einen Moment und legt dann einen sehr hellen, klaren Weihrauch auf die Kohle. Nun werden die Daseinsaspekte fokussiert, die über unserem irdischen Dasein liegen: Sinn und Schicksal, das Bedeutsame in den Dingen, die eigene Religiosität oder Anschauungen des Übersinnlichen, das Kosmische und das Ewige. Wahlweise kann man in der Räucherfolge mit Myrrhe wieder zum Irdischen zurückkehren.
ERDGESCHICHTLICHE ZEITREISE
Zunächst werden waldige Harze der Gegenwart aufgelegt, also abwechselnd oder gemischt Fichte, Zeder, Tanne, Waldweihrauch und Kiefer. Anschließend folgt ein dunkler Copal, zuletzt etwas Bernstein. Dabei vergegenwärtigt man sich Zeit und Ort, aus denen die verwendeten Räucherstoffe mutmaßlich stammen. Das muss nicht ganz genau sein, eine ungefähre Einordnung reicht. Die Reise führt vom sattfeuchten Nadelwald der Gegenwart über die warme Atmosphäre einer mittelamerikanischen Waldlandschaft zu den urzeitlichen Nadelwäldern vor Millionen Jahren. Bei dieser Räucherung geht es darum, die langen Zeiträume zu erleben, die diese Räucherstoffe dokumentieren.
STIMMUNGSWANDEL
Diese Räucherfolge ähnelt einer energetischen Reinigung, ergänzt um den Aspekt einer allmählichen Umgestaltung. Sie beginnt mit Wacholderbeeren und Copal (Altes entfernen), in der Mitte steht Drachenblut (Reinigung,
Wendepunkt) und Weihrauch bildet das Ende (Neuprägung, Freisetzung von Positivem).
ENTSCHEIDUNGSWEG
Bei dieser Räucherfolge geht es darum, eine noch offene Entscheidung zu begleiten. Für den Anfang wählt man Räucherstoffe, die gut für die Klärung und Konzentration sind, etwa Lavendel. Danach setzt die eigentliche Entscheidung ein, bei der man das Für und Wider durch zwei gegensätzliche Räucherstoffe symbolisiert, die gemeinsam verräuchert werden, beispielsweise Bernstein und Elemi, Myrrhe und Weihrauch oder Menthol und Styrax. Danach glüht die Kohle eine Weile ohne Räucherstoff vor sich hin. Das Ende des Weges markiert ein auflösender, angenehmer Räucherstoff wie etwa die Zistrose.