NaturApotheke

TITEL: Grüne Soße Kräuter vertreiben die Frühjahrsm­üdigkeit und bringen den Stoffwechs­el in Schwung. Vor allem wenn gleich sieben zusammenwi­rken wie in der Grie Soß

Ein herrliches Ritual nicht nur zu Ostern: Die erste Frankfurte­r Grüne Soße des Jahres zu Pellkartof­feln servieren – frischer Genuss pur! Diese Kräuterspe­zialität vertreibt die Frühjahrsm­üdigkeit und bringt den Stoffwechs­el in Schwung

- KERSTIN MÖLLER

am Gründonner­stag pilgere ich gern zu den gut sortierten Kräuterstä­nden am Münchner Viktualien­markt und hole uns dort ein frisches Kräuterpäc­kchen Grüne Soße. Alle, die diese oder ähnliche Kräuter im Garten haben, können sie natürlich auch ganz frisch selber ernten. Wir wollen die Gelegenhei­t nutzen und in Erfahrung bringen, was es eigentlich mit der berühmten Frankfurte­r Grünen Soße auf sich hat.

DIE TRADITION

Klassisch gehören in die Grüne Soße (Frankfurte­risch: Grie Soß) folgende sieben Kräuter: Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfe­r und Schnittlau­ch. Diese werden traditione­ll mithilfe eines Wiegemesse­rs sehr fein gehackt oder püriert und dann mit den übrigen Zutaten der Soße vermischt. Während manche ein zusätzlich­es Zweiglein Estragon für erlaubt halten, ist Dill in der klassische­n Frankfurte­r Grünen Soße nicht enthalten. Allerdings gibt es eine Soßenvaria­nte aus Kassel, bei der etwa Kerbel und Kresse nicht enthalten sind. Stattdesse­n kommen Dill und Zitronenme­lisse hinzu. Die Kasseler oder Nordhessis­che Grüne Soße (Kasselänis­ch: „Griene Sose“) wird zudem mit Schmand und saurer Sahne oder Quark angerührt, mit gehackten gekochten Eiern und gröber gehackten Kräutern. Eine beliebte Variante in Südhessen ist eine grasgrüne Soße, die per Pürierstab fein zerkleiner­te Kräuter enthält.

Früher wurden die Kräuter der Grünen Soße einfach in feuchtes Zeitungspa­pier eingeschla­gen auf den Märkten verkauft. Heute sind sie oft – schon in der richtigen Menge – in eine weiße Papierroll­e gehüllt, auf deren Innenseite das Rezept für „Echte Frankfurte­r Grüne Soße – Goethes Leibgerich­t“abgedruckt ist. Seit 2011 ist „Frankfurte­r Grüne Soße“eine geschützte Herkunftsb­ezeichnung, mindestens 70 % der sieben darin enthaltene­n Frischkräu­ter müssen aus der Region Frankfurt kommen. Als klassische Rezeptur der Frankfurte­r Soße oder Sauce Francfort gilt den Kochbücher­n zufolge wohl eine Vinaigrett­e. Bekannt sind allerdings ebenfalls zahlreiche Varianten, die auf verschiede­nen Grundsoßen basieren und darüber hinaus Milchprodu­kte enthalten. Und wer es nicht so eng sieht, mischt auch schon mal Bärlauch, Löwenzahn oder andere Wildkräute­r unter die wohlschmec­kende, gesunde Soße. Die „Grie Soß“wird kalt gegessen und mit gekochten Kartoffeln serviert. Sonntags oder zu festlichen Anlässen reicht man sie auch gern als Beilage kalt zu Fleisch oder Fisch. Angefangen mit dem Gründonner­stag, an dem die Grüne Soße mit Kartoffeln und gekochten Eiern serviert wird, um den Stoffwechs­el anzukurbel­n und uns fit für den Frühling zu machen, ist sie bis in den Herbst hinein Muntermach­er und Gaumenfreu­de.

GESCHICHTE

Römische Legionäre sollen vor mehr als zweitausen­d Jahren das Rezept der Grünen Soße aus dem Orient mitgebrach­t haben. In England finden sich im 12. Jahrhunder­t erste Rezepte sowie Beschreibu­ngen zu Greensauce­s in der Schrift „De utensilibu­s“von Alexander Neckam.

Aus dem Jahr 1530 stammt das Kochbuch „Von allen Speisen und Gerichten, Koch und Kellerey“von Bartolomeo Platina, das auch ein Rezept für eine „Güt grün Salsen von Kreuttern“(Salse = Soße) enthält. Walther Hermann Ryff empfahl 1545 „zum gebraten .... grüne Salsen“in seinem „New Kochbüch für die Krancken.“Und im Jahr 1860 wurde erstmals ein gedrucktes Rezept der Frankfurte­r Grünen Soße in einem Frankfurte­r Kochbuch von Wilhelmine Rührig publiziert.

Zu der Frage, wie die Grüne Soße nach Deutschlan­d und insbesonde­re nach Frankfurt kam, gibt es verschiede­ne Theorien. Demnach soll sie etwa um 1730 durch einflussre­iche italienisc­he Familien nach Frankfurt gekommen sein und sich von dort aus verbreitet haben. Dagegen spricht allerdings, dass die klassische italienisc­he Salsa verde mit Olivenöl angerührt wird, was bei der Frankfurte­r Grünen Soße nicht zutrifft. So wurde das Rezept möglicherw­eise eher durch französisc­he Hugenotten importiert, die sich gegen Ende des 17. Jhd. auf hessischem Gebiet ansiedelte­n. Das Grie-soß-rezept ist denn auch dem für die Sauce verte der Franzosen viel ähnlicher: Die französisc­he Sauce verte ist eine Kräutermay­onnaise und die deutsche „Grüne Soße“enthält Sauerrahm, Schmand, Quark und Joghurt und wird teils auch mit Mayonnaise zubereitet.

Und natürlich gibt es den Mythos, nach dem Goethes Mutter, Frau Aja, die Grie Soß erfunden hat und alle Varianten der berühmten Spezialitä­t auf ihrem Kochbuch basieren. Wie jedoch aus Briefen hervorgeht, benutzte sie wohl das Lindheimer’sche Kochbuch ihrer Großmutter. Nach dieser Legende soll die gesunde Frankfurte­r Grie Soß übrigens Goethes Lieblingss­peise gewesen sein, was Goethe-kenner aber bezweifeln, da der Dichterfür­st nie etwas über dieses Gericht geschriebe­n hat. Experten zufolge soll die Grüne Soße in Frankfurt erst ab etwa 1850 bekannt geworden sein und damit lange nach Goethes Lebenszeit (1749–1832).

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 ??  ?? Wer eigene Kräuter anbaut, kann jederzeit selbst ernten
Wer eigene Kräuter anbaut, kann jederzeit selbst ernten
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Schönes Frühlingsr­itual: Grüne Soße mit Pellkartof­feln schmeckt gut und ist ein gesunder Muntermach­er

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