LÖSUNGEN FINDEN
Es ist so viel leichter, Menschen pauschal zu verurteilen, als sich differenziert auseinanderzusetzen. Doch letzten Endes wenden nur Geduld, gesunder Menschenverstand und beherztes Handeln die Dinge zum Guten
Vor wenigen Wochen fanden die Gedenkveranstaltungen zum 76. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz unter anderem im Deutschen Bundestag statt. Obwohl seit dem Ende des Krieges viele Jahre vergangen sind, verbinden sich mit den jährlichen Gedenktagen ganz aktuelle Anliegen. So braucht es Mut, über Erlittenes zu sprechen, und es braucht Mut, Erlittenes anzuhören. Ein Austausch, der Dinge in Gang bringt und uns verbindet. Nachdem die erste Rednerin, Charlotte Knobloch, geendet hatte, erhoben sich die Parlamentarier, um ihr Respekt zu zollen – allerdings nicht alle. Das machte mich betroffen: Wenn wir schweres Schicksal nicht mehr achten, ent-menschlichen wir uns selbst und berauben uns unserer Würde.
Ist ein solches verweigerndes Verhalten einfach Teil demokratischer Meinungsvielfalt oder versucht es, eben diese bewusst zu demontieren, die Grenze des Erlaubten zu verwässern und zu demoralisieren? Was ist vertretbar, was nicht? Hier einen guten Weg zu finden, ist ein sehr schmaler Grat. Es sind immer persönliche Entscheidungen und sie wirken in die Gemeinschaft hinein. Vielen von uns ist klar, dass Demokratie nichts Selbstverständliches ist, sondern ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt. Auch wenn wir uns oftmals ärgern, Dinge nicht richtig finden, wie sie sind, immerwährend streiten und um bessere Lösungen für unsere Probleme ringen.
Ja, Demokratie und Pluralismus sind anstrengend, ständig fordern sie uns. Dabei sollten wir jedoch nicht vergessen, wie gut es ist, dass wir unsere Meinung frei äußern und uns so auseinandersetzen können, wie wir das tun, ohne dass uns dafür Gewalt widerfährt und wir eingesperrt werden. Eben das erleben derzeit viele Menschen auf der Welt. Stimmt, Demokratie ist strapaziös und zahlreiche Verbesserungen sind notwendig. Und dennoch bildet sie das Fundament, das uns ein Leben in Freiheit ermöglicht. Wir sollten achtsam sein, wie wir damit und miteinander umgehen. Das Credo „Wir sind Gegner, aber nicht Feinde“bringt es gut auf den Punkt, finde ich. Jeder Einzelne trägt hier Verantwortung. Ein gewisses Maß an zumindest höflichem Umgang miteinander sollten wir nicht unterschreiten, letztlich leiden wir ansonsten nur selbst darunter. Populismus, Spaltung, Hass und Hetze mögen es vorgeblich erleichtern, mit Bedrohung, Ungewissheit, Existenzängsten und Ohnmacht besser klarzukommen. Von wirklichen Lösungen für unsere ganz realen Probleme sind sie jedoch weit entfernt. Statt kräftezehrende Stellvertreterkriege zu führen, sollten wir lieber überlegen, was wir wirklich wollen und brauchen und wie wir das am besten angehen und realisieren können: miteinander reden, zuhören und gemeinsam Lösungen finden.