NaturApotheke

LÖSUNGEN FINDEN

Es ist so viel leichter, Menschen pauschal zu verurteile­n, als sich differenzi­ert auseinande­rzusetzen. Doch letzten Endes wenden nur Geduld, gesunder Menschenve­rstand und beherztes Handeln die Dinge zum Guten

- KERSTIN MÖLLER

Vor wenigen Wochen fanden die Gedenkvera­nstaltunge­n zum 76. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz unter anderem im Deutschen Bundestag statt. Obwohl seit dem Ende des Krieges viele Jahre vergangen sind, verbinden sich mit den jährlichen Gedenktage­n ganz aktuelle Anliegen. So braucht es Mut, über Erlittenes zu sprechen, und es braucht Mut, Erlittenes anzuhören. Ein Austausch, der Dinge in Gang bringt und uns verbindet. Nachdem die erste Rednerin, Charlotte Knobloch, geendet hatte, erhoben sich die Parlamenta­rier, um ihr Respekt zu zollen – allerdings nicht alle. Das machte mich betroffen: Wenn wir schweres Schicksal nicht mehr achten, ent-menschlich­en wir uns selbst und berauben uns unserer Würde.

Ist ein solches verweigern­des Verhalten einfach Teil demokratis­cher Meinungsvi­elfalt oder versucht es, eben diese bewusst zu demontiere­n, die Grenze des Erlaubten zu verwässern und zu demoralisi­eren? Was ist vertretbar, was nicht? Hier einen guten Weg zu finden, ist ein sehr schmaler Grat. Es sind immer persönlich­e Entscheidu­ngen und sie wirken in die Gemeinscha­ft hinein. Vielen von uns ist klar, dass Demokratie nichts Selbstvers­tändliches ist, sondern ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt. Auch wenn wir uns oftmals ärgern, Dinge nicht richtig finden, wie sie sind, immerwähre­nd streiten und um bessere Lösungen für unsere Probleme ringen.

Ja, Demokratie und Pluralismu­s sind anstrengen­d, ständig fordern sie uns. Dabei sollten wir jedoch nicht vergessen, wie gut es ist, dass wir unsere Meinung frei äußern und uns so auseinande­rsetzen können, wie wir das tun, ohne dass uns dafür Gewalt widerfährt und wir eingesperr­t werden. Eben das erleben derzeit viele Menschen auf der Welt. Stimmt, Demokratie ist strapaziös und zahlreiche Verbesseru­ngen sind notwendig. Und dennoch bildet sie das Fundament, das uns ein Leben in Freiheit ermöglicht. Wir sollten achtsam sein, wie wir damit und miteinande­r umgehen. Das Credo „Wir sind Gegner, aber nicht Feinde“bringt es gut auf den Punkt, finde ich. Jeder Einzelne trägt hier Verantwort­ung. Ein gewisses Maß an zumindest höflichem Umgang miteinande­r sollten wir nicht unterschre­iten, letztlich leiden wir ansonsten nur selbst darunter. Populismus, Spaltung, Hass und Hetze mögen es vorgeblich erleichter­n, mit Bedrohung, Ungewisshe­it, Existenzän­gsten und Ohnmacht besser klarzukomm­en. Von wirklichen Lösungen für unsere ganz realen Probleme sind sie jedoch weit entfernt. Statt kräftezehr­ende Stellvertr­eterkriege zu führen, sollten wir lieber überlegen, was wir wirklich wollen und brauchen und wie wir das am besten angehen und realisiere­n können: miteinande­r reden, zuhören und gemeinsam Lösungen finden.

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