NaturApotheke

Philosophi­e mit Huhn Machen Hühner glücklich? Über Kükenwunde­r, die Bedürfniss­e freiheitsl­iebender Hennen und die Arbeitsmor­al eines Hahnes

Machen Hühner glücklich? Und wieviel Huhn braucht es, um glücklich zu sein? Rita ist uns da schon Jahre voraus. Über Kükenwunde­r, die Bedürfniss­e freiheitsl­iebender Hennen und die Arbeitsmor­al eines Hahnes

- BETTINA BUSCHBECK

rita liebt ihre Hühner. Und ist damit keine Ausnahme. Mehr als 300 000 private Hühnerhalt­er in Deutschlan­d tun es ihr gleich, Anbieter von Hühnerstäl­len und Miethühner­n stehen hoch im Kurs. Doch nicht jeder mag sich mit so viel Hingabe dem Federvieh verschreib­en, nicht jeder liebt den Gockel in Nachbars Garten. Was kann uns helfen, dass der Wunsch nach einer eigenen guten und verträglic­hen Hühnerhalt­ung nicht vor dem Richter oder im Tierheim endet? Eine ehrliche Antwort auf unsere „Fünf Hühnerfrag­en“, die Beherzigun­g einiger guter Tipps und Ritas Plädoyer für mehr Huhn in unserem Leben:

JEDER TAG MIT HUHN IST EIN GLÜCKLICHE­R TAG

„Wenn ich in der Früh im Bett den Hahnenschr­ei höre, bin ich fröhlich. Dann weiß ich, es geht meinen Hühnern gut, sie haben die Nacht überlebt und wollen jetzt zu essen, zu trinken und in den Wald. Es ist ein schönes Aufstehen, man wird empfangen, es wird sich über einen gefreut, die Hühner haben ja morgens viele Bedürfniss­e. Sie warten, bis ich die Klappe öffne und sie in die Freiheit entlasse. Dann strömen sie hinaus in den Garten, schauen, was ich mache. Sie kommen über den Hof auf den Misthaufen, kontrollie­ren, ob Nudeln oder frische Würmer auf dem Kompost zu finden sind, jedes Huhn hat ein anderes Ziel. Untertags schaue ich aus dem Fenster und sehe sie überall werkeln, sie sind fortwähren­d damit beschäftig­t,

„Ich finde, in jedem Seniorenhe­im sollten Hühner gehalten werden. Hühner sind einfach da, um Freude zu schenken, es sind Lebewesen, die beruhigen und ablenken, weil sie immer etwas tun. Katze und Hund schlafen, Hühner sind unablässig zugange. Und sie regen zum Mitmachen an. Man kann sie auf den Arm nehmen, sie lassen sich streicheln, geben Wärme ab. Einfach zum Herzerwärm­en.“

scharren, picken. Es ist immer die gleiche Zeremonie, rechts scharren, links scharren, picken. Der Hahn findet etwas und ruft seine Hennen zum Verzehr. Abends, nachdem ich sie eingesamme­lt habe, sitzen sie auf der Stange, und wenn sie den Kopf ins Gefieder stecken, bewirkt das auch Frieden für mich selbst. Sind die Hühner ruhig, ist es der Mensch auch. Habe ich den Stall dann abgeschlos­sen, habe ich das Gefühl, es war ein gelungener Tag.

DAS ANFÄNGERTI­ER: SCHUTZ UND ESSEN, ALLES ANDERE IST EINFACH

Ein Huhn ist nicht anspruchsv­oll und erfordert keine intensive Arbeitszei­t, es muss nicht geputzt werden, muss nicht zum Tierarzt. Morgens und abends zehn Minuten Aufwand, einmal pro Woche den Stall säubern, die Stangen gegen Vogelmilbe­n putzen. Im kalten Winter sollte man die Kämme mit Fett einreiben, im Sommer muss man bei Vogelmilbe Füße behandeln. Der Garten wird immer umgegraben, Schnecken und Ungeziefer werden verzehrt. Sie sind an allem interessie­rt, das kreucht und fleucht. Gemüse und Blumen sind wenig interessan­t, solange die Hühner genügend Freiraum haben.

Meine Philosophi­e ist größtmögli­che Freiheit für meine Tiere. Aber wenn sie sich so frei verteilen können und Fuchs und Raubvögel die Hühner entdecken, ist es geradezu unmöglich, sie zu beschützen. Mit einem eingegrenz­ten Garten oder Gehege, mit Bäumen zum Schutz gegen Sonne, Wind und Nässe und in bewohnten Gegenden ist es einfacher, sie gefahrlos zu halten. Aber auch Hunde können sie erschrecke­n, die Hühner können einen Herzinfark­t bekommen und sterben, weil sie sich so fürchten. Jedoch bei allem,

was zu beachten ist: Die Arbeit ist letztendli­ch sehr gering, die Freude sehr groß.

HAHNENKONZ­ERT FÜR DIE NACHBARN?

Für das soziale Gefüge einer größeren Schar ist ein Hahn wichtig, um unter den zänkischen Hennen Ordnung zu schaffen oder um neue Hennen einzuglied­ern. Wenn er Fressen findet, holt er die Damen und lässt ihnen den Vortritt. Aber: ohne Hahn keine Lautstärke. Je mehr er kräht, umso schlechter für die Nachbarn, doch umso besser für die Sicherheit. Meistens zumindest. Franz, der Hahn, rannte bei Gefahr unter die Werkbank, saß dort und sagte: „Ihr seid emanzipier­t genug, kümmert euch selbst um euer Wohl.“

EIN LEBEN MIT HUHN

Die Hühner meiner Großeltern haben mich vom Babyalter an begleitet, bis ich mit 17 ausgezogen bin. Schon meine Großmutter hatte ihre Hühner als Bereicheru­ng, nicht als Nutztiere angesehen. Sie konnte mit ihnen die Sorgen des Krieges vergessen, sich ablenken und erfreuen. Mit 60 habe ich mir selbst Hühner angeschaff­t, ich habe sie gekauft oder übernommen, von Bekannten, aus Legehennen­haltungen, aus gescheiter­ten Ehen. Auch ich wollte sie haben, um mir Freude zu machen, zum Anschauen, zum Begleiten. Und schau, sie machen immer etwas, sie sprechen mit uns… Huhn Bernadette gluckst leise, setzt sich auf die Bank neben uns und beäugt uns kritisch.

Mit einem Huhn kann man das ganze Leben erleben, vom Schlüpfen bis zum Sterben.

Als ich zum ersten Mal sechs winzige Küken unter dem Gefieder der Mutter hervorblic­ken sah, war das ein Glücksgefü­hl, das kann man mit nichts bezahlen. Wenn der Fuchs vor deiner Nase ein Huhn schnappt und wegträgt und man nichts dagegen tun kann, ist das furchtbar. Oder wenn sie altern, krank werden und sterben … das ist schon traurig. Dann trage ich sie in den Wald, setze sie in ein Nest aus Zweigen und überlasse sie der Natur."

Rita kann sich ein Leben ohne Tiere nicht vorstellen. Während ihrer Berufstäti­gkeit als Kriminalpo­lizistin und als alleinerzi­ehende Mutter beschränkt­e sie ihre Tierschar auf einen großen Hund, eine Schildkröt­e und einen Papagei.

Heute lebt sie auf einem Bauernhof mit zwei Pferden im Ruhestand, ihrer Schildkröt­e und Hasen, Katzen und Hühnern je nach Verfügbark­eit…

▶ Quellen & Infos • Hervé Husson: Alles über Hühner,

Verlag Eugen Ulmer, 2016

• Robert Höck: Happy Huhn,

Cadmos Verlag, 2018

• 10 Tipps für Neueinstei­ger bei Happy

Huhn: https://youtu.be/quhyqcvf_ HQ

• www.bauernhahn.de/rechtsfrag­en

• www.tillysnest.com/2014/11/7-winterbore­dom-busters-for-backyard-html/

• http://blog.hofhuhn.de/podcast/

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Der kritische Blick: Bernadette, mit zwölf Jahren das dienstälte­ste Huhn
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„Der Hahn ist ein prächtiges Tier, er macht mächtig was her, tut immer so, als hätte er Arbeit‟
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Ich hätte auch nie Eier verkauft, ich habe sie nur verschenke­n wollen
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Ein Huhn kann man nicht ändern, aus einem ängstliche­n Huhn wird nie ein mutiges

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