Migräne: „Wie Wehen im Kopf“
Blitze zucken vor dem inneren Auge. Schwarze Löcher beeinträchtigen das Sehfeld. Lärm wird zur Qual. Bei diesen Signalen wissen Betroffe- ne: Es ist wieder soweit, eine Migräne-attacke kündigt sich an. „Migräne ist wie Wehen im Kopf“, sagt Lucia Gnant, Präsidentin der Migräneliga Deutschland. Diese besondere Form des halbseitigen Kopfschmer- zes schränkt den Alltag der Patienten stark ein. Und sie kommt nicht selten aus heiterem Himmel, mitten im Geschäftstermin oder während einer Autofahrt. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Besonders alarmie- rend: Die Zahl der in Deutschland lebenden Betroffe- nen liegt inzwischen bei acht bis zehn Millionen – Tendenz steigend. Rund 50 Prozent davon leiden sogar unter chronischer Migräne; sie sind bis zu drei Mal wöchentlich dem Schmerz ausgesetzt.
Unverwechselbare Anzeichen
Nicht immer sind nur Kopf, Hals und Nackenpartie betroffen; viele Menschen leiden am ganzen Körper unter Schmerzen – ein entscheidender Faktor, der Migräne vom Spannungskopfschmerz unterscheidet. Die Schmerzen sind sehr stark, einseitig pulsierend oder pochend und können mehrere Tage andauern. Die Attacke verschlimmert sich bei Bewegung, selbst Treppensteigen ist belastend. Betroffene leiden unter Übelkeit und Sehstörungen, sind besonders licht- und geräuschempfindlich. In extremen Fällen treten Lähmungen auf. „Migräne kann allerdings mit und ohne Aura auftreten“, sagt Lucia Gnant. Das heißt, dass die neurologischen Störungen nicht bei jedem Patienten diagnostiziert werden.
Überbelastung als häufiger Auslöser
Noch nicht ausreichend erforscht sind die Ursachen für Migräne. Dennoch: „Viele Betroffene berichten von einem Zusammenhang zwischen ihren Anfällen und auslösenden Faktoren, den sogenannten Trig- gern“, sagt Holger Bartlick. Diese sind individuell un- terschiedlich. Auffällig ist, dass bei immer mehr
Betroffenen eine tägliche Überbelastung im Arbeits- leben die Ursache zu sein scheint.
Hilflos ausgeliefert?
Unter Einfluss einer schweren Migräne-attacke verschaffen sich Betroffene Linderung durch Ruhe und Dunkelheit sowie chemische Medikamente. Entsprechende Präparate enthalten Triptane. Sie bewirken, „dass die Entzündung der Gefäßwände und so die damit einhergehende Schmerzentwick- lung unterdrückt wird“, erklärt Holger Bartlick. Ei- nige Patienten suchen Hilfe in Spezialkliniken. Dort wird mit medikamentöser Prophylaxe, Ent- spannungsverfahren, Stressmanagement und Ernährungsumstellung therapiert. Bei speziellen Krankheitsverläufen hat sich ein innovativer Ein- griff bewährt: Die Periphere Nervenstimulation PNS (siehe Fallbeispiel unten). Dabei wird unter Narkose ein Gerät implantiert. Es sendet über ein Kabel unter der Haut elektrische Impulse an winzi- ge Elektroden, die an die Okzipitalnerven am Hin- terkopf gepflanzt wurden. Die Reize gehen dann direkt an das Gehirn und unterdrücken die belas- tenden Symptome. Mit einer Fernbedienung kann der Patient die elektrischen Impulse von zu Hause aus selbst steuern. Die wirksamsten Maßnahmen, um Migräneanfäl- len vorzubeugen, scheinen Ruhe und Entspannung zu sein. Leichter gesagt als getan – vor allem im Job. Zumindest in der Freizeit sollten Betroffene jedoch runterfahren. „Hier machen wir uns den größten Stress selbst“, ist Lucia Gnant von der Migräneliga überzeugt. Auch die Reizüberflutung durch Fernse- hen, Computer & Co. – ebenfalls Migräne-trigger – haben wir weitgehend selbst in der Hand. „Statt übermäßigem Medienkonsum lieber die Natur ge- nießen“, rät Gesundheitsberater Holger Bartlick.
Die Rolle der Ernährung
Besonders wichtig für Migräne-patienten ist, regel- mäßig zu essen. Betroffene haben offenbar einen erhöhten Energiebedarf, da ihr Gehirn Informatio- nen sehr schnell verarbeitet. Lassen Sie also keine Mahlzeit ausfallen, so sichern Sie eine kontinuier- liche Energieversorgung. Ob auch einzelne Le- bensmittel eine Attacke auslösen, ist dagegen nicht hinreichend bewiesen. Dennoch berichten einige Patienten von vermehrten Schmerzanfällen nach dem Genuss von Schokolade, Zwiebeln oder Käse. Lucia Gnant rät, basische Lebensmittel – zum Bei- spiel Wurzelgemüse aus der saisonalen Küche, Nüsse und Salate – zu bevorzugen. „Migränepatien- ten sind häufig übersäuert“, erklärt die Präsidentin der Migräneliga. Säurebildende Lebensmittel wie Milch, Fleisch und Teigwaren sollten daher redu- ziert werden.