40 Prozent weniger CO2-Ausstoß reichen nicht
Umweltschützer kritisieren die Klimabeschlüsse der EU-Staats- und Regierungschefs scharf
Was sind die neuen Klimaziele der EU bis 2030 eigentlich wert? Darüber gehen die Meinungen weit auseinander.
Die Regierungen aller Staaten haben sich auf UN-Klimagipfeln ein klares Ziel gesetzt: Sie wollen die Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzen. Um dies zu erreichen, haben sich die Industrieländer ein eigenes Ziel gesetzt: bis 2050 den Treibhausgasausstoß im Vergleich zum Referenzjahr 1990 um 95 Prozent zu senken. Für diese Mammutaufgabe braucht es Zwischenschritte. So hat sich die EU bis 2020 ein Reduktionsziel von 20 Prozent gesetzt – und schon vor zwei Jahren erreicht. Dies gelang aber nicht etwa dank Klimaschutzmaßnahmen der Regierungen sondern aufgrund der Deindustrialisierung Osteuropas nach 1990 und der jüngsten Weltwirtschaftskrise. Umweltschützer fordern daher seit Langem, das Ziel für 2020 auf 30 Prozent anzuheben. Auch um den darniederliegenden Emissionshandel aufzupäppeln: Die Industrie verfügt derzeit über viel zu viele CO2-Verschmutzungsrechte, weshalb deren Preise im Keller sind und davon kein Anreiz zum Klimaschutz mehr ausgeht.
In der Nacht zu Freitag hat sich die EU nun ein neues Ziel gesetzt: 40 Prozent weniger CO2-Ausstoß bis 2030. Die Gipfelteilnehmer sprachen von »ambitionierten« Vorgaben. Und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versuchte das Ergebnis politisch auszuschlachten: Europa sei jetzt auf globaler Bühne »sprachfähig und verhandlungsfähig«. Auf UN-Ebene soll bis Ende 2015 ein weltweit gültiges und bindendes Klimaschutzabkommen verabschiedet werden.
Für viele andere sind die Ergebnisse alles andere als positiv: So sieht die Hilfsorganisation Oxfam die Gefahr, dass das Zwei-Grad-Ziel durch das EU-Klimapaket »sabotiert« werde. Um dieses zu erreichen, wäre eine Absenkung der EU-Emissionen um »mindestens 55 Prozent« nötig. Oxfam kritisierte ferner, dass sich die EU nur Pauschalziele gesetzt habe und keine verbindlichen Vorgaben für die einzelnen Mitgliedsländer mache.
Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, nannte das Ausbauziel für die Erneuerbaren ein »Desaster«. Dies seien lediglich 0,8 Prozent pro Jahr und damit »deutlich weniger als bisher«. Nach Ansicht der LINKEN setzt Europa seine Glaubwürdigkeit bei den weltweiten Klimaverhandlungen aufs Spiel: »Wieder einmal durften bei einem Treffen der Staats- und Regierungschefs Industrievertreter und Wachstumsideologen über den roten Teppich laufen, während Klimaschützer nur Zaungäste waren«, erklärte die Klimaexpertin der Bundestagsfraktion, Eva Bulling-Schröter.