Zu teuer für Geringverdiener
Obwohl Wohnungen knapp sind, stehen in Berlin tausende Sozialwohnungen leer
Eigentlich für Bezieher geringer Einkommen gedacht, stehen in Berlin rund 7400 Sozialwohnungen leer. Die meisten sind zu teuer.
In Berlin herrscht Wohnungsmangel, besonders preisgünstige Wohnungen sind kaum zu finden. Doch ausgerechnet viele Sozialwohnungen stehen leer. Im vergangenen Jahr waren das knapp 7400 der 142 000 öffentlich geförderten Wohnungen, über die Berlin derzeit noch verfügt. Das geht aus einer Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine parlamentarische Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Katrin Lompscher hervor.
Damit liegt die Leerstandsquote der Sozialwohnungen bei 5,2 Prozent und somit mehr als doppelt so hoch wie im übrigen Wohnungsbestand. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), dessen Mitglieder rund 700 000 Wohnungen in Berlin verwalten, regist- rierte im vergangenen Jahr eine Leerstandsquote von nur noch zwei Prozent. »Wohnungsmangel und Leerstand, das ist eine absurde Konstellation«, kritisiert Lompscher und fordert ein dringendes Eingreifen des Senats. Der müsse gewährleisten, dass solche Wohnungen auch von denjenigen genutzt werden können, für die sie mal errichtet wurden.
Auch der Chef des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, hält die Situation für einen »Skandal« und »Ergebnis eines abstrusen Finanzierungssystems«. Das habe dazu geführt, dass das Mietniveau in Sozialwohnungen über dem von frei vermietbaren Wohnungen liegt.
So mussten Bewohner von Sozialwohnungen im vergangenen Jahr im Schnitt 5,74 Euro pro Quadratmeter netto/kalt zahlen, für eine Wohnung auf dem freien Markt wurden laut Mietspiegel 5,54 Euro fällig. Die Ursache für dieses Auseinanderklaffen liegt im alten Fördersystem. Weil die staatliche Förderung in jedem Jahr um 13 Cent pro Quadratmeter abgebaut wird, kann der Eigentümer diesen Betrag auf die Miete draufschlagen. Kommen die kalten und warmen Betriebskosten hinzu, wird der Unterschied noch größer. Unterm Strich zahlen Mieter in subventionierten Wohnungen dann 8,65 Euro pro Quadratmeter und somit etwa 50 Cent mehr als in den übrigen. »Häuser mit Sozialwohnungen sind meist mehrstöckige Neubauten, die mit Aufzug ausgestattet sind und für die wegen des geringeren Baualters mehr Grundsteuer gezahlt werden muss«, erklärt Wild die Diskrepanz.
Auf der Strecke bleiben die Empfänger geringer Einkommen, für die diese Wohnungen schlicht zu teuer sind. Sozialwohnungen dürfen nur von Inhabern von Wohnberechtigungsscheinen bezogen. Die erhält nur, wer ein bestimmtes Einkommen nicht überschreitet. Einpersonenhauhalte dürfen nicht mehr als 16 800 Euro im Jahr verdienen, Zweipersonenhaushalte 25 200 Euro.
Die meisten Sozialwohnungen stehen in Spandau leer. Hier sind zehn Prozent der 18 300 Wohnungen unbewohnt, gefolgt von TempelhofSchöneberg mit 5,4 Prozent von 21 700 Wohnungen. In MarzahnHellersdorf hat sich der Leerstand gegenüber 2012 auf knapp fünf Prozent fast halbiert, allerdings gibt es hier mit 1500 auch die wenigsten Sozialwohnungen. Am geringsten ist der Leerstand mit 2,1 Prozent in Treptow-Köpenick.
Auch mit seinem neuen Förderprogramm dürfte sich die Situation kaum verbessern. Jährlich will der Senat 1000 Sozialwohnungen errichten, die Anfangsmieten sollen zwischen sechs und 7,50 Euro pro Quadratmeter liegen. Der Mieterverein tritt für die Einführung einer staatlich festgelegten Richtsatzmiete ein, die unter allgemeinen Durchschnittsmiete liegen müsste. »Die Differenz zur tatsächlichen Miete müsste vom Eigentümer und der öffentlichen Hand gemeinsam getragen werden«, so Wild.