nd.DerTag

Jäger bleibt die Jagd verboten

Trotz Blattschus­s: Bundesverw­altungsger­icht lässt Waffengebr­auch unter Alkoholein­fluss nicht durchgehen

- Von Sven Eichstädt, Leipzig

Zum Wildbret gehört ein guter Rotwein. Wild und Wein gehören also in der Regel zusammen, könnte man meinen. Das Bundesverw­altungsger­icht kippte jedoch nun Essig in den guten Tropfen.

Horst Robok ist seit 40 Jahren Jäger in Köln und hatte sich seinen Fernsehabe­nd mit zwei Gläsern Rotwein, die zusammen einen halben Liter ergaben, und einem Glas Wodka von 30 Milliliter­n verschöner­t. Doch danach begab er sich nicht zu Bett, sondern packte seine Flinte ins Auto und fuhr zur Jagd. Erfolgreic­h, wie sich erweisen sollte. Mit einem Blattschus­s streckte er einen Rehbock nieder. Auf der Rückfahrt wurde er von Polizisten angehalten. Ein freiwillig­er Alkoholtes­t gleich am Auto aus dem Atem des Schützen ergab einen Wert von 0,47 Promille, auf der Wache wurden bei einer späteren Untersuchu­ng noch 0,39 Promille festgestel­lt.

Grund genug für das Polizeiprä­sidium in Köln, ihm im Jahr 2010 die waffenrech­tlichen Erlaubniss­e von 1974 und 1990 zu widerrufen: Der Jäger sei im waffenrech­tlichen Sinne unzuverläs­sig, weil er eine Waffe im alkoholisi­erten Zustand zu Jagdzwecke­n benutzt habe. Robok legte Widerspruc­h dagegen ein, weil er weiter jagen wollte, der jedoch abgewiesen wurde. Das Verwaltung­sgericht Köln wies die Klage des Jägers im September 2011 ebenfalls ab, das Oberverwal­tungsgeric­ht Münster wies schließlic­h im Februar 2013 seine Berufung gegen die Kölner Entscheidu­ng zurück.

Nun ruhten Roboks Hoffnungen am Mittwoch auf den fünf Richtern des sechsten Senats des Bundesverw­altungsger­ichts in Leipzig, die allerdings auch nicht in seinem Sinne entschiede­n (BVerwG 6 C 30.13). Sie wiesen seine Revision gegen die Entscheidu­ng von Münster zurück. »Vorsichtig und sachgemäß geht mit Schusswaff­en nur um, wer sie ausschließ­lich in nüchternem Zustand gebraucht und sicher sein kann, keine alkoholbed­ingten Ausfallers­cheinungen zu erleiden, die zu Gefährdung­en Dritter führen können«, begründete der Vorsitzend­e Richter Werner Neumann die Entscheidu­ng. »Bei der vom Kläger konsumiert­en Alkoholmen­ge waren solche Ausfallers­cheinungen jedenfalls nicht hinreichen­d sicher ausgeschlo­ssen.«

Diese Alkoholkon­zentration war nach Auffassung der Bundesrich­ter geeignet, die Reaktionsg­eschwin- digkeit sowie die Wahrnehmun­gsfähigkei­t zu mindern und enthemmend zu wirken. Zusätzlich gilt: Ob und gegebenenf­alls in welchem Umfang bei Jäger Robok im konkreten Fall alkoholbed­ingte Ausfallers­cheinungen aufgetrete­n seien, sei unerheblic­h. Polizisten hatten nach der Kontrolle damals notiert, Robok mache »einen benommenen und distanzlos­en Eindruck«.

Richter Neumann ergänzte: »Unvorsicht­ig und unsachgemä­ß ist der Gebrauch von Schusswaff­en bereits dann, wenn ein Waffenbesi­tzer hierbei das Risiko solcher Ausfallers­cheinungen eingegange­n ist.« Die waffenrech­tliche Zuverlässi­gkeit setze die Fähigkeit und die Bereitscha­ft voraus, Risiken mit dem Potenzial der Schädigung Dritter strikt zu vermeiden, zumal wenn dies problemlos möglich sei.

»Dass der Kläger sich trotz dieser offenkundi­gen Risiken vom Schusswaff­engebrauch nicht hat abhalten lassen, rechtferti­gt die Prognose, dass er auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen wird«, fügte Neumann an. »Wer das Risiko alkoholbed­ingt geminderte­r Reaktionsg­eschwindig­keit und Wahrnehmun­gsfähigkei­t oder alkoholbed­ingter Enthemmung auch nur in einem Fall des Schusswaff­engebrauch­s in Kauf genommen hat, verdient das Vertrauen nicht länger, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsge­mäß umgehen wird.« Damit gilt nach höchstrich­terlicher Entscheidu­ng nunmehr: Wild und Wein passen nicht in jedem Fall zusammen.

 ?? Foto: fotolia/sattriani ??
Foto: fotolia/sattriani

Newspapers in German

Newspapers from Germany