nd.DerTag

Nichts gelernt

- Dieter Janke fordert nach dem Stresstest endlich Reformen

Nachdem die Finanzbran­che nach 2008 weltweit in den Abgrund schaute und mit dem drohenden Kollaps auch die Konjunktur auf eine historisch­e Talfahrt zusteuerte, entbrannte eine heftige Debatte um Ursachen und politische Konsequenz­en. Die Forderunge­n reichten von der Verstaatli­chung beziehungs­weise Zerschlagu­ng systemrele­vanter Institute über die Entschleun­igung der Finanzgesc­häfte durch eine entspreche­nde Steuer bis hin zur Austrocknu­ng des Spekulatio­nssumpfes durch Verbote oder eine Neujustier­ung staatliche­r Verteilung­spolitik. Nichts davon ist bisher umgesetzt. Selbst das relativ einfach zu erzwingend­e Trennbanke­nsystem, mit dem das Erpressung­spotenzial angeschlag­ener Institute gegenüber der öffentlich­en Hand ins Leere laufen würde, bleibt eine Fata Morgana.

Stattdesse­n sonnt man sich in den Ergebnisse­n des Bankenstre­sstestes. Mit ihm soll verlorenes Vertrauen in die Kreditwirt­schaft wiederherg­estellt werden, indem eigenkapit­alschwache schwarze Schafe gebrandmar­kt und ausgesonde­rt werden. Letztere fanden sich beim Bilanzench­eck – wen wundert es – vor allem im auch durch die strikten Sparvorgab­en der Troika gebeutelte­n Südeuropa.

Jeder kreative Bilanzbuch­alter kennt freilich die Spielräume seines Jobs: Beim Finanzamt müssen Tränen fließen. Potenziell­e Kreditgebe­r hingegen wollen Vertrauen und solide Bilanzen. Nachdem die Technokrat­en der EZB ihren Job erledigt haben, steht ein an der Realität gemessener Stresstest – nicht nur für europäisch­e Banken – weiter aus.

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