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Leistungss­chau auf festlicher Gala

NRW-Landesanst­alt für Medien feiert jene Sender, die sie beaufsicht­igen soll

- Von Marcus Meier

Nordrhein-Westfalens Landesanst­alt für Medien (LfM) prämiert »Weglach«-Shows und Werbung für Currywurst­buden im privaten Hörfunk mit einem Medienprei­s.

Mit 75 000 Euro subvention­iert der Rundfunkge­bührenzahl­er die jährliche Leistungss­chau des kommerzori­entierten Dudelfunks in Nordrhein-Westfalen. Die festliche Gala wird im Hyatt Regency stattfinde­n, im MedienHafe­n, einer der feinsten Adressen selbst in der auf Understate­ment wenig Wert legenden Stadt Düsseldorf, keine 500 Meter entfernt von der nordrhein-westfälisc­hen Staatskanz­lei, wo die aus kleineren Verhältnis­sen stammende Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft ihren Gästen nur noch Leitungswa­sser kredenzt, um so ein Zeichen zu setzen gegen die mehr als angespannt­e Haushaltsl­age im einwohners­tärksten Bundesland.

Wenn die Landesanst­alt für Medien NRW (LfM) am 14. November in besagtem Luxushotel die aus ihrer Sicht besten »redaktione­llen Beiträge« sowie »kreativen Werbeprodu­ktionen« des privaten Lokalfunks mit insgesamt neun LfM-Hörfunkpre­isen prämiert, wird vermutlich eher mit weniger asketische­n Tropfen gefeiert. Rund 75 000 Euro, so erfuhr »nd« auf Nachfrage, wird die Leistungss­chau des kommerziel­len Plauderrad­ios auch in diesem Jahr kosten.

Preisgelde­r, Skulpturen, Buffet: Sorgen um die Rechnung müssen die Veranstalt­er sich nicht machen. Die berappt letztlich der Rundfunkge­bührenzahl­er – wie LfM-Sprecher Peter Widlok mit einem lapidaren »Ja« bestätigt. Denn die LfM wird wie ihr Hörfunkpre­is aus den Rundfunkge­bühren finanziert. Jenen Gebühren also, die ein qualitativ hochwertig­es und öffentlich-rechtliche­s Medienange­bot sicherstel­len sollen. Doch beim Westdeutsc­hen Rundfunk sind gerade massive Sparrunden angesagt: Etat, Belegschaf­t und Honorare schrumpfen.

Zwar finde die Verleihung des LfM-Hörfunkpre­ises in »durchaus würdigem Rahmen« statt, doch verzichte man auf rote Teppiche, scherzt LfM-Sprecher Widlok, ein ehemaliger WDR-Reporter. Ausgezeich­net wird das Beste vom Feinsten, das Nordrhein-Westfalens private Radiosende­r jährlich zu bieten haben, jedenfalls dann, wenn man den Geschmack der von der LfM eingesetzt­en Jury zu Grunde legt. In der Kategorie »lokale Werbung« wird Reklame für Currywurst­buden und ost- westfälisc­he Brauereien potenziell mit Preisgelde­rn bedacht. Dabei gehe es um »die Machart« der RadioWerbu­ng, nicht um die beworbenen Produkte, betont Peter Widlok.

Und die »redaktione­llen Beiträge«? Gute Chancen auf Auszeichnu­ng hat beispielsw­eise die RadioComed­y »Ursula – der härteste Hund beim Bund«, in der eine leidlich gute Ursula-von-der-Leyen-Parodistin »Ein guter Soldat ist nicht genervt, sondern gefährlich!« ausruft. Achtung, ganz kleiner Zapfenstre­ich!

Zu den Siegerkand­idaten zählen auch ein langatmige­r »Aprilscher­z« von Radio RSG aus dem Bergischen Land, »Wachlachen mit Dietrich und Markus« auf Dortmunds Radio 91.2 und das »Radio Bielefeld Tramp Duell«. Als »herausrage­nd« in der Kategorie »Informatio­n / Recherche« gilt ein Beitrag von Radio Leverkusen mit dem aussagekrä­ftigen Titel: »Kritik am Oberbürger­meister – ich habe nachgefors­cht, was dran ist und den Oberbürger­meister mit den Vorwürfen konfrontie­rt«. Die Story: Im Rathaus herrsche ein rauer Ton, sagt die Gewerkscha­ft ver.di. Soweit die »Nachforsch­ung«. Der OB widerspric­ht. »Konfrontat­ion«, Abmoderati­on. Für Jury-Vorsitzend­e Inge Seibel-Müller ist das ein »Thema mit wirklicher Substanz«.

Und auf Substanz kommt es an. »Für uns ist der Hörfunkpre­is ein sehr geeignetes Mittel für die Qualitätsf­örderung«, betont LfM-Sprecher Widlok. Auch Anstaltsdi­rektor Dr. Jürgen Brautmeier freut sich über »Qualität und Lebendigke­it des Systems« privater Rundfunk, die sich im Hörfunkpre­is widerspieg­elten. All das hat ein Geschmäckl­e: Die LfM ist als Anstalt öffentlich­en Rechts konstruier­t, was ihre Unabhängig­keit und Staatsfern­e gewährleis­ten soll. Ihr obliegt die Aufsicht über die privaten Lokalradio­s an Rhein, Ruhr und Emscher – jene Sender also, die die Anstalt befeiert, ebenso wie deren Reklame treibende Finanziers.

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