Trauer in Ägypten nach Anschlag
Ausnahmezustand für Sinai/ Keine Gespräche mit Hamas
Ägypten trauert. Die Fernsehsender unterlegten ihre Sendungen auch am Sonntag mit schwarzen Bändern. In den Cafés und Geschäften im Stadtzentrum Kairos ist die Stimmung gedrückt, zornig auch. Zunächst starben 28 Soldaten bei einem Angriff auf einen Militärposten außerhalb von ElArisch in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen. Kurz darauf verloren drei weitere Militärangehörige ihr Leben, als sie an einer Straßensperre beschossen wurden. Es waren nicht die ersten Angriffe auf Militäreinrichtungen auf der Sinai-Halbinsel. Doch nie zuvor traf es Ägyptens Armee so hart – eine Armee, die in großen Teilen der ägyptischen Gesellschaft tief verwurzelt ist.
Gerade deshalb ist es nicht nur der Tod von 31 Soldaten – viele von ihnen junge Wehrpflichtige –, der die Menschen getroffen hat. Immer wieder wird am Sonntag die Frage gestellt, wie es sein kann, dass diese Armee die Lage auf dem Sinai nicht in den Griff bekommt. Man macht den im Sommer 2013 abgesetzten Präsidenten Mohammad Mursi verantwortlich. Er habe zugelassen, dass sich in dem unwegsamen Gebiet eine ganze Reihe von militanten Gruppierungen niederlassen konnte. Man gibt aber auch der US-Regierung die Schuld, die nach dem Umsturz Monate lang ihre Militärhilfen eingefroren hatte. Doch vor allem gerät nun auch Ägyptens neuer Machthaber Abdelfattah al-Sisi unter Druck: Er war im August 2012 von Mursi zum Generalstabschef ernannt worden.
Das Präsidialamt bemühte sich deshalb am Sonntag, den schwarzen Peter an andere weiterzugeben: Wegen des Friedensvertrages mit Israel habe das Militär auf der Sinai-Halbinsel nur begrenzte Möglichkeiten. Unter Mursi sei vor allem die Polizei für die innere Sicherheit in der Region verantwortlich gewesen. »Al-Sisi hat diese Entwicklung bereits damals vorhergesehen, und das Mursi gegenüber immer wieder angesprochen.«
Die Maßnahmen, die Kairo nun ergreift, sind drastisch. Über den Norden und das Zentrum der Region wurde ein zunächst auf drei Monate begrenzter Ausnahmezustand verhängt. Der Grenzübergang zum Gazastreifen ist nun geschlossen. Zudem soll eine drei Kilometer breite Sicherheitszone entlang der Grenze eingerichtet werden. Mehrere Tausend Menschen müssen dafür ihre Häuser verlassen. Zwar hat sich noch niemand zu den Anschlägen bekannt. Doch die Regierung macht die Gruppe Ansar Beit al-Maqdis für die Anschläge verantwortlich – und damit indirekt auch Hamas.
Zwar ist über diese Gruppe, die bereits mit einer langen Reihe von Angriffen auf ägyptische und israelische Ziele in Zusammenhang gebracht wird, nur sehr wenig bekannt. Doch nach offizieller ägyptischer Lesart wird die Gruppe aus dem Ausland finanziert und von der Hamas und der Muslimbruderschaft unterstützt. Vor allem Beduinen aus dem Sinai und Palästinenser aus dem Gazastreifen gehören zu ihren Mitgliedern.
Überprüfen lässt sich das nicht. Doch auch so hat der Vorwurf Auswirkungen auf die Waffenstillstandsgespräche zwischen Israel und der Hamas, die am Montag in Kairo fortgesetzt werden sollten, nun aber kurzfristig abgesagt worden sind. In der derzeitigen Situation will Kairo keine Funktionäre der Hamas im Land haben.
In der internationalen Gemeinschaft sorgte die Absage für Panik. Denn das Ende des GazaKrieges ist keinesfalls in Stein gemeißelt. Die Hamas stellte am Sonntag erneut klar, dass eine Fortsetzung der Waffenruhe von Gesprächen und einer Aufhebung der Blockade abhängig sei.