Politkrimi
Nicht genug, dass die Zuschauer des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ausgiebig mit Krimis berieselt werden, jetzt schreiben Redakteure der Sendeanstalten in ihrer Freizeit auch noch Kriminalromane. Dirk Platt, seit 2008 Moderator der rbb-Nachrichtensendung »Brandenburg aktuell«, veröffentlichte unter dem Titel »Schwarzkonto« einen Schmöker mit höherem Anspruch als der durchschnittliche Fernsehkrimi.
Geschrieben hat der 42-Jährige »Schwarzkonto« allerdings nicht allein, sondern zusammen mit Erich Schütz, einem 18 Jahre älteren Mann, der als freier Journalist am Bodensee tätig ist. Schütz hat bereits andere Politkrimis geschrieben, die in seiner Heimat spielen. Für das Buch »Schwarzkonto«, bei dem als Handlungsorte Berlin und Potsdam dazutreten, hat er sich mit Dirk Platt einen Kollegen ins Boot geholt, der sich dort auskennt.
Darum geht es: In Kressborn am Bodensee wird die nackte Leiche eines Surfers angeschwemmt, des Bankers Reto Welti aus dem Steuerparadies Lichtenstein. Der freie Fernsehjournalist Leberecht Fritz wird auf den Fall angesetzt. Fast zeitgleich entdeckt die Polizei am Kleinen Wannsee in Berlin die ebenfalls nackte Leiche des Politikers Rainer Jungschmidt. Dieser gehörte zum Schattenkabinett des Kanzlerkandidaten Robert Clausdorff von den Sozialisten, die treffender als Sozialdemokraten bezeichnet wären. Bei einem Hintergrundgespräch hat der Kandidat der Presse verraten: »Wenn ich Kanzler werde, dann wird Jungschmidt als neuer Finanzminister jede Steuer-CD aus der Schweiz kaufen, die uns, auf welchem Weg auch immer, angeboten wird.« Die Potsdamer Fernsehjournalistin Kathi Kuschel beginnt zu recherchieren.
Was beide Mordfälle mit großer Politik und niederen Beweggründen zu tun haben und mit dem verpfuschten Hüftgelenk von Leberechts Mutter, dass erzählen Platt und Schütz so, dass es nie langweilig wird. Ihre Vertrautheit mit dem Medienzirkus und mit Politikertypen hilft ihnen offensichtlich. Obwohl Figuren und Handlung frei erfunden sind und Ähnlichkeiten mit realen Personen rein zufällig und nicht beabsichtigt sein sollen, wie ausdrücklich beteuert wird, erinnern bestimmte Gewohnheiten, Charaktereigenschaften und auch die Äußerlichkeiten der Romanfiguren doch an diesen oder jenen lebenden Politiker. Dass politische Freunde kein normaler Freunde sind, und dass Machtgeilheit weiter verbreitet ist als Sendungsbewusstsein, wird schön deutlich.
Als Fernsehkrimi verfilmt, sind die plastisch geschilderten Szenen gut vorstellbar, die Vorlage ist gar nicht mal so schlecht. . Daraus ließe sich mit Geschick etwas machen, das über die übliche kriminalpolizeiliche TV-Hausmannskost hinausgeht.