Wald gerodet – dann fiel der Grund weg
Wie Bremen Tausende Bäume sinnlos einbüßte
Jede einzelne Baumspende wird in Bremen mit großem Medienauftritt gefeiert. Mal wegen der Symbolik, die hinter dem Baumgeschenk steckt; mal weil das Umweltressort angeblich nicht genug Geld hat, den viel gerühmten Bremer Baumbestand zu erhalten. Da ist die Verärgerung Anne Schierenbecks von den Bremer Grünen über den Stahlkonzern von Arcelor Mittal verständlich. Die Stahlkocher sitzen am Rande Bremens inmitten wunderbarer Landschaft haben und schon mal 43 000 Quadratmeter Waldgebiet gerodet, weil sie ein neues Kraftwerk bauen wollten. Doch dann wurde das Projekt zurückgestellt, weil die im August in Kraft getretene Version des Erneuerbare-Energie-Gesetzes aus Sicht des Konzerns Unwägbarkeiten enthält. Man befürchtet, der Kraftwerksbau könnte sich nicht nur nicht amortisieren, sondern sogar zu deutlich höheren Energiekosten führen. Ein neues Startdatum für das Projekt gibt es nicht.
Vor 60 Jahren hatten die Klöckner Werke Flächen im Bremer Norden gekauft, um dort Stahl herzustellen. Drei Jahre später wurde die Hütte in Betrieb genommen. Umgeben war sie von reichlich Waldlandschaft, weshalb damals nicht nur Stahlkocher angestellt waren, sondern auch Förster und Jäger.
Vor 50 Jahren dann errichteten Bremens Stadtwerke auf dem Hüttengelände ein Kraftwerk, um das bei der Stahlproduktion anfallende Gichtgas in Strom umzuwandeln, den dann die Bahn abnahm. Mittlerweile heißen die Stadtwerke Bremen knapp »swb« und gehören zum EWE Konzern. Und die Hütte gehört zu Arcelor Mittal.
Das Unternehmen erklärt auf seiner Homepage seine »Performance beim Umweltschutz«. Dazu gehöre unter anderem auch die »Übereinstimmung mit allen relevanten Umweltschutzgesetzen und -bestimmungen«. Diese hat der Konzern im Falle des abgeholzten Waldes formal durchaus eingehalten. Denn die Genehmigung für den Kraftwerksbau war auch gekoppelt an Auflagen nach dem Bremischen Waldgesetz, welches Ausgleichszahlungen und Ausgleichspflanzungen verlangt. Arcelor hat ein Ersatzgeld von 263 000 Euro gezahlt und will demnächst einen Weidensumpfwald anlegen, allerdings nur 5730 Quadratmeter groß. Auch rühmt Arcelor Mittal sich mit dem im Sommer erhaltenen Preis eines großen Autoherstellers, der seine besten Zulieferer kürt. Zu den Preiskriterien gehört auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung.
Nun wird die Umwandlung des in der Stahlproduktion anfallenden Gases, wofür Arcelor Mittal das neue Kraftwerk bauen wollte, erst einmal weiter die »swb« übernehmen. Die kündigt im Internet schon mal die Inbetriebnahme des größten je in Bremen gebauten Gas- und Dampfturbinenkraftwerks an. Allerdings räumte Unternehmenssprecher Christoph Brinkmann auf Nachfrage des »nd« ein, dass eine breit gestreute Ankündigung mit genauem Termin erst demnächst an die Öffentlichkeit gehe.
Die »swb« hat also vorläufig ihren Großkunden gehalten, der auch zur Auslastung des neuen Kraftwerks beiträgt. Aber Arcelor Mittal plant jetzt, einen rund 40 Jahre alten Kraftwerksblock zu modernisieren, um ihn dann noch ein weiteres Vierteljahrhundert zu nutzen.
Für Anne Schierenbeck von den Bremer Grünen ist der geplante Weidensumpfwald ein ziemlich mickriger Ersatz für das umsonst gerodete Waldstück. Und die Modernisierung des alten Kraftwerksblocks ist aus Sicht ihrer Partei weitaus weniger effektiv und umweltschonend als der ursprünglich geplante Neubau.