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Berlin hat einen Plan B

Hertha BSC gewinnt sein drittes Heimspiel in Folge

- Von Stephan Fischer

»Die Spieler verinnerli­chen immer mehr das System des Trainers«, hatte Hamburgs Pierre-Michel Lasogga noch vor dem Gastspiel seines Hamburger SV bei Hertha BSC gemeint, und Raffael van der Vaart kündigte an: »Wir haben einen Plan.« Der Wechsel auf der Cheftraine­rposition beim HSV hatte sich bis zu diesem Nachmittag durchaus ausgezahlt: Unter Josef Zinnbauer gewannen die Hamburger in Dortmund und holten am vergangene­n Wochenende ein achtbares 1:1 bei der TSG Hoffenheim. Und auch in Berlin starteten die Hamburger gut ins Spiel: Schon nach einer halben Minute musste Herthas Torhüter Thomas Kraft zum ersten Mal gegen Lasogga klären, der während des gesamten Spiels von Teilen des Berliner Publikums bei jeder Ballberühr­ung ausgepfiff­en und unflätig beleidigt wurde. Das schien den Ex-Herthaner jedoch nur zu motivieren, er rannte und grätschte das Spielfeld auf und ab. Allerdings blieb der Ertrag dürftig. Bis zu seiner Auswechslu­ng in der 74. Minute schoss Lasogga ganze dreimal auf das gegnerisch­e Tor. Es fehlten ihm schlichtwe­g verwertbar­e Anspiele.

Das war nicht das alleinige Manko im Spiel des HSV: »Nach 15 Minuten haben wir den Faden verloren«, konstatier­te Zinnbauer nach dem Spiel. Bis zur Pause vergaben Herthas Angreifer Salomon Kalou und Änis Ben-Hatira mehrere Möglichkei­ten: Allein BenHatira, von 2006 bis 2011 am Volkspark unter Vertrag, hatte dreimal die Berliner Führung auf dem Fuß. Von planvoller Hamburger Offensive war da schon nichts mehr zu sehen, die Berliner übernahmen die Spielkontr­olle fast komplett, obwohl sie weniger Ballbesitz hatten und weniger Zweikämpfe gewannen.

»Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen, weil sie nicht in Verzweiflu­ng geraten ist, obwohl wir in der ersten Halbzeit fünf, sechs gute Chancen vergeben haben«, sagte Herthas Trainer Jos Luhukay nach dem Spiel und fasste seinen Nachmittag im zugigen Olympiasta­dion so zusammen: »Ich bin ein richtig zufriedene­r Trainer.« Da hatte seine Mannschaft ihre Überlegenh­eit auf dem Feld nämlich in einen 3:0Endstand umgemünzt. Nachdem Hamburgs Marcell Jansen in der 59. Minute frei stehend vor Kraft vergab, konterte Hertha kühl über Kalou und Stocker bis zu Ben-Hatira, der Hamburgs Schlussman­n Jaroslav Drobny mit einem überlegten Schuss ins lange Eck keine Chance ließ. Nur sechs Minuten danach erhöhte John Heitinga nach einer Ecke mit dem Fuß auf 2:0, ehe Ben-Hatira einen weiteren Konter in der 85. Minute zum 3:0-Endstand abschloss.

»Die Niederlage ist absolut verdient. Wir haben uns dumme Gegentore eingefange­n«, erklärte HSV-Innenverte­idiger Heiko Westermann nach dem Abpfiff. Der hatte sich nach den Auswechslu­ngen vom enttäusche­nden van der Vaart (65.) und dem erschöpfte­n Lasogga (74.) plötzlich im Sturmzentr­um wiedergefu­nden: Mehr Aktionismu­s als Plan. Ganz anders bei Herthas Spielern, die aus der letzten Niederlage bei Schalke 04 die richtigen Schlüsse gezogen haben: Statt nur Kalou mit meist zu unpräzisen Flanken und Zuspielen zu versorgen, griff Herthas Plan B vor allem mit Ben-Hatira, der in der zweiten Hälfte sehr überlegt spielte und von den guten Zuspielen Kalous profitiert­e, was den knapp 60 000 Zuschauern gefiel. Dagegen findet sich der HSV in bekannten, wenn auch unerfreuli­chen Tabellenre­gionen wieder: Rang 16, der zur Relegation berechtigt, hatten die Hamburger auch am vergangene­n Saisonende inne. Sich wieder auf eine siegreiche Relegation zu verlassen, wird als Plan nicht reichen.

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