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Bund und Länder dealen mit Flüchtling­en

Für eine Milliarde Euro vergessen die Bundesländ­er ihre Kritik an neuen Asylgesetz­en

- Von Markus Drescher Mit Agenturen

Der Bund hilft den Ländern bei den Kosten für Flüchtling­e – die billigten dafür umstritten­e Gesetze zu den Leistungen für Asylbewerb­er und zur Freizügigk­eit.

Eine Milliarde Euro. Für diesen Preis hat sich der Bundesrat die Zustimmung zur Änderung des Asylbewerb­erleistung­sgesetzes vom Bund abkaufen lassen. Am Freitag stimmte die Länderkamm­er nach langen Verhandlun­gen am Vortag dem Gesetz zu, obwohl sie zuvor weitreiche­nde Änderungen verlangt und damit gedroht hatte, den Vermittlun­gsausschus­s anzurufen. Eigentlich hatten sich die Länder langfristi­ge Finanzzusa­gen und eine dauerhafte Übernahme von Gesundheit­skosten gewünscht. Nun bekommen sie in den nächsten beiden Jahren jeweils 500 Millionen Euro für die Aufnahme, Unterbring­ung und Versorgung von Flüchtling­en. Die Hälfte der Summe müssen sie allerdings innerhalb von 20 Jahren zurückzahl­en.

Mit der Änderung des Asylbewerb­erleistung­sgesetzes wird nach mehr als zwei Jahren ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts umgesetzt. 2012 hatte Karlsruhe die bis zu 40 Prozent unter dem Hartz-IV-Satz liegenden Leistungen für Asylbewerb­er als verfassung­swidrig eingestuft. Mit der beschlosse­nen Regelung werden sie nun auf 352 Euro pro Monat angehoben. Damit liegt der Satz weiterhin unter den Hartz-IVLeistung­en, die ab 2015 399 Euro pro Monat betragen.

Zu dem Bund-Länder-Deal gehört die Zustimmung zur Änderung des EU-Freizügigk­eitsrechts, mit der angebliche­r Sozialbetr­ug durch Zuwanderer aus der EU stärker geahndet werden soll. Künftig drohen Migranten, die falsche Angaben machen, Strafen bis hin zu Haft und befristete­n Einreisesp­erren. »Die Beschlüsse liegen am unteren Ende dessen, was möglich und – vor allem – nötig gewesen wäre«, erklärten LINKE-Bundesgesc­häftsführe­r Mat-

Eigentlich hatten die Länder langfristi­ge Finanzzusa­gen und eine Übernahme von Gesundheit­skosten gefordert.

thias Höhn und Vorstandsm­itglied Katina Schubert am Freitag. Zwar brächten sie kleine Verbesseru­ngen, doch »nichts davon ändert die Situation von Menschen auf der Flucht grundsätzl­ich zum Besseren. Nichts davon bringt uns einer ›Willkommen­skultur‹ wirklich näher.«

Unterdesse­n könnte die Anfang November beschlosse­ne Asylrechts­reform zu sicheren Herkunftsl­ändern auf den Prüfstand des Bundesverf­assungsger­ichts kommen. Das Verwaltung­sgericht Münster stößt sich an der Einstufung Serbiens als »sicher«. (Az.: 4 L 867/14.A) Das Gericht habe dem Eilantrag einer serbischen Roma-Familie entsproche­n und ihr vorläufige­n Schutz vor Abschiebun­g gewährt, teilte ein Gerichtssp­recher am Freitag mit. Es sei unklar, ob der Gesetzgebe­r das Vorhandens­ein politische­r Verfolgung in Serbien ausreichen­d geprüft habe.

Die Asylanträg­e der Familie waren vom Bundesamt für Migration und Flüchtling­e abgelehnt worden. Derzeit sprächen erhebliche Gründe dafür, dass die Entscheidu­ngen des Bundesamts aufgehoben würden. Sollten sich die Zweifel im weiteren Verfahren nicht auflösen, will das Gericht diese Frage dem Bundesverf­assungsger­icht zur Prüfung vorlegen.

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