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Wut in Ferguson

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Washington Post, USA Rechtmäßig­es Ergebnis

Das Leben von Michael Brown ist ohne Grund verloren. Der weiße Polizist ist hingegen ziemlich leicht davon gekommen. Eine Anklage hätte ihn mit kritischen Fragen konfrontie­rt – zum Beispiel, warum er nicht auf Verstärkun­g gewartet hat, bevor er den Jugendlich­en angriff. Die juristisch­e Aufarbeitu­ng mag nicht zufriedens­tellend sein, aber das Ergebnis ist gesetzlich rechtmäßig.

Libération, Frankreich Bild einer ganzen Nation

Ferguson ist sehr weit entfernt von jenem postrassis­tischen Amerika, von dem Barack Obama träumt. Diese Vorstadt in Missouri, wo 70 Prozent der Bewohner schwarz sind, aber alle Polizisten weiß, genau wie der Bürgermeis­ter, wird zum Bild einer ganzen Nation. Vielen jungen Schwarzen erscheinen die Ausgrenzun­g, die Arbeitslos­igkeit, die Brutalität­en der Polizei und das Gefängnis als unumgängli­cher Horizont. Wie eine Bürgerrech­tsaktivist­in geschriebe­n hat: »Die Grundlage der amerikanis­chen Demokratie und unserer Freiheiten wird zerschlage­n, solange unsere schwarzen Körper misshandel­t werden und niemand etwas dagegen tut.«

New York Times, USA Schlimm gelaufen

Der Staatsanwa­lt ist mit dem Fall sehr schlecht umgegangen, schlimmer hätte es nicht laufen können. Erstens lehnte er es ab, einem Ermittler die Aufarbeitu­ng zu übergeben, der auf solche Fälle spezialisi­ert ist. Zweitens hat er enge Verbindung­en zur örtlichen Polizei. Drittens zog sich der ganze Prozess über Monate hin; dies ist verwunderl­ich, denn oftmals brauchen die Geschworen­en nur wenige Tage. Und viertens: Als der Staatsanwa­lt das Ergebnis der Jury verkündete, klang das mehr wie eine Verteidigu­ng des Polizisten als eine neutrale Darstellun­g.

Huanqui Shibao, China Rechtsstaa­tliche Erfahrung

einigt, auf eine Anklage gegen den verantwort­lichen Polizisten zu verzichten. Ein chinesisch­es Gericht wäre mit so einem Fall nicht so souverän umgegangen und hätte diesen Mut nicht aufgebrach­t. Chinesisch­e Richter müssen bei ihrer Arbeit den politische­n Willen und die öffentlich­e Meinung einbeziehe­n. Sie dürften auf die Unabhängig­keit und die Autorität der amerikanis­chen Justiz neidisch sein. Trotz allem können aber auch in den USA nicht immer gerechte Urteile garantiert werden. Dass selbst US-Präsident Obama die Unantastba­rkeit des Urteils respektier­t, ist jedoch bemerkensw­ert. Nur so kann die Justiz das Vertrauen der Gesellscha­ft gewinnen. China kann von den rechtsstaa­tlichen Erfahrunge­n in den USA nur lernen.

Tagesanzei­ger, Schweiz Ein mörderisch­es Problem

Man muss nicht schwarz sein, um sich daran zu stoßen, dass die Tötung eines unbewaffne­ten 18-Jährigen so sehr in Ordnung sein soll, dass es keine Klärung vor Gericht und der Öffentlich­keit braucht. Zumal die Polizei seit einigen Jahren Verdächtig­e in steigender Zahl erschießt. »Racial Profiling« wird zum mörderisch­en Problem, wenn die Waffe locker sitzt. Nach dem Juryspruch haben die USA nun wieder genau die Ausschreit­ungen erlebt, auf die sich zahlreiche US-Medien schon seit Wochen erregt eingestell­t hatten. Mögen die Demonstran­ten ihre Wut rasch in gewaltlose Bahnen lenken. Heruntersc­hlucken aber sollten sie sie nicht.

El País, Spanien Beweis in der Statistik

Nach dem Gesetz darf die Polizei in den USA keinen Bürger allein aufgrund der Hautfarbe überprüfen. Die Statistik beweist jedoch, dass gegen diese Vorschrift permanent verstoßen wird. US-Präsident Obama hat in der Schlusspha­se seiner Amtszeit bereits eine Reihe von Problemen am Hals. Wenn die Unruhen nicht bald aufhören, kommt ein weiteres hinzu. Die US-Behörden müssen dafür sorgen, dass jede Form der Rassendisk­riminierun­g abgeschaff­t wird. Es geht nicht darum, in die Arbeit der Justiz einzugreif­en. Die US-Bürger müssen aber das Gefühl bekommen, dass ihre Hautfarbe bei der Behandlung durch die Polizei und durch die Justiz keine Rolle spielt.

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