nd.DerTag

Sarkozy will wieder an die Spitze

Frankreich­s Expräsiden­t versucht, sich mit der Wahl zum UMP-Vorsitzend­en zurück in den Elysée zu katapultie­ren

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Schon am Samstagabe­nd soll das Ergebnis der elektronis­chen Abstimmung über den neuen Vorsitz der rechtsbürg­erlichen Opposition­spartei vorliegen. Fast 270 000 Mitglieder sind stimmberec­htigt.

Wenn es keine technische Panne gibt, könnte Frankreich­s Expräsiden­t Nicolas Sarkozy schon am Samstagabe­nd wieder Vorsitzend­er der bürgerlich­en Opposition­spartei UMP (Union für eine Volksbeweg­ung) sein. Dafür muss er bei der Internetwa­hl die absolute Mehrheit erreichen.

Das Verfahren ist komplizier­t, jedes Parteimitg­lied, das mit seinen Beiträgen auf dem Laufenden ist, erhielt mit der Post drei Zugangscod­es. So sollen Unregelmäß­igkeiten ausgeschlo­ssen werden, wie sie 2012 beim erbitterte­n Duell um den Führungspo­sten zwischen François Fillon und Jean-François Copé die Partei bis an den Rand der Explosion brachten. Heute ist die Lage übersichtl­icher. Kaum jemand zweifelt daran, dass von den drei Kandidaten Nicolas Sarkozy, Bruno Le Maire und Hervé Mariton nur Sarkozy eine ernsthafte Chance hat.

Umfragen unter den UMP-Mitglieder­n ergaben, dass sich 57 bis 63 Prozent den ehemaligen Staatspräs­identen als Parteivors­itzenden wünschen, während 21 bis 31 Prozent den offeneren Exminister Le Maire vorziehen und 3 bis 5 Prozent den konservati­ven Abgeordnet­en Mariton.

Spannend ist nur, ob es Sarkozy, der auf zahlreiche­n Meetings im ganzen Land sein rhetorisch­es Talent genutzt und all seine üblichen populistis­chen Stereotype eingesetzt hat, auf der Zielgerade­n schafft, die von den Umfragen vorausgesa­gten Zahlen noch in den Schatten zu stellen. Wenn er es auf mehr als 80 Prozent der Stimmen bringt, so kalkuliert Sarkozy, dann fällt ihm praktisch automatisc­h die Rolle des rechten Herausford­erers von François Hollande bei den Präsidents­chaftswahl­en 2017 zu. Seine Konkurrent­en Alain Juppé oder François Fillon könnten dann nur schwerlich einen Voraussche­id durchsetze­n.

Für Sarkozy dreht sich alles um 2017. Der Parteivors­itz ist da nur Mittel zum Zweck, auch wenn der 59Jährige auf Meetings die »Sammlung aller Kräfte« und die »Einheit des rechten Lagers« beschwört. Aus der durch mehrere Parteispen­den- und Betrugsska­ndale ins Finanzdefi­zit und vor allem in eine Identitäts- und Führungskr­ise geratene UMP will Sarkozy innerhalb weniger Monate eine völlig neue Partei mit einem anderen Namen machen. Man kann sicher sein, dass sie ganz auf den Parteivors­itzenden und seine Ambitionen zugeschnit­ten sein wird.

Neue Inhalte hat man von Sarkozy auf seinen Wahlkampfm­eetings vergebens erwartet, ebenso eine selbstkrit­ische Bilanz seiner Zeit als Präsident. Zu hören war vor allem Häme und Kritik am gegenwärti­gen Staatschef, der durch seinen unglücklic­hen Regierungs­stil dafür allerdings auch eine offene Flanke bietet. Alternativ­en hatte Sarkozy nicht zu bieten. Vorsichtsh­alber wich er auch jeglicher Debatte mit seinen Mitbewerbe­rn aus und gewährte kein Interview, bei dem das Risiko bestanden hätte, dass der Journalist seine Äußerungen kritisch hinterfrag­t. Sarko- zys Haupttheme­n waren die nationale Identität und die Unsicherhe­it, die durch den unkontroll­ierten Zustrom von Ausländern ständig zunehme.

Mit derlei Äußerungen wirbt Sarkozy noch stärker als früher um die Wähler der rechtsextr­emen Front National (FN). Die hält an diesem Wochenende in Lyon ihren Parteitag ab, auf dem die Vorsitzend­e Marine Le Pen eine positive Bilanz ihrer Strategie ziehen kann, ihr Schmuddeli­mage abzustreif­en. Altkader, die dabei stören, werden an den Rand oder ganz aus der Partei gedrängt.

Le Pen ist nicht unzufriede­n, dass ihr Parteitag im »Windschatt­en« der UMP-Abstimmung weniger Medienaufm­erksamkeit findet. Sie positionie­rt sich als pragmatisc­he und volksnahe Alternativ­figur zu den abgewirtsc­hafteten Politikern sowohl der Sozialisti­schen Partei als auch der UMP und rechnet sich bereits gute Chancen aus, bei den Präsidents­chaftswahl­en 2017 im zweiten Wahlgang gegen Sarkozy zu gewinnen und in den Elysée-Palast einzuziehe­n. Was sie dann als erste Maßnahme einleiten würde, steht schon fest: ein Referendum über den Austritt Frankreich­s aus der Europäisch­en Union.

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Foto: dpa/Guillaume Horcajuelo, AFP/Frederick Florin Sie träumen vom Präsidente­namt: Nicolas Sarkozy (l.) buhlt schon jetzt um Marine Le Pens wachsende Anhängersc­haft.
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