Sarkozy will wieder an die Spitze
Frankreichs Expräsident versucht, sich mit der Wahl zum UMP-Vorsitzenden zurück in den Elysée zu katapultieren
Schon am Samstagabend soll das Ergebnis der elektronischen Abstimmung über den neuen Vorsitz der rechtsbürgerlichen Oppositionspartei vorliegen. Fast 270 000 Mitglieder sind stimmberechtigt.
Wenn es keine technische Panne gibt, könnte Frankreichs Expräsident Nicolas Sarkozy schon am Samstagabend wieder Vorsitzender der bürgerlichen Oppositionspartei UMP (Union für eine Volksbewegung) sein. Dafür muss er bei der Internetwahl die absolute Mehrheit erreichen.
Das Verfahren ist kompliziert, jedes Parteimitglied, das mit seinen Beiträgen auf dem Laufenden ist, erhielt mit der Post drei Zugangscodes. So sollen Unregelmäßigkeiten ausgeschlossen werden, wie sie 2012 beim erbitterten Duell um den Führungsposten zwischen François Fillon und Jean-François Copé die Partei bis an den Rand der Explosion brachten. Heute ist die Lage übersichtlicher. Kaum jemand zweifelt daran, dass von den drei Kandidaten Nicolas Sarkozy, Bruno Le Maire und Hervé Mariton nur Sarkozy eine ernsthafte Chance hat.
Umfragen unter den UMP-Mitgliedern ergaben, dass sich 57 bis 63 Prozent den ehemaligen Staatspräsidenten als Parteivorsitzenden wünschen, während 21 bis 31 Prozent den offeneren Exminister Le Maire vorziehen und 3 bis 5 Prozent den konservativen Abgeordneten Mariton.
Spannend ist nur, ob es Sarkozy, der auf zahlreichen Meetings im ganzen Land sein rhetorisches Talent genutzt und all seine üblichen populistischen Stereotype eingesetzt hat, auf der Zielgeraden schafft, die von den Umfragen vorausgesagten Zahlen noch in den Schatten zu stellen. Wenn er es auf mehr als 80 Prozent der Stimmen bringt, so kalkuliert Sarkozy, dann fällt ihm praktisch automatisch die Rolle des rechten Herausforderers von François Hollande bei den Präsidentschaftswahlen 2017 zu. Seine Konkurrenten Alain Juppé oder François Fillon könnten dann nur schwerlich einen Vorausscheid durchsetzen.
Für Sarkozy dreht sich alles um 2017. Der Parteivorsitz ist da nur Mittel zum Zweck, auch wenn der 59Jährige auf Meetings die »Sammlung aller Kräfte« und die »Einheit des rechten Lagers« beschwört. Aus der durch mehrere Parteispenden- und Betrugsskandale ins Finanzdefizit und vor allem in eine Identitäts- und Führungskrise geratene UMP will Sarkozy innerhalb weniger Monate eine völlig neue Partei mit einem anderen Namen machen. Man kann sicher sein, dass sie ganz auf den Parteivorsitzenden und seine Ambitionen zugeschnitten sein wird.
Neue Inhalte hat man von Sarkozy auf seinen Wahlkampfmeetings vergebens erwartet, ebenso eine selbstkritische Bilanz seiner Zeit als Präsident. Zu hören war vor allem Häme und Kritik am gegenwärtigen Staatschef, der durch seinen unglücklichen Regierungsstil dafür allerdings auch eine offene Flanke bietet. Alternativen hatte Sarkozy nicht zu bieten. Vorsichtshalber wich er auch jeglicher Debatte mit seinen Mitbewerbern aus und gewährte kein Interview, bei dem das Risiko bestanden hätte, dass der Journalist seine Äußerungen kritisch hinterfragt. Sarko- zys Hauptthemen waren die nationale Identität und die Unsicherheit, die durch den unkontrollierten Zustrom von Ausländern ständig zunehme.
Mit derlei Äußerungen wirbt Sarkozy noch stärker als früher um die Wähler der rechtsextremen Front National (FN). Die hält an diesem Wochenende in Lyon ihren Parteitag ab, auf dem die Vorsitzende Marine Le Pen eine positive Bilanz ihrer Strategie ziehen kann, ihr Schmuddelimage abzustreifen. Altkader, die dabei stören, werden an den Rand oder ganz aus der Partei gedrängt.
Le Pen ist nicht unzufrieden, dass ihr Parteitag im »Windschatten« der UMP-Abstimmung weniger Medienaufmerksamkeit findet. Sie positioniert sich als pragmatische und volksnahe Alternativfigur zu den abgewirtschafteten Politikern sowohl der Sozialistischen Partei als auch der UMP und rechnet sich bereits gute Chancen aus, bei den Präsidentschaftswahlen 2017 im zweiten Wahlgang gegen Sarkozy zu gewinnen und in den Elysée-Palast einzuziehen. Was sie dann als erste Maßnahme einleiten würde, steht schon fest: ein Referendum über den Austritt Frankreichs aus der Europäischen Union.