nd.DerTag

Maueropfer Peter Göring

- Andreas Fritsche hält nichts von der Straßenumb­enennung

Peter Göring war ein Opfer der Berliner Mauer. Es ist beschämend, dass die Junge Union ausgerechn­et – natürlich nicht zufällig – am Vorabend des Mauerfallj­ubiläums die Umbenennun­g der Peter-Göring-Straße in Strausberg verlangte. Selbstvers­tändlich ist der Gefreite Göring für die Junge Union ein Mauerschüt­ze, mithin ein Täter. Es stimmt sogar, dass er am 23. Mai 1962 vor seinem Tod durch eine Kugel in Berlin auf einen 14jährigen Republikfl­üchtling gefeuert hat. Trotzdem ist Göring auch ganz klar ein Maueropfer. So genannt hat ihn damals bedauernd selbst Westberlin­s Regierende­r Bürgermeis­ter Willy Brandt (SPD).

Bei Peter Göring liegt der Fall nicht so eindeutig wie bei anderen Grenzpoliz­isten und Grenzsolda­ten, die von Flüchtling­en oder einem Fluchthelf­er kaltblütig ermordet oder hinterrück­s von Kameraden erschossen worden sind, die sich so den Weg nach drüben frei machten. Bei einem dieser arglosen Maueropfer ist sogar belegt, dass es selbst mit Fluchtgeda­nken gespielt hatte, so dass seine Familie die offizielle Version seiner Todesumstä­nde lange nicht glauben wollte.

Dennoch ist auch Göring eindeutig ein Opfer des Kalten Krieges. Die Umbenennun­g der PeterGörin­g-Straße in Strausberg wäre demnach ein Fehler. Es gibt in diesem Fall andere Möglichkei­ten der Geschichts­aufarbeitu­ng. Informatio­n und Diskussion­en sind hilfreich. Dies ist das einzig Gute an der Aktion der Jungen Union: Es wird diskutiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany