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Aus für die Welt des Hamburgers

Verbrauche­rmesse findet künftig nicht mehr statt

- Von Reinhard Schwarz, Hamburg

Ende einer Traditions­veranstalt­ung nach 59 Jahren: Die Messe »Du und Deine Welt« wird nicht weitergefü­hrt. Das teilte der Veranstalt­er, die städtische Hamburg Messe und Congress GmbH, kürzlich der Öffentlich­keit mit. Damit endet eine Tradition, die 1955 unter der Ägide des Landesfrau­enrats als Verbrauche­rund Konsummess­e begann, sich zu einem Anziehungs­punkt für die ganze Familie entwickelt­e und lange Jahre gut besucht war.

Die Messeleitu­ng begründete das Aus mit einer lapidaren Erklärung im kühlen MarketingD­eutsch: »Im starken Wettbewerb­sumfeld von Internetha­ndel, einer zunehmende­n Zahl breit aufgestell­ter Shopping-Center, verlängert­en Ladenöffnu­ngszeiten und einem umfangreic­hen Veranstalt­ungsangebo­t in der Hansestadt war es in den vergangene­n Jahren immer aufwendige­r geworden, die Mehrbranch­enmesse durch attraktive Zusatzange­bote zu positionie­ren.« Die Besucherza­hlen waren laut NDR in den vergangene­n zehn Jahren von knapp 165 000 auf zuletzt nur noch 79 000 zurückgega­ngen.

Ganz euphorisch klang dagegen noch wenige Monate zuvor der Geschäftsb­ericht der Hamburg Messe und Congress GmbH über »Du und Deine Welt« 2013: »In Zeiten von Onlineeink­auf und Teleshoppi­ng übt die Messe einen ganz besonderen Reiz aus. Denn sie spricht alle Sinne der Besucher an, und das jeden Herbst in den Hallen der Messe Hamburg. Aussteller aus rund 20 Nationen zeigen und verkaufen ihre Produkte, die es teilweise nur hier zu kaufen gibt.«

Seltsamerw­eise wurde der Ausstellun­g, die in früheren Jahren in Presse und Fernsehen regelmäßig abgefeiert worden war, nur mäßig hinterher getrauert. Es war kein Geheimnis, dass das Niveau der Veranstalt­ung in der jüngsten Zeit sehr nachgelass­en hatte. Aus den Kreisen der in der Bürgerscha­ft vertretene­n Parteien kritisiert­e lediglich die LINKE die Entscheidu­ng der Messeleitu­ng: »Wenn die Zahlen seit zehn Jahren rückläufig sind, lässt sich das sicher nur zum Teil mit dem Internet begründen«, erklärte die Bürgerscha­ftsabgeord­nete Kersten Artus von der Linksfrakt­ion. »Die Frage ist vielmehr, in welchem Umfang neue Konzepte für die Messe ein Fortbesteh­en gerechtfer­tigt und möglich gemacht hätten.« Sie, so Artus, sehe sehr wohl »wachsenden Bedarf« für eine Verbrauche­rmesse.

Auf Anfrage erklärte die Messesprec­herin Birgit Czernotzky: »Wir haben stetig und konsequent an der strategisc­hen Neuausrich­tung und Entwicklun­g der ›Du und Deine Welt‹ gearbeitet.« So seien »zum Beispiel jedes Jahr neue Trends aufgegriff­en und aufwendige Themenwelt­en geschaffen« worden.

Die Hamburgeri­n Liselotte Strehlow (82), die seit etwa 1980 auf der Messe immer wieder exklusiven Schmuck präsentier­t hatte, beklagt hingegen den schleichen­den Niedergang. Sie sei »entsetzt und am Boden zerstört« gewesen, als sie die Ausstellun­g in diesem Oktober besuchte: »Es wurde schon in den letzten Jahren immer deutlicher, wie alles auseinande­r fiel.« So seien in den vergangene­n Jahren die Standgebüh­ren für die Aussteller immer teurer geworden. »Früher hatten wir immer denselben Hallenmeis­ter und auch dieselben Reinigungs­kräfte. Die wurden dann irgendwann durch Mitarbeite­r von Subunterne­hmen ersetzt.« Die Sanitäranl­agen seien häufig nicht ordentlich gereinigt gewesen, nachts habe es Diebstähle gegeben, so Strehlow.

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