Cesare Beccaria
Im Sommer 1764 war in Livorno anonym seine Schrift »Dei delitti e delle pene« (Über Verbrechen und Strafen) erschienen – ein von den Ideen Francis Bacons, Charles de Montesquieus, David Humes, Claude Helvétius’ und Jean Jacques Rousseaus beeinflusster Appell gegen Folter und Todesstrafe und für ein gerechtes, willkürfreies, tat- und schuldangemessenes Strafrecht.
Cesare Beccaria, den sein Vater wegen einer nicht standesgemäßen Eheschließung von der Verwaltung der Familiengüter ausgeschlossen hatte, verkehrte in einem der Aufklärung verbundenen philosophischen Zirkel. Ein Freund, der Philosoph und Nationalökonom Graf Pietro Verri, und sein Bruder, der Schriftsteller Alessandro Verri, hatten den knapp 25-Jährigen dazu gebracht, den Traktat in nur wenigen Wochen niederzuschreiben. Allgemeinverständlich analysierte Beccaria die damalige Strafjustiz und entwickelte Ideen zu deren Reform. Die Strafe, so forderte er, müsse der Tat auf dem Fuße folgten. Nur dann sei eine Gesellschaft sicher. Seine Prinzipien: ratio- nales Vorgehen in der Verbrechensbekämpfung, schriftliche Fixierung der Strafgesetze, Öffentlichkeit der Strafverfahren, Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, Bemessung der Schwere des Delikts nach dem Schaden an der Gesellschaft und Verhältnismäßigkeit der Strafen. Zudem sei mehr Augenmerk auf die Prävention zu legen, da es besser sei vorzubeugen als zu bestrafen. Die Folter nannte Beccaria »das sichere Mittel, kräftige Verbrecher freizusprechen und schwache Unschuldige zu verurteilen«; sie war für ihn kein Mittel zur Erkennung der Wahrheit und nur eines Kannibalen würdig.
Der schmale, knapp 100 Seiten fassende Traktat erregte ungeheures Aufsehen in ganz Europa und auch in Amerika. Russlands Zarin Katharina II. (»die Große«) ließ sich von ihm ebenso inspirieren wie Kaiser Leopold II. und der Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und spätere US-Präsident Thomas Jefferson. Allerorten kamen Diskussionen über die Reform des Strafverfahrens in Gang. Doch Beccarias Schrift rief auch Widerspruch hervor, ja wütende Ablehnung. Wegen ihres aufklärerischen Impetus wurde sie von der katholischen Kirche 1766 auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt.
Der italienische Jurist, Rechtsphilosoph und Strafrechtsreformer Cesare Bonesana Conto di Beccaria starb vor 220 Jahren, am 28. November 1794, im Alter von nur 56 Jahren im damals habsburgischen Mailand.