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Wer kommt für Klimaschäd­en und Verluste auf?

Jan Kowalzig (Oxfam) über die unterschie­dlichen Positionen von Industrie-, Schwellen- und Entwicklun­gsländern in den Klimaverha­ndlungen

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Die Entwicklun­gsländer hatten erwartet, in Lima Hilfszusag­en für die Anpassung an den Klimawande­l zu bekommen. Worum ging es genau?

Die Entwicklun­gsländer wollten, dass sich die Industriel­änder in den nächsten Jahren ernsthaft mit der Frage auseinande­rsetzen, wie sie das selbst gesteckte Ziel erreichen wollen, die Klimahilfe­n bis 2020 auf 100 Milli-

Jan Kowalzig,

Susanne Ehlerding. arden Dollar jährlich anzuheben. Dafür wollten die Entwicklun­gsländer einen Fahrplan und die Industriel­änder haben sich gewehrt.

Arme Länder bekommen also nicht die Sicherheit, die sie bräuchten, um selbst auch Zusagen für die Reduzierun­g von Treibhausg­asemission­en zu machen?

Genau, und zwar in zweierlei Hinsicht: Sie bekommen keine Vorhersagb­arkeit, wie die 100 Milliarden Dollar bis 2020 erreicht werden sollen. Davon hängt mittelbar ab, was sie selber an Maßnahmen planen können. Das andere ist, dass wir nach Lima noch nicht geklärt haben, ob die Finanzieru­ng Bestandtei­l des neuen Klimaabkom­mens sein wird. Konkrete Unterstütz­ungsleistu­ngen der Industriel­änder wurden nicht beschlosse­n.

Auf diese Problemati­k weist auch eine in Lima vorgestell­te neue Studie des UN-Umweltprog­ramms UNEP zu den Kosten des Klimawande­ls hin. Was ist die Kernaussag­e?

Die Kosten sind gegenüber bisherigen Abschätzun­gen um den Faktor zwei bis drei größer. Das erhöht den Druck, sich zu überlegen, wie die Kosten für Anpassungs­maßnahmen abgedeckt werden. Je weniger Anpassung die Entwicklun­gsländer leisten können, um so mehr wird es zu »Loss and Damage« (Schäden und Verlusten, d.Red.) kommen.

Dieses Thema ist einer der Hauptstrei­tpunkte zwischen Industrieu­nd Entwicklun­gsländern. Worum geht es?

Die ärmsten Länder und die kleinen Inselstaat­en wollen, dass »Loss and Damage« eine eigene Säule im neuen Abkommen wird. Die Industriel­änder wehren das ab und sagen, dass es ja schon ein Teil des Themas »Anpassung an den Klimawande­l« ist. Sie wollen diesen Punkt möglichst klein halten, sonst würde ein ganz neuer Bereich aufgemacht, in dem man über Geld und Ausgleichs­zahlungen reden müsste. Bleibt das so, werden aber ausgerechn­et die Menschen im Stich gelassen, die am stärksten vom Klimawande­l betroffen sind.

Auch die Schwellenl­änder gehörten in Lima zu den Bremsern. Warum?

Sie haben Angst, dass sie zu stark in das neue Abkommen eingebunde­n werden, obwohl sie noch große Bevölkerun­gsschichte­n haben, die in extremer Armut leben. Deshalb haben Schwellenl­änder wie Indien, China und Malaysia den Text so beeinfluss­t, dass eine gewisse Grenze zwischen Industrie- und Schwellenl­ändern aufrechter­halten wird. Sie stammt aus dem Kyoto-Protokoll, laut dem die Industriel­änder Emissionen mindern müssen, Entwicklun­gsländer aber nicht. Diese Grenze aufrecht zu erhalten, ist zum Teil ungerecht, weil die Schwellenl­änder aufgrund ihrer wirtschaft­lichen Leistungsf­ähigkeit auch Verantwort­ung für den Klimawande­l haben. Aber es ist auch richtig, dass die Industriel­änder nach wie vor nicht annähernd das tun, was man von ihnen gerechterw­eise erwarten könnte.

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Foto: Oxfam Was bedeutet der Minimalkom­promiss von Lima für die Entwicklun­gsländer und die Frage der Klimagerec­htigkeit?Referent für Klimawande­l und Klimapolit­ik bei der Hilfsorgan­isation Oxfam Deutschlan­d, befürchtet, dass ausgerechn­et die Menschen im Stich gelassen werden, die am stärksten von den Folgen der Erderwärmu­ng betroffen sind. Mit ihm sprach

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