Altmeister
Der Sender CBS (Columbia Broadcasting System) ist in den USA ungefähr das, was die ARD für Deutschland ist: eine Institution. Allerdings mit einem klitzekleinen Unterschied: CBS war schon von Anbeginn (1927 als Radiosender, zwölf Jahre später als TV-Kanal) ein Kommerzsender. Geprägt hat CBS die Medienlandschaft vor allem – und da gibt es eben die Parallelen – durch teils spektakuläre Innovationen, die sich ins kollektive Gedächtnis der US-Bevölkerung einprägten. Eine davon war das Hörspiel »Krieg der Welten« von Orson Welles 1938, eine andere der Nighttalk mit David Letterman.
Der kam Anfang der 1990er Jahre von der Konkurrenz NBC zu CBS, nachdem er dort durch Jay Leno ersetzt worden war. Seitdem prägte der 1947 in Indianapolis (Indiana) geborene Moderator das Außenbild des Senders. Die Einschaltquoten von »Late Show with David Letterman« schnellten fast im Gleichtakt mit den Honoraren, die CBS für Letterman herzugeben bereit war, in die Höhe; umgerechnet 25 Millionen Euro zahlt der Sender inzwischen jährlich an den Moderator, der durch seinen schwarzen, regelmäßig grenzüberschreitenden Humor so berühmt wie berüchtigt ist.
Man tut Letterman allerdings Unrecht, ihn lediglich als Komiker oder Satiriker zu bezeichnen oder sein Wirken der Unterhaltungs- branche zuzurechnen. Millionen von Amerikanern, die längst keine Zeitung mehr lesen und keine Politik-Sendungen oder Nachrichten im Fernsehen mehr schauen, erfahren in seiner Sendung das Wichtigste vom Tage. Ähnlich wie Oliver Welke von der »heuteshow« im ZDF ist Letterman eine Art Nachrichtensprecher für die Generation der unter Dreißigjährigen.
Doch Letterman ist in die Jahre gekommen. Die Quoten sanken und CBS hat sich schon vor einem Jahr nach einem Nachfolger umgesehen und diesen in dem 50-jährigen Stephen Colbert gefunden. Nur der Zeitpunkt des Abschieds von David Letterman stand noch nicht fest. Jetzt hat ihn der Sender bekanntgegeben: Am 20. Mai 2015 wird der Altmeister aufs Altenteil verabschiedet.