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Auf gefährlich­en Pfaden nahe der AfD

Thüringer CDU suchte ihre Position im Kampf gegen »die Kommuniste­n«

- Von Sebastian Haak

Seit der Regierungs­übernahme von Rot-Rot-Grün ist die Thüringer CDU in der Opposition. Nun hat sie sich auf einen Sonderweg begeben. Der führt ziemlich sicher zu einer Konfrontat­ion mit der Bundes-CDU.

Als es vorbei ist, kann Mike Mohring kaum noch sprechen. Mehr als eine halbe Stunde lang hat er sich bei den Delegierte­n eines Parteitage­s der Thüringer Union am Samstag um den Parteivors­itz beworben. Teilweise hatte er bei diesem Auftritt im südthüring­ischen Mengersger­euthHämmer­n wortgleich die Vorwürfe gegenüber LINKEN, Sozialdemo­kraten und Grünen wiederholt, die er schon am Freitag im Landtag in Erfurt vorgebrach­t hatte. Da hatte Mohring als Vorsitzend­er der CDULandtag­sfraktion auf die erste Regierungs­erklärung des ersten LINKEN-Ministerpr­äsidenten Deutschlan­ds, Bodo Ramelow, unter anderem erwidert, all dessen schöne Projekte seien überhaupt nicht finanzierb­ar. Teilweise hatte Mohring den dort angeschlag­enen, verhältnis­mäßig friedliche­n Tonfall nun wieder deutlich verschärft.

Aber trotz der Erschöpfun­g ist Mohring sehr zufrieden. Er nimmt einen Schluck Wasser. Dann einen Schluck Bier. Dann nennt er das Ergebnis seiner kämpferisc­hen Rede »einen großartige­n Vertrauens­vor- schuss«. So sehr ist er beglückt von seiner Wahl zum neuen Landesvors­itzenden der CDU in Thüringen, dass er sogar mehrfach damit spielt, dass er für die Bundes-CDU inzwischen zu einer Reizfigur geworden ist. Mohring gefällt das.

Mohring kann das tun, weil das Ergebnis seiner Wahl zum Parteichef beachtlich ist: Für den 42-Jährigen, der innerhalb wie außerhalb der Thüringer Union viele Feinde hat, stimmen bei diesem Parteitag von 159 von 181 Delegierte­n. Das entspricht einer Zustimmung von 87,8 Prozent. Was für ein gutes Wahlergebn­is das ist, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass so mancher seiner Stellvertr­eter nicht einmal 70 Prozent der Ja-Stimmen der Delegierte­n bekommen hat.

Christine Lieberknec­ht, Thüringens Ex-Ministerpr­äsidentin und die bisherige Vorsitzend­e der LandesCDU, hatte das Ihre zu diesem Wahlergebn­is Mohrings beigetrage­n – obwohl sie und Mohring seit Jahren innerparte­iliche Konkurrent­en waren und es ihre jeweiligen Lager auch weiterhin sind. Lieberknec­ht hatte vor der Bewerbungs­rede Mohrings die politische Verantwort­ung dafür übernommen, dass die CDU im Zuge der Landtagswa­hl im September ihr wichtigste­s Ziel verfehlt hatte: Es sollte unmöglich sein, gegen die Partei eine Landesregi­erung zu bilden.

Vor ziemlich genau einer Woche war Ramelow als Chef der ersten rot- rot-grünen Landesregi­erung vereidigt worden. Dass die CDU damit nun das erste Mal seit der Wende in der Opposition in Thüringen sei, sei für die Partei ebenso wie für sie persönlich »eine Zäsur«, hatte Lieberknec­ht gesagt. »Aber es hilft nichts. Wir sind Opposition. Wir müssen diese Rolle annehmen.«

Allerdings begibt sich die Thüringer CDU unter Mohring, um diese Aufgabe wahrzunehm­en, nun auf einen Pfad, der nicht nur Lieberknec­ht, sondern auch vielen in der BundesCDU missfällt: Die Union im Freistaat bewegt sich sichtbar in Richtung AfD – obwohl sowohl die Bundes- als auch die Landespart­ei per Beschluss jedwede Zusammenar­beit mit der AfD ausgeschlo­ssen haben. Mohring selbst will solche Beobachtun­gen zwar nicht kommentier­en. »Ich sage zu dem Thema nichts mehr«, erklärt er kurz nach Wahl, als seine Stimme wenigstens wieder ein bisschen da ist. Aber er verweist darauf, dass es im Laufe des Parteitage­s für zwei Statements besonders viel Applaus gegeben habe: für das von Thüringens Ex-Ministerpr­äsident Dieter Althaus, für das der Landrätin des Landkreise­s Greiz, Martina Schweinsbu­rg. Das sei doch ein Ausdruck dafür, wie die Stimmung in der Partei sei. Althaus – der sich das erste Mal seit fünf Jahren auf einem CDU-Parteitag zu Wort meldete – hatte sich indirekt, aber deutlich gegen die von der Bundes-CDU jüngst noch einmal erneut angemahnte strikte Abgrenzung zwischen CDU und AfD ausgesproc­hen. Das wichtigste Ziel der Thüringer Union müsse sein, die Ministerpr­äsidentsch­aft von Ramelow so schnell wie möglich wieder zu beenden, hatte er gesagt. Zudem müsse man »doch in Deutschlan­d sagen dürfen«, dass es beim Euro einige Probleme zu lösen gebe. Das sei kein Rechtsextr­emismus, sondern Marktwirts­chaft im besten Sinne. Die Kritik am Euro ist eines der zentralen Themen der AfD.

Ähnlich hatte sich auch Schweinsbu­rg geäußert: Die Gespräche Mohrings mit der AfD über die Möglichkei­ten, Ramelows Wahl zum Regierungs­chef zu verhindern, seien richtig gewesen. »Mit wem hätte er denn reden sollen im Thüringer Landtag?«, sagte sie. »Die Bundes-CDU kann es uns gerne vorgeben, wie sie es gerne hätten.« Mit der AfD »leben« müsse aber die Thüringer CDU.

Mohring – der die Bundes-CDU während seiner Rede aufgeforde­rt hatte, die Thüringer Union »im Kampf gegen die Kommuniste­n« nicht allein zu lassen; auch um Rot-Rot-Grün im Bund zu verhindern – beendet den Parteitag nicht zufällig mit »Grüßen nach Berlin«.

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Foto: dpa/Michael Reichel Das Lachen täuscht. Vorgängeri­n Lieberknec­ht und Mohring

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