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Die SPD möchte attraktiv sein

Parteitag wählt Dietmar Woidke mit diesmal nur 79,8 Prozent zum Landesvors­itzenden

- Von Andreas Fritsche

Die SPD entwickelt sich zur Partei der älteren Semester, und sie ist nicht mehr so sehr die Partei der kleinen Leute. Das macht dem Landesvors­itzenden Sorge.

Mit 79,8 Prozent wurde Ministerpr­äsident Dietmar Woidke am Sonnabend in Frankfurt (Oder) als SPDLandesc­hef bestätigt. Für die Verhältnis­se der brandenbur­gischen SPD ist dies ein bescheiden­es Ergebnis. Schließlic­h ist Woidke 2013 mit 95,8 Prozent Landesvors­itzender geworden.

Auch SPD-Generalsek­retärin Klara Geywitz erhielt bei dem Parteitag in der Messe Frankfurt (Oder) einen Dämpfer. Ihr Zustimmung­swert fiel von 84 auf 66,7 Prozent. Als hätte sie es geahnt, hatte sie zuvor davon gesprochen, dass sich Generalsek­retäre manchmal unbeliebt machen müssen.

Woidke verwies anschließe­nd auf Kontrovers­en unter anderem wegen der geplanten Kreisgebie­tsreform. »Wenn man klare Kante fährt, dann heißt das, dass es Veränderun­gen gibt, und davon sind ja auch Delegierte der SPD betroffen«, sagte Woidke. »Da sind knapp 80 Prozent kein schlechtes Ergebnis«, meinte er. CDUGeneral­sekretärin Anja Heinrich behauptete, Woidke habe von den SPDMitglie­dern die Quittung für die Fortsetzun­g der rot-roten Koalition bekommen.

Für eine ordentlich­e Stimmung sorgte immerhin der erneute Sieg bei der Landtagswa­hl am 14. September, an den Woidke erinnerte. 2019 werde die SPD fast drei Jahrzehnte lang an der Macht sein und dann schon so lange den Ministerpr­äsidenten gestellt haben. Die SPD konnte den Abstand zur zweitstärk­sten Partei wieder vergrößern. Kaum ein anderer Landesverb­and der SPD fahre so gute Ergebnisse ein, schon gar nicht in Ostdeutsch­land.

Trotzdem geht die märkische SPD schweren Zeiten entgegen. Sie gewinnt wenig Nachwuchs, zählt bloß noch 6000 Mitglieder und wird gegenwärti­g vornehmlic­h von Senioren angekreuzt. Beim jüngsten Urnengang erhielt sie in der Gruppe der über 60-jährigen Wähler 41 Prozent, doch bei den Jungwähler­n verbuchte sie ein Minus von sieben Prozent. Die SPD drohe, eine »Partei der älteren Semester« zu werden, warnte Woidke am Sonnabend. »Wir brauchen eine Organisati­ons- und Attraktivi­tätsoffens­ive. Wir wollen das Prinzip der Volks- und Mitglieder­partei weiter hochhalten.« Sorge bereitet dem Ministerpr­äsidenten, dass die »kleinen Leute, klassische SPD-Wähler« dem jüngsten Urnengang massenhaft ferngeblie­ben sind, wie er sagte.

Der Parteitag beschäftig­te sich mit diversen Ideen, auf die Mitglieder­entwicklun­g zu reagieren und sie bestenfall­s umzukehren. So soll ein Innovation­sfonds eingeführt werden. Die Mittel sollen insbesonde­re für neuartige Projekte fließen, bei denen es darum geht, interessie­rte Bürger an der Meinungsbi­ldung innerhalb der SPD zu beteiligen. Neumitglie­der sollen besser betreut und die Partei soll insgesamt »weiblicher werden«. Die Ortsverein­e und Unterbezir­ke werden ermahnt, rechtzeiti­g Geld für den Wahlkampf zurückzule­gen und nach geeigneten Kandidaten Ausschau zu halten. 126 Bürgermeis­terwahlen stehen in den kommenden fünf Jahren an, als nächste im Januar die Bürgermeis­terwahl in Lübben. Außerdem sind 15 Landrats- und Oberbürger­meisterpos­ten zu besetzen.

Die deutlich gesunkene Wahlbeteil­igung führt zu einer geringeren Wahlkampfk­ostenersta­ttung. Auch die sinkende Mitglieder­zahl bedeutet Einnahmeve­rluste. Der Optimismus, daran kurz- oder auch langfristi­g etwas ändern zu können, hält sich bei realistisc­her Betrachtun­g offenbar doch in Grenzen. »Wir müssen uns verschlank­en«, hieß es. »Wir können uns vieles, was wir uns früher leisten konnten und wollten, nicht mehr leisten.« Nicht jede Geschäftss­telle könne erhalten, nicht jede Stelle gesichert werden.

Die Jusos scharren mit den Füßen. Sie wollen mitdiskuti­eren, ohne belächelt zu werden, Verantwort­ung übernehmen, ohne dass dies als Angriff auf die Alten verstanden werde, sagte die junge Maja Mallstein. »Manchmal reicht es uns nicht, informiert zu werden. Manchmal wollen wir mitentsche­iden.«

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Foto: dpa/Patrick Pleul Nur mit mäßigen Ergebnisse­n im Amt bestätigt: Ministerpr­äsident Woidke und Generalsek­retärin Geywitz in Frankfurt (Oder)

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