Die SPD möchte attraktiv sein
Parteitag wählt Dietmar Woidke mit diesmal nur 79,8 Prozent zum Landesvorsitzenden
Die SPD entwickelt sich zur Partei der älteren Semester, und sie ist nicht mehr so sehr die Partei der kleinen Leute. Das macht dem Landesvorsitzenden Sorge.
Mit 79,8 Prozent wurde Ministerpräsident Dietmar Woidke am Sonnabend in Frankfurt (Oder) als SPDLandeschef bestätigt. Für die Verhältnisse der brandenburgischen SPD ist dies ein bescheidenes Ergebnis. Schließlich ist Woidke 2013 mit 95,8 Prozent Landesvorsitzender geworden.
Auch SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz erhielt bei dem Parteitag in der Messe Frankfurt (Oder) einen Dämpfer. Ihr Zustimmungswert fiel von 84 auf 66,7 Prozent. Als hätte sie es geahnt, hatte sie zuvor davon gesprochen, dass sich Generalsekretäre manchmal unbeliebt machen müssen.
Woidke verwies anschließend auf Kontroversen unter anderem wegen der geplanten Kreisgebietsreform. »Wenn man klare Kante fährt, dann heißt das, dass es Veränderungen gibt, und davon sind ja auch Delegierte der SPD betroffen«, sagte Woidke. »Da sind knapp 80 Prozent kein schlechtes Ergebnis«, meinte er. CDUGeneralsekretärin Anja Heinrich behauptete, Woidke habe von den SPDMitgliedern die Quittung für die Fortsetzung der rot-roten Koalition bekommen.
Für eine ordentliche Stimmung sorgte immerhin der erneute Sieg bei der Landtagswahl am 14. September, an den Woidke erinnerte. 2019 werde die SPD fast drei Jahrzehnte lang an der Macht sein und dann schon so lange den Ministerpräsidenten gestellt haben. Die SPD konnte den Abstand zur zweitstärksten Partei wieder vergrößern. Kaum ein anderer Landesverband der SPD fahre so gute Ergebnisse ein, schon gar nicht in Ostdeutschland.
Trotzdem geht die märkische SPD schweren Zeiten entgegen. Sie gewinnt wenig Nachwuchs, zählt bloß noch 6000 Mitglieder und wird gegenwärtig vornehmlich von Senioren angekreuzt. Beim jüngsten Urnengang erhielt sie in der Gruppe der über 60-jährigen Wähler 41 Prozent, doch bei den Jungwählern verbuchte sie ein Minus von sieben Prozent. Die SPD drohe, eine »Partei der älteren Semester« zu werden, warnte Woidke am Sonnabend. »Wir brauchen eine Organisations- und Attraktivitätsoffensive. Wir wollen das Prinzip der Volks- und Mitgliederpartei weiter hochhalten.« Sorge bereitet dem Ministerpräsidenten, dass die »kleinen Leute, klassische SPD-Wähler« dem jüngsten Urnengang massenhaft ferngeblieben sind, wie er sagte.
Der Parteitag beschäftigte sich mit diversen Ideen, auf die Mitgliederentwicklung zu reagieren und sie bestenfalls umzukehren. So soll ein Innovationsfonds eingeführt werden. Die Mittel sollen insbesondere für neuartige Projekte fließen, bei denen es darum geht, interessierte Bürger an der Meinungsbildung innerhalb der SPD zu beteiligen. Neumitglieder sollen besser betreut und die Partei soll insgesamt »weiblicher werden«. Die Ortsvereine und Unterbezirke werden ermahnt, rechtzeitig Geld für den Wahlkampf zurückzulegen und nach geeigneten Kandidaten Ausschau zu halten. 126 Bürgermeisterwahlen stehen in den kommenden fünf Jahren an, als nächste im Januar die Bürgermeisterwahl in Lübben. Außerdem sind 15 Landrats- und Oberbürgermeisterposten zu besetzen.
Die deutlich gesunkene Wahlbeteiligung führt zu einer geringeren Wahlkampfkostenerstattung. Auch die sinkende Mitgliederzahl bedeutet Einnahmeverluste. Der Optimismus, daran kurz- oder auch langfristig etwas ändern zu können, hält sich bei realistischer Betrachtung offenbar doch in Grenzen. »Wir müssen uns verschlanken«, hieß es. »Wir können uns vieles, was wir uns früher leisten konnten und wollten, nicht mehr leisten.« Nicht jede Geschäftsstelle könne erhalten, nicht jede Stelle gesichert werden.
Die Jusos scharren mit den Füßen. Sie wollen mitdiskutieren, ohne belächelt zu werden, Verantwortung übernehmen, ohne dass dies als Angriff auf die Alten verstanden werde, sagte die junge Maja Mallstein. »Manchmal reicht es uns nicht, informiert zu werden. Manchmal wollen wir mitentscheiden.«