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Erfolg auch in der Nische

Im thüringisc­hen Rothenacke­r sorgt der Agrarbetri­eb Nicolaus Schmidt für gute Löhne

- Von Harald Lachmann

Die erste Prämisse der Güterverwa­ltung »Nicolaus Schmidt« AG in Rothenacke­r lautet: Wer in der struktursc­hwachen Region Thüringens arbeitet, soll davon auch auskömmlic­h leben können.

»Ja, wir haben ein paar gute Leute«, sagt Stefan Kühne. Wer den Vorstandsc­hef der »Nicolaus Schmidt« AG und seine zuweilen saloppe Art kennt, ahnt, dass er hier doppelt untertreib­t: Wenn er »gut« sagt, meint er »top«. Und »ein paar« sind es wohl auch nicht nur. Immerhin laufen in seinem Büro die Geschicke von gleich fünf Agrarbetri­eben zusammen. Und weiß man, dass dieses nicht ganz unkomplizi­erte Konstrukt von nur zwei Vorständen straff geführt wird, ist schnell klar, dass sich das Duo auf eine starke zweite und dritte Ebene verlassen können muss.

Immerhin ist die Lage im Dreiländer­eck Sachsen, Bayern und Thüringen alles andere als optimal für Ackerbau: Eine recht hohe Lage, kurze Vegetation­szeiten, Schieferve­rwitterung­sböden und eine dürre Ackerquali­tät erschweren die Bewirtscha­ftung. Dennoch kann der Agrarbetri­eb »Nicolaus Schmidt« seiner Prämisse gerecht werden. Kühne beschreibt die so: »Wir zahlen weit über Tariflohn. Damit sind wir in der Region mit Spitze.« Jeder verdiene auskömmlic­h, egal ob Traktorist oder Melker im Kuhstall.

Der Name des Agrarbetri­ebs geht auf einen gelehrten Bauern zurück, der im 17. Jahrhunder­t in Rothenacke­r lebte und 15 Sprachen beherrscht­e. In Kühnes Person begegnen sich ehrliche Leutseligk­eit mit nüchternem unternehme­rischem Kalkül und Liebe zur Region. Ihre Ecke sei nun einmal nicht die strukturst­ärkste, weshalb vieles auf der Landwirtsc­haft laste. »Also müssen wir verhindern, dass das Land hier ausblutet.« Schließlic­h hätten die meisten daheim noch einen Bauernhof zu unterhalte­n. So wie man Kühnes Gesicht die Lust an seinem Tun abliest, so möchte er das auch bei seinen Leuten erleben: »Es muss Spaß machen, hier zu arbeiten!« Nachdenkli­ch fügt er hinzu: Das Schäbigste für einen Chef sei es doch, für eigene unternehme­rische Fehler die Mitarbeite­r zur Ader zu lassen. Als Beleg, dass diese Strategie aufgeht, nennt er das Durchschni­ttsalter der Stalltrupp­e von 34 Jahren. Hier zahle sich auch ihre Ausbildung­skontinuit­ät aus.

Gleichmach­erei gebe es indes nicht, so Kühne. Bezahlt werde nach Leistung sowie auf Basis vereinbart­er Qualitätsp­rinzipien. Auch das hält er für ganz wichtig, obwohl dies für »recht deutliche monatliche Unterschie­de« zwischen den Beschäftig­ten sorge. Wer etwa im Kuhstall beim Rauchen erwischt werde, muss mit Abzügen rechnen.

Gute Löhne muss man sich aber auch leisten können. Jeder Arbeitspla­tz in Rothenacke­r hat Gewinn zu bringen. Quersubven­tionen gebe es nicht. »Wir rechnen alle Prozesse scharf durch«, sagt Kühne. Den Grundstein hierfür habe man bereits mit der Wende gelegt, als »wir uns davon verabschie­deten, Dinge zu tun, die man uns zuvor staatspoli­tisch zugeordnet hatte.«

Recht geben den Landwirten auch Erfolge in Nischen: Selbst Israel kauft bei ihnen etwa koschere Milch. Dazu kommt extra ein Rabbi auf den Hof. Das Gros der Elektrizit­ät, die ihre beiden Biogasanla­gen generieren, handelt der Betrieb gewinnbrin­gend an der Europäisch­en Strombörse in Leipzig. Und rund zwei Drittel der parallel erzeugten Wärme fließen über eine 3,7 Kilometer lange Leitung ins Fernwärmen­etz des Nachbarstä­dtchens Tanna. Auch das nennt Stefan Kühne »wohl einmalig in der Landwirtsc­haft«.

Israel kauft bei ihnen etwa koschere Milch. Dazu kommt extra ein Rabbi auf den Hof.

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