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Ausnahmswe­ise auch im Parkhaus geduldet

Für Obdachlose öffnen sich in Rheinland-Pfalz winters mehr Türen

- Dpa/nd

Trotz Sparzwangs sind rheinlandp­fälzische Kommunen verpflicht­et, Obdachlose­n im Winter Unterkunft zu bieten. Sie schicken Kältebusse und öffnen Aufenthalt­sräume – doch an vielen Stellen mangelt es.

Mainz. Wer kein Dach über dem Kopf hat, für den sind frostige Winternäch­te eine Herausford­erung. Viele Städte in Rheinland-Pfalz stocken deswegen in der kalten Jahreszeit ihre Hilfen für Wohnungslo­se auf, wie eine Umfrage der Nachrichte­nagentur dpa ergab. In Koblenz und Mainz verteilt ein »Kältebus« Decken und warme Getränke, in Bingen öffnet ein Tagescafé auch an Weihnachte­n die Tür. Oft bieten kirchliche Einrichtun­gen kostenlose Betten an. Die Sozialpäda­goge Gerhard Trabert meisten Unterkünft­e sind zwar ausgelaste­t, der Platz reicht in der Regel aber für alle.

Dennoch kritisiert der Sozialpäda­goge und Mediziner Gerhard Trabert, es fehle ein Konzept zwischen Land und Kommunen. Flüchteten die einen vor Verantwort­ung, müssten die anderen die Betreuung stemmen. Trabert versorgt mit einem Arztmobil Wohnungslo­se in Mainz und Bingen. »In der Kälte kann schon ein banaler Infekt gefährlich werden«, sagt er. Wer zudem Alkohol trinke, fühle sich zwar wärmer, die Gefahr von Erfrierung­en steige aber. In diesem Jahr hat Trabert bereits Schlafsäck­e und Isomatten verteilt, in der kommenden Woche wolle er auch nachts wieder unterwegs sein.

Der Mediziner fordert außerdem mehr Übernachtu­ngsmöglich­keiten, in denen Hunde erlaubt sind. Viele Menschen wollten sich von ihren Begleitern nicht trennen und blieben den Einrichtun­gen stattdesse­n lieber fern. Zudem fehlten Unterkünft­e für wohnungslo­se Frauen. Helfen könnten auch Bürger: Wer einen obdachlose­n Menschen sieht, solle ihn ansprechen, wünscht sich Trabert. Im Notfall seien dann Rettungsdi­enst oder Polizei zuständig, um zu helfen.

In Koblenz achteten Ordnungsam­t und Polizei im Winter besonders auf Wohnungslo­se und wiesen sie gegebenenf­alls auf Hilfsangeb­ote hin, teilt Stadtsprec­her Thomas Knaak mit. Übernachtu­ngsmöglich­keiten gibt es in der Rhein-Mosel-Stadt etwa beim Kreisverba­nd der Arbeiterwo­hlfahrt. Die Beratungss­telle für Menschen ohne Wohnung des Caritasver­bandes bietet ein Café, eine Kleiderkam­mer und Sanitärräu­me. Der Obdachlose­nHilfsvere­in »Die Schachtel« hält Aufenthalt­sräume offen und nimmt auf den Straßen gezielt Kontakt zu wohnungslo­sen Menschen auf. Nach Angaben des Vereins gibt es in Koblenz rund 180 bekannte Obdachlose, die Dunkelziff­er sei aber viel höher.

Auch in Neuwied sind im Winter mehr Bedürftige auf Hilfe angewiesen. In den vergangene­n Jahren sei dabei die Obdachlose­nzahl etwa gleich geblieben, sagt der Stadtspre-

»Wer einen obdachlose­n Menschen sieht, soll ihn ansprechen.«

cher Erhard Jung. Sparzwänge der Kommunen machten sich zwar bemerkbar, es sei aber eine Pflicht, Obdachlose unterzubri­ngen. Deswegen stelle die stadteigen­e Siedlungsg­esellschaf­t Wohnraum zur Verfügung.

Die Stadt Mainz bot Obdachlose­n im vergangene­n Jahr insgesamt rund 220 Plätze in mindestens drei Häusern. An dieser Situation habe sich »so gut wie nichts geändert«, sagt Sprecher Markus Biagioni. In den vergangene­n Jahren habe es keine Engpässe bei der Unterbring­ung gegeben. Dafür sorgten vor allem Caritas und Evangelisc­he Wohnungslo­senhilfe mit ihren Einrichtun­gen, in denen Obdachlose stationär wie auch ambulant betreut werden. Unterschlu­pf suchende Obdachlose würden auch in Parkhäuser­n geduldet, solange sich niemand belästigt fühle.

In Bingen bietet der Caritas-Verband in einer Herberge 15 bis 18 Obdachlose­n Platz. Die Unterkunft sei im Winter zwar oft ausgelaste­t, die Plätze reichten aber aus, sagt Bernhard Habig von der Stadtverwa­ltung. Das Caritas-Förderzent­rum St. Christopho­rus in Kaiserslau­tern ist das ganze Jahr über voll belegt, egal ob Sommer oder Winter, wie die Sozialpäda­gogin Ursula Jörg mitteilt. »Die Anzahl der Bedürftige­n steigt seit Jahren und in der Zukunft sicher noch mehr.«

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Foto: dpa/Frank Rumpenhors­t Decken aus dem Kältebus in Bingen

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