Hoffen, immer nur hoffen
Borussia Dortmunds Lage bleibt nach der 0:1-Niederlage bei Hertha BSC weiter prekär
Dort wo Hertha BSC jetzt in der Bundesliga-Tabelle jetzt steht, wollte Borussia Dortmund hin. Ziel verfehlt. Die Sorgen der Klopp-Elf nehmen nicht ab.
Unmutsäußerungen brechen sich in Fußballstadien auf vielerlei Arten Bahn. Von Abwinken über Pfiffe bis hin zum Sprechchor, der den Konsens zwischen der Mannschaft auf dem Rasen und Fans auf den Rängen aufkündigt. Antworten gibt es seitens der so Gescholtenen oft nicht, ein gutes Spiel der Mannschaft und erkennbares Bemühen werden aber meistens akzeptiert. In der Ostkurve des fast ausverkauften Berliner Olympiastadions hing vor dem Anpfiff des Bundesligaspiels Hertha BSC gegen Borussia Dortmund ein Transparent, das die Arbeit des Berliner Trainers Jos Luhukay erstmals offen infrage stellte: »Luhukay: Wo ist das System? Wie lautet das Konzept?« Der derart Gefragte gab nach dem Spiel seiner Hertha gegen den Champions-League-Achtelfinalisten zu Protokoll, das Banner nicht gesehen zu haben. Geantwortet hatten seine Mannschaft und er aber bereits in den 90 Minuten – mit einem knappen, aber hochverdienten 1:0-Sieg.
Dabei sahen die über 75 000 Zuschauer im Stadion zunächst wenig Überraschendes, wenn man von den Rotationen in den Staraufstellungen absieht: Luhukay stellte Ronny als Spielmacher zum ersten Mal nach mehr als zwei Monaten wieder in der Startelf auf, Dortmunds Trainer Jürgen Klopp schüttelte seine Elf im Vergleich zum Europapokalspiel gegen Anderlecht kräftiger durch: Piszczek, Hummels, Bender, Kehl und Aubameyang ersetzten Durm, Sahin, Ginter, Großkreutz und Kagawa.
Beide Mannschaften boten in der ersten Hälfte das, was zu erwarten ist, wenn der 15. der Bundesliga gegen den 14. spielt: Die Teams legten ihr Augenmerk vor allem auf die Defensive, offensiv gelang wenig. Vor allem Ilkay Gündogan und Henrikh Mkhitarayan auf Dortmunder Seite, die das Spiel nach vorne gestalten sollten, konnten dank der Aufmerksamkeit der Berliner Defensivspieler keine Akzente setzen. Im Gegenteil: Mkhitarayan musste nach gut einer halben Stunde verletzt ausgewechselt werden. Er hatte bei seinem einzigen Torschuss, der weit über den Berliner Kasten ging, einen Stich im Oberschenkel gespürt. Für ihn kam Jakub Blaszczykowski in die Partie. Der verlor in der 40. Minute den Ball gegen Herthas Per Ciljan Skjelbred, der den früheren Dortmunder Julian Schieber sofort auf den Weg Richtung Dortmunder Tor schickte. Schieber spielte Sebastian Kehl aus und schob den Ball vorbei an Keeper Langerak ins Dortmunder Tor zum 1:0 ein. Und damit auch zum Endstand!
Jürgen Klopps »großartige Mannschaft mit großartigen Problemen«, wie er sie nach Abpfiff nannte, gelang es nicht, über 70 Prozent Ballbesitz, 9 Ecken und 18 Torschüsse in Tore zu verwandeln. In der ersten Hälfte zu harmlos, in der zweiten verzweifelte Jürgen Klopp an der Abschlussschwäche seines Teams, dessen beste Chancen von Herthas Torwart Thomas Kraft pariert wurden. Von einer Wende zum Besseren ist der BVB wieder so weit entfernt wie vor dem 1:0-Sieg gegen Hoffenheim in der vergangenen Woche. »Wir sind uns der Situation schon maximal bewusst«, konstatierte Klopp nach dem Spiel. »Wenn man Trainer beim Tabellen-16. ist, muss man sich ständig hinterfragen. Das tue ich auch.« Einen »Hoffnungsschimmer« machte Jürgen Klopp nach der bereits neunten Saisonniederlage dennoch aus: Mannschaft und Trainer genießen nach wie vor das Vertrauen der Anhänger und stellen Klopp und sein Team nicht infrage: Als die Borussen nach dem Spiel in Richtung Gästekurve schlichen und vereinzelt Pfiffe aus der Kurve kamen, antwortete der Block mit minutenlangen Gesängen Richtung Mannschaft und Trainer.
»Außergewöhnlich, absolut außergewöhnlich«, nannte Klopp später diesen gesanggewordenen Vertrauensvorschuss: »Wir brauchen jede Unterstützung. Ich höre im Wochenrhythmus, was für eine großartige Mannschaft wir haben. Davon bin ich auch nach wie vor überzeugt. Aber diese großartige Mannschaft hat auch großartige Probleme.« Herthas Coach Luhukay und seine Mannschaft hatten dagegen mit dem 1:0 erst einmal alle Fragen der Fans beantwortet.