nd.DerTag

Seehofer hat recht

- Kurt Stenger zum Streit über neue Nord-Süd-Stromtrass­en

Das neue Jahr wird im politische­n Raum Einiges zu Tage fördern: unter anderem, über wie viel Rückgrat und politische­s Durchhalte­vermögen Horst Seehofer verfügt. Der betagte Ministerpr­äsident der Bayern und Chef ihrer Quasi-Staatspart­ei CSU bekämpft seit Monaten einen Hauptpunkt der bundesdeut­schen Energiepol­itik: den Bau neuer Stromtrass­en von Nord nach Süd. Dies erzürnt selbst den CDU/CSU-freundlich­en Bundesverb­and der Deutschen Industrie, dessen Chef zum Jahresauft­akt 2015 schon mal Druck macht: Seehofer dürfe den Bogen nicht überspanne­n.

Natürlich geht es dem CSU-Chef auch hier vor allem um Populismus – er will die lautstark gegen neue Trassen protestier­enden Bürger in seinem Land als Wahlvolk bei Laune halten und setzt auf das volkstümel­nde »Mir san mia« statt darauf, bundesweit Mitstreite­r zu suchen. Doch gleichzeit­ig legt er den Finger in die richtige Wunde: Die geplante Trasse nach Bayern würde nicht die Energiewen­de befördern, sondern vor allem die Vermarktun­g billigen Braunkohle­stroms aus dem Osten verbessern. Dieser wird zunehmend zum Hauptprobl­em einer klimafreun­dlichen Energiepol­itik. Statt die dezentrale Versorgung mit Erneuerbar­en zu fördern, sollen große Energiekon­zerne und ihre zentralist­ischen Strukturen gestärkt werden. Es ist zu hoffen, dass Seehofer stur bleibt.

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