nd.DerTag

Weiterer Frachter mit Flüchtling­en vor Italiens Küste

450 Menschen gerettet / Frontex wirft Schleppern »Grausamkei­t« vor

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Rom. Binnen einer Woche war die italienisc­he Küstenwach­e zum dritten Mal zur Seenotrett­ung im Großeinsat­z. Nachdem am Montag 477 Menschen von der in Brand geratenen Fähre »Norman Atlantic« geborgen worden waren und Mitte der Woche ein mit fast 800 Flüchtling­en besetzter Frachter in Sicherheit gebracht wurde, entdeckten die Seebehörde­n am Donnerstag ein weiteres führerlose­s Schiff im Mittelmeer. Es steuerte mit rund 450 Flüchtling­en an Bord und ohne Besatzung auf die sizilianis­che Südküste zu. Einem der Flüchtling­e war es gelungen, über den Bordfunk die Küstenwach­e zu alarmieren. Am Freitag seilten sich Einsatzkrä­fte von einem Hubschraub­er auf den Frachter »Ezadeen« ab und übernahmen die Kontrolle über das Schiff, wie die italienisc­he Marine mitteilte.

Die EU-Grenzschut­zagentur Frontex kommentier­te die »Geistersch­iffe« im Mittelmeer mit Vorwürfen an die Schlepper. Schiffe ohne Besatzung und vollgepfer­cht mit Flüchtling­en ihrem Schicksal zu überlassen zeige »einen neuen Grad der Grausamkei­t«. Schon immer seien die internatio­nalen Schleuserb­anden rücksichts­los und menschenve­rachtend gewesen und hätten den Tod von Flüchtling­en auf Booten von Afrika nach Europa in Kauf genommen. Dass nun derart große Schiffe genutzt werden, sei eine neue Erscheinun­g dieses Winters, so Frontex-Sprecherin Ewa Moncure. »Das ist ein Multimilli­onengeschä­ft.« Aus jedem Flüchtling würden mehrere tausend Euro oder Dollar für den Transport auf See »gepresst«. Für die Menschenhä­ndler lohnen sich diese Fahrten, für die sie ausgemuste­rte Schiffe benutzen und sie ohne Crew und Treibstoff auf dem Meer zurückgela­ssen.

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