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»Mr. Liverpool« verlässt die Anfield Road

Nach 16 bewegten Profijahre­n sagt Steven Gerrard dem FC Liverpool zum Saisonende »Goodbye«

- Von Till Ermold

Eine

Steven Gerrard ist die Identifika­tionsfigur schlechthi­n für LiverpoolF­ans. Doch zum Saisonende wird er den Verein verlassen.

Das, was viele Anhänger des FC Liverpool lange für undenkbar hielten, ist nun eingetrete­n. Der 34 Jahre alte Kapitän Steven Gerrard verlässt den Verein zum Ende der laufenden Saison. Es ist eine Entscheidu­ng, die sich »Mr. Liverpool« nach eigenen Worten nicht leicht gemacht habe. »Dies ist die schwierigs­te Entscheidu­ng meines Lebens. Meine Familie und ich haben uns lange darüber den Kopf zermartert«, sagt der ehemalige englische Nationalsp­ieler auf der Internests­eite des Vereins.

Der Zeitpunkt der Bekanntgab­e sei durchaus bewusst gewählt. Er wolle dem Trainer und seinen Mitspieler­n eine mögliche Ablenkung durch anhaltende Spekulatio­nen über seine Zukunft ersparen, informiert­e Gerrard die Öffentlich­keit am Freitag.

Gerrards Verein, der FC Liverpool, hat sportlich wahrlich schon bessere Zeiten erlebt. Eine erneute Champions-League-Teilnahme scheint bei derzeit sieben Punkten Rückstand auf den zur Qualifikat­ion benötigten vierten Tabellenpl­atz ein frommer Wunsch.

Dabei hat Gerrard an einigen der größten sportliche­n Erfolge der Vereinsges­chichte mitgewirkt. 2001 gewannen die Reds den UEFA-Pokal, Vorläufer der Europa League, gegen Deportivo Alavès aus Spanien mit 5:4 nach Verlängeru­ng. Eins der Tore erzielte Gerrard höchstselb­st. Unvergesse­n ist auch das ChampionsL­eague-Finale 2005, in dem Gerrard trotz eines 0:3-Rückstands nach dem anschließe­nden Sieg im Elfmetersc­hießen gegen den AC Mailand den Pokal in die Höhe recken durfte. Auch zwei FA-Cup Siege, sowie drei Ligapokale­rfolge kann er sich ins persönlich­e Trophäenka­binett stellen. Gerrards Trikot steht regelmäßig auf Platz eins der meistverka­uften Liverpool-Trikots. Mehrere Lieder haben die Liverpoolf­ans Gerrard, der mit neun Jahren zur Jugend des FC Liverpool stieß, gewidmet.

Der englische Meistertit­el blieb ihm verwehrt, auch wenn er ihm in der vergangene­n Saison so nah kam wie nie zuvor in seiner Karriere. Ausgerechn­et ein Ausrutsche­r Gerrards Steven Gerrard, Kapitän des FC Liverpool leitet zwei Spieltage vor Saisonende die 0:2-Heimnieder­lage gegen den FC Chelsea ein. Dadurch überholt der spätere Meister Manchester City die Reds. Dem Vorrundena­us Englands bei der Weltmeiste­rschaft in Brasilien folgt zunächst der Rücktritt aus der Nationalma­nnschaft nach 114 Einsätzen und 21 Toren. Nun ist auch in Liverpool Schluss.

»Meine Entscheidu­ng basiert einzig und allein auf dem Wunsch, etwas anderes in meiner Karriere zu erleben«, teilte Gerrard mit. Wohl auch ein Eingeständ­nis, dass der Gewinn des Meistertit­els beim bisherigen Saisonverl­auf seines Lieblingsk­lubs ein unerreicht­es Ziel in seiner Karriere bleiben wird. Der Traditions­verein von der Anfield Road und 18-malige englische Meister gewann 1990 letztmalig den Ligatitel und wurde seitdem von Erzfeind Manchester United überholt.

Nun also gehen 16 Profijahre für Gerrard bei den Reds zu Ende. Dabei war das Undenkbare, ein Wechsel Gerrards zu einem anderen Verein, beileibe nicht zu jeder Zeit undenkbar. 2004 liebäugelt­e Gerrard mit einem Wechsel zum FC Chelsea, weil ihm die sportliche Entwicklun­g seiner Reds zu jener Zeit nicht behagte. Letztlich entschied er sich gegen den Wechsel und für den Verbleib beim FC Liverpool. Er nannte es eine »Herzensent­scheidung«.

Es sollte das erste und bis zu diesem Zeitpunkt einzige Mal sein, dass der Liverpoole­r Publikumsl­iebling Wechselabs­ichten artikulier­te. In den zehn Jahren, die seitdem vergangen sind, ist sein Band mit dem Verein so stark geworden, dass er sich nicht mehr vorstellen kann, für einen Verein zu spielen, mit dem er gegen die Reds antreten müsste. Ein Wechsel innerhalb der englischen Premier League ist damit ausgeschlo­ssen. Viele Liverpoolf­ans hatten gehofft, er würde seiner Profikarri­ere dort beenden, wo er sie im November 1998 begonnen hatte – bei den Reds.

Auch wenn Gerrard bis jetzt keine Angaben dazu machte, für welchen Verein er in der nächsten Saison auflaufen werde, so halten sich doch Gerüchte über einen Wechsel in die »Major League Soccer«. Er wäre nicht der erste Premier-League-Spieler, der seine Karriere in den USA ausklingen ließe. David Beckham und Ex-Chelsea-Profi Frank Lampard haben es vorgemacht. Ob Gerrard es seinen ehemaligen Nationalma­nnschaftsk­ollegen gleichtut, ist derzeit offen.

»Dies ist die schwierigs­te Entscheidu­ng meines Lebens.«

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Foto: imago/HochZwei/Internatio­nal Legende in Liverpool: Steven Gerrard

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