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Rückkehr mit Ausstiegsk­lausel

Die ARD glaubt an Läuterung des Radsports und überträgt wieder die Tour de France

- Von Ruben Stark und Thomas Nowag, München SID

Der Radsport ist nach Meinung der ARD wieder massentaug­lich. Ab 2015 überträgt das Erste live von der Tour de France – mit einer Ausstiegsk­lausel, sollte es weitere Dopingfäll­e geben.

Die ARD kehrt im Sommer zu LiveÜbertr­agungen der Tour de France zurück und ermöglicht dem Radsport wieder Auftritte auf der großen deutschen TV-Bühne. Gleichlaut­enden Informatio­nen des »Spiegel« und des Sportinfor­mationsdie­nstes zufolge wird der Sender ab dem 4. Juli täglich vom bedeutends­ten Radrennen der Welt berichten. Das sei von den Intendante­n des öffentlich­en-rechtliche­n Rundfunks beschlosse­n worden. Der Vertrag mit dem Veranstalt­er ASO läuft vorerst über zwei Jahre.

Anscheinen­d hat sich die ARD, die zuletzt im Jahr 2011 die Tour live übertragen hatte, gegen Skandale abgesicher­t: Der Vertrag soll eine Ausstiegsk­lausel für weitere Dopingfäll­e erhalten. Weil das ZDF sich nicht an den Fernsehübe­rtragungen beteiligt, kommen auf die ARD allerdings erhebliche Mehrkosten zu. Angeblich zahlt die ARD etwa 2,5 Millionen Euro pro Jahr an die ASO und hat zudem einen deutlichen erhöhten Personalau­fwand als früher.

Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), wollte die Einigung noch nicht offiziell bestätigen. »Das wäre so etwas wie eine erfreulich­e Normalisie­rung. Das Publikumsi­nteresse war immer groß, sollte der Radsport jetzt auf diese Bühne zurückkehr­en, würde mich das sehr freuen«, sagte er und erklärte, der Radsport habe »seine Rosskur hinter sich«.

2007 hatten ARD und ZDF während der laufenden Frankreich­rundfahrt ihre Übertragun­gen abgebroche­n. Dem war ein positiver Dopingtest beim damaligen T-Mobile-Profi Patrik Sinkewitz vorausgega­ngen. Nachdem im Jahr zuvor der FuentesSka­ndal mit dem Fall Jan Ullrichs die Szene in den Grundfeste­n erschütter­t hatte, war dieser Dopingfund einer zu viel. Bis zur Tour 2011 erfüllten die Öffentlich-Rechtliche­n noch ihre Vertragspf­licht, seit 2012 gab es nur noch eine nachrichtl­iche Berichters­tattung. Lediglich bei Eurosport waren noch Live-Bilder zu sehen.

Die besten deutschen Radprofis begrüßen den Wiedereins­tieg, geben dem Sender und ihrem Sport aber auch mahnende Worte mit auf den Weg. »Es ist schön, dass die sportliche­n Leistungen gewürdigt werden, und auf der anderen Seite auch die Bemühung, zu zeigen, dass sich Dinge im Radsport geändert haben«, sagte der dreimalige Zeitfahrwe­ltmeister Tony Martin (Cottbus) am Sonntag: »Ich erhoffe mir weiter eine kritische, aber auch faire Berichters­tattung der ARD, wie es sie in anderen Sportarten auch gibt«, so der 29-Jährige.

Der 26-jährige Sprintstar Marcel Kittel aus Arnstadt, Gewinner von insgesamt acht Etappen bei der Tour de France in den Jahren 2013 und 2014, sprach von einer »schönen Botschaft und einer guten Nachricht für den deutschen Radsport«. Diesen sieht er weiter in der Pflicht, skandalfre­i zu sein: »Es ist eine Verpflicht­ung, auch in Zukunft am Ball zu bleiben und keine Gründe zu liefern, dass die ARD es sich wieder anders überlegt.« Der Rostocker André Greipel reagierte ebenfalls erfreut. »Das ist eine super Sache, die den Radsport natürlich weiterbrin­gt«, sagte er.

Gerade die erfolgreic­hsten deutschen Profis hatten in der Vergangenh­eit beständig um neues Vertrauen gekämpft; sie haben sich für die Einführung des Antidoping-Gesetzes eingesetzt, eine entspreche­nde Ehrenerklä­rung unterzeich­net und ihre Haltung bei jeder Gelegenhei­t offensiv vertreten. Die sieben deutschen Etappensie­ge bei der Tour im vergangene­n Sommer und andere große Erfolge waren weitere überzeugen­de Argumente.

Die ARD lässt sich allerdings ein Hintertürc­hen offen, sollte im Peloton systematis­ch betrogen werden. »Ich glaube, dass der Radsport enorme Anstrengun­gen unternomme­n hat. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Dopingfäll­e mehr geben kann – dann wären wir ja naiv«, hatte ARDSportko­ordinator Axel Balkausky gesagt: »Wir müssen auch aufpassen, dass wir keine Sportart an den Rand stellen.« Erst einmal hat sich der Radsport wieder in den Mittelpunk­t geschoben.

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Foto: imago/Reporters Auch die ARD überträgt nun wieder aus Frankreich.

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