Rückkehr mit Ausstiegsklausel
Die ARD glaubt an Läuterung des Radsports und überträgt wieder die Tour de France
Der Radsport ist nach Meinung der ARD wieder massentauglich. Ab 2015 überträgt das Erste live von der Tour de France – mit einer Ausstiegsklausel, sollte es weitere Dopingfälle geben.
Die ARD kehrt im Sommer zu LiveÜbertragungen der Tour de France zurück und ermöglicht dem Radsport wieder Auftritte auf der großen deutschen TV-Bühne. Gleichlautenden Informationen des »Spiegel« und des Sportinformationsdienstes zufolge wird der Sender ab dem 4. Juli täglich vom bedeutendsten Radrennen der Welt berichten. Das sei von den Intendanten des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks beschlossen worden. Der Vertrag mit dem Veranstalter ASO läuft vorerst über zwei Jahre.
Anscheinend hat sich die ARD, die zuletzt im Jahr 2011 die Tour live übertragen hatte, gegen Skandale abgesichert: Der Vertrag soll eine Ausstiegsklausel für weitere Dopingfälle erhalten. Weil das ZDF sich nicht an den Fernsehübertragungen beteiligt, kommen auf die ARD allerdings erhebliche Mehrkosten zu. Angeblich zahlt die ARD etwa 2,5 Millionen Euro pro Jahr an die ASO und hat zudem einen deutlichen erhöhten Personalaufwand als früher.
Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), wollte die Einigung noch nicht offiziell bestätigen. »Das wäre so etwas wie eine erfreuliche Normalisierung. Das Publikumsinteresse war immer groß, sollte der Radsport jetzt auf diese Bühne zurückkehren, würde mich das sehr freuen«, sagte er und erklärte, der Radsport habe »seine Rosskur hinter sich«.
2007 hatten ARD und ZDF während der laufenden Frankreichrundfahrt ihre Übertragungen abgebrochen. Dem war ein positiver Dopingtest beim damaligen T-Mobile-Profi Patrik Sinkewitz vorausgegangen. Nachdem im Jahr zuvor der FuentesSkandal mit dem Fall Jan Ullrichs die Szene in den Grundfesten erschüttert hatte, war dieser Dopingfund einer zu viel. Bis zur Tour 2011 erfüllten die Öffentlich-Rechtlichen noch ihre Vertragspflicht, seit 2012 gab es nur noch eine nachrichtliche Berichterstattung. Lediglich bei Eurosport waren noch Live-Bilder zu sehen.
Die besten deutschen Radprofis begrüßen den Wiedereinstieg, geben dem Sender und ihrem Sport aber auch mahnende Worte mit auf den Weg. »Es ist schön, dass die sportlichen Leistungen gewürdigt werden, und auf der anderen Seite auch die Bemühung, zu zeigen, dass sich Dinge im Radsport geändert haben«, sagte der dreimalige Zeitfahrweltmeister Tony Martin (Cottbus) am Sonntag: »Ich erhoffe mir weiter eine kritische, aber auch faire Berichterstattung der ARD, wie es sie in anderen Sportarten auch gibt«, so der 29-Jährige.
Der 26-jährige Sprintstar Marcel Kittel aus Arnstadt, Gewinner von insgesamt acht Etappen bei der Tour de France in den Jahren 2013 und 2014, sprach von einer »schönen Botschaft und einer guten Nachricht für den deutschen Radsport«. Diesen sieht er weiter in der Pflicht, skandalfrei zu sein: »Es ist eine Verpflichtung, auch in Zukunft am Ball zu bleiben und keine Gründe zu liefern, dass die ARD es sich wieder anders überlegt.« Der Rostocker André Greipel reagierte ebenfalls erfreut. »Das ist eine super Sache, die den Radsport natürlich weiterbringt«, sagte er.
Gerade die erfolgreichsten deutschen Profis hatten in der Vergangenheit beständig um neues Vertrauen gekämpft; sie haben sich für die Einführung des Antidoping-Gesetzes eingesetzt, eine entsprechende Ehrenerklärung unterzeichnet und ihre Haltung bei jeder Gelegenheit offensiv vertreten. Die sieben deutschen Etappensiege bei der Tour im vergangenen Sommer und andere große Erfolge waren weitere überzeugende Argumente.
Die ARD lässt sich allerdings ein Hintertürchen offen, sollte im Peloton systematisch betrogen werden. »Ich glaube, dass der Radsport enorme Anstrengungen unternommen hat. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Dopingfälle mehr geben kann – dann wären wir ja naiv«, hatte ARDSportkoordinator Axel Balkausky gesagt: »Wir müssen auch aufpassen, dass wir keine Sportart an den Rand stellen.« Erst einmal hat sich der Radsport wieder in den Mittelpunkt geschoben.