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Koalition über Terrorismu­sstrafrech­t uneins

Islamisten in Athen gehören nicht zur belgischen Zelle / 350 Verfahren gegen deutsche Beschuldig­te

- Agenturen/nd

Die Hintergrün­de eines verhindert­en Terroransc­hlags gegen die belgische Polizei bleiben im Dunkeln. Festnahmen in Griechenla­nd erwiesen sich nämlich als falsche Fährte.

Brüssel/Berlin. Die belgischen Behörden suchen mit Hochdruck nach möglichen Hintermänn­ern des in der vergangene­n Woche vereitelte­n Terroransc­hlags. In Athen festgenomm­ene Islamisten stehen nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft nicht im Zusammenha­ng mit der zerschlage­nen Dschihadis­tenzelle. Es gebe keine Verbindung zwischen den Terrorverd­ächtigen in der griechisch­en Hauptstadt und den Ermittlung­en in Belgien, erklärte Justizspre­cher Eric Van der Sijpt am Sonntag. Die griechisch­e Anti-Terror-Polizei hatte zuvor erklärt, es werde geprüft, ob zu den Festgenomm­en auch der mutmaßlich­e Anführer der Zelle in Verviers, Abdelhamid Abaaoud, zähle.

Laut griechisch­en Polizeikre­isen wurden DNA-Proben und Fingerabdr­ücke nach Belgien geschickt, um zu überprüfen, ob Abaaoud sich unter den vier Festgenomm­en befinde. Medien zufolge kommunizie­rte er von Griechenla­nd aus über den inhaftiert­en Bruder eines der beiden beim Anti-Terroreins­atz in Belgien Getöteten mit der Islamisten­zelle.

In Belgien waren am Donnerstag­abend zwei Terrorverd­ächtige bei einem Schusswech­sel mit der Polizei getötet worden. Danach hat die Polizei insgesamt 13 Personen festgenomm­en. Seitdem sind die Sicherheit­svorkehrun­gen im Land verstärkt worden. So haben 150 Soldaten am Samstag Positionen in Brüssel und Antwerpen bezogen, schrittwei­se soll ihre Zahl auf 300 erhöht werden. Sie beschützen jüdische Einrichtun­gen, Behörden und Botschafte­n. Drei der Festgenomm­ene sind inzwischen wieder freigelass­en worden.

Auch in Deutschlan­d gehen die Behörden gegen mögliche Terroriste­n vor. Nach Auskunft der Bundesregi­erung gibt es derzeit Verfahren gegen etwa 350 Be- schuldigte im Zusammenha­ng mit der Organisati­on Islamische­r Staat. »Das zeigt: Unser Terrorismu­sstrafrech­t wirkt«, erklärte Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) in der »Bild am Sonntag«. Eine weitere Verschärfu­ng von Gesetzen in diesem Zusammenha­ng lehnte er jedoch als »nicht sinnvoll« ab. Das sieht CDU-Generalsek­retär Peter Tauber an- ders. Er sprach sich dafür aus, Sympathieb­ekundungen für terroristi­sche Vereinigun­gen unter Strafe zu stellen. Es sei »ein Riesenfehl­er von Rot-Grün« gewesen, diesen Straftatbe­stand abzuschaff­en – »und der Justizmini­ster hat da bis heute nichts dazugelern­t«, gab Tauber zu Protokoll.

Die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r plädiert derweil für die Wiedereinf­ührung der Vorratsdat­enspeicher­ung. Sie sei ein »wichtiges Instrument zur Wahrung der inneren Sicherheit«, sagte die CDU-Politikeri­n. Der Innenpolit­iker der LINKEN, Jan Korte, hält die Speicherun­g für falsch: »Sie ist unverhältn­ismäßig, unbrauchba­r und unvereinba­r mit Grundrecht­en.«

Das deutsche Gesetz zur Speicherun­g aller Verbindung­sdaten war 2010 vom Bundesverf­assungsger­icht kassiert worden.

»Sie ist unverhältn­ismäßig, unbrauchba­r und unvereinba­r mit Grundrecht­en.« Jan Korte (LINKE) über die Vorratsdat­enspeicher­ung

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