Vorfreude: Die Geschichte klopft an
Solidaritätsappelle auf Veranstaltung der Europäischen Linken in München
Eine Woche noch bis zur Wahl in Griechenland. Für den Fall eines Wahlsieges von SYRIZA wird bereits heftig um Solidarität geworben. Auch in München ...
Pavlos Delkos ist sich ziemlich sicher. »Wir werden es schaffen«, sagt er als Mitglied des griechischen Linksbündnisses SYRIZA, und: »Wir sind Zeugen eines historischen Moments. Die Geschichte klopft an die Tür.« Am Sonntag sind Wahlen in Griechenland und die Möglichkeit einer linken Regierung ist in greifbare Nähe gerückt. Deshalb spricht Pavlos Delkos hier im Münchner Westend auf Einladung der Europäischen Linken und schwört das zahlreiche Publikum schon mal auf die Zeit nach der Wahl ein: »Wir brauchen dann eure Solidarität!«
Griechenland stöhnt bekanntlich unter dem Spardiktat der Europäischen Union, die dem Land eine Hungerkur verordnete. Die Folgen: Eine Arbeitslosigkeit von knapp unter 30 Prozent, bei jungen Erwachsenen sogar von 60 Prozent, eine Senkung der Löhne und Gehälter von 40 Prozent, steigende Obdachlosigkeit, ein schrumpfendes Bildungs- und Gesundheitssystem, exorbitante Heizkosten, Zwangsräumungen. Die griechischen Wähler haben von diesem Sparkurs offensichtlich die Nase voll, bei den Präsidentschaftswahlen im vergangenen Dezember fiel der Kandidat der konservativen Regierungskoalition aus Neodemokraten und Pasok-Partei in allen drei Wahlgängen durch. Jetzt sind deshalb Neuwahlen zum Parlament erforderlich, und die Umfragen sehen das Linksbündnis SYRIZA mit 38 Prozent vorne.
Pavlos Delkos kommt aus einer eher konservativen Region Griechenlands, aber auch dort habe SYRIZA zweistelligen Zuwachs zu verzeichnen. Delkos: »Die Menschen sehen sich von den bisherigen Parteien um ihre Würde gebracht.« Er geht davon aus, dass seine Partei auch bei lediglich 35 Prozent der Stimmen die Mehrheit stellen könnte. Das hat zum einen mit der Besonderheit des griechischen Parlaments zu tun, wonach die stärkste Partei auf jeden Fall zusätzlich 50 Sitze erhält. Und mit der Regelung, dass, wenn die kleinen Parteien aus dem Parlament fallen, deren Sitze auf die anderen aufgeteilt werden, was dann nach verschiedenen Rechenspielen die SYRIZA-Mehrheit auch sichern würde.
Sollte SYRIZA die Wahl wirklich gewinnen, will die Partei unverzüglich ihr »unverhandelbares« Sofortprogramm umsetzen. Das heißt kostenloser Strom für mehr als 300 000 Haushalte, für Bedürftige kostenlose medizinische Versorgung, die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen und kostenlose Tickets für den Nahverkehr. Der Mindestlohn soll von derzeit 500 Euro im Monat auf 750 Euro angehoben werden, ein Wohnungsbauprogramm umgesetzt und eine ungerechte Sondersteuer für Immobilien aufgehoben werden.
Wie soll das bezahlt werden? In den Schubladen der Behörden liege noch Geld, sagt Pavlos Delkos, Langfristig werde das Steuersystem geändert werden. Und auf europäischer Ebene will SYRIZA einen Schuldenschnitt. Pavlos Delkos sieht einen Sieg seiner Partei auch als historisches Signal etwa für Spanien: »Wenn es gelingt, zusammen mit den Gewerkschaften auf der Straße präsent zu sein, müssen auch die Mächtigen Kompromisse machen.« Und er setzt auf europaweite Solidarität mit einer neuen Regierung. Die wird auch gleich hier in der Versammlung als Geldsammlung praktiziert, damit einige Griechen aus München zum Wählen in die Heimat fliegen können.