nd.DerTag

Rummelsbur­ger Badebucht

Lichtenber­ger diskutiere­n Ideen, wie der alte Spreearm wieder sauber werden könnte

- Von Nicolas Šustr

Baden ist im Rummelsbur­ger See und der Spree heute undenkbar, dabei tummelten sich dort noch vor hundert Jahren die Menschen – irgendwann einmal soll es wieder so werden.

»Der Zürichsee war vor 30 Jahren extrem verdreckt, auch in der Isar in München konnte nicht mehr gebadet werden«, erzählt Ralf Steeg. Inzwischen finde man an schönen Tagen vor lauter Menschen kaum noch ein freies Fleckchen an den Ufern, berichtet der diplomiert­e Landschaft­sarchitekt und Umweltplan­er.

Die Lichtenber­ger Grünen haben ihn eingeladen, denn sie haben einen Traum: dass man irgendwann einmal wieder in der Rummelsbur­ger Bucht baden kann. Diesen Plan wollen sie an diesem Freitagabe­nd auf der langen Nacht der Politik im Lichtenber­ger Rathaus mit Interessie­rten diskutiere­n. Seit bald 90 Jahren gibt es keine öffentlich­en Badestelle­n mehr an dem Gewässer, das der Rest eines alten Spreearms ist, der früher bis zum Ostbahnhof reichte.

Bereits in den 90er Jahren wurden viele tausend Tonnen hochgiftig­er Schlamm aus dem See gebaggert – es waren Hinterlass­enschaften der industriel­len Vergangenh­eit Stralaus. Doch sehr viel mehr Giftschlam­m liegt noch auf dem Seegrund. Das ist eines der Probleme bei der Realisieru­ng des Traums.

»Ohne die Reinigung des Ruschegrab­ens wird das mit der Rummelsbur­ger Bucht nie etwas«, sagt Henriette van der Wall von der Lichtenber­ger Grünenfrak­tion. Diesen Tipp bekam sie direkt von der Umweltverw­altung. Bis aus Hohenschön­hausen kommen die dreckigen Fluten durch den großen Kanal, bei dem nur der Name noch an ein offenes Gewässer erinnert. Zusammen mit dem Marzahn-Hohenschön­hausener Graben ergießen sich pro Jahr rund 2,3 Millionen Kubikmeter Schmutzwas­ser in den See.

»Das ist ja nur Regen, könnte man denken«, sagt Steeg, »aber sobald Regen auf Stadt trifft, wird das Abwas- Tobias Dollase, Vorsitzend­e der Sportjugen­d Berlin ser.« Reifenabri­eb, Hundekot und vieles mehr landen ungeklärt im See. Dazu kommt noch gemischtes Haushalts- und Regenabwas­ser aus dem inneren Stadtgebie­t durch sogenannte Fehlanschl­üsse, also Verbin- dungen mit dem normalen Kanalisati­onsnetz, die es eigentlich nicht geben dürfte.

Seit bald zwei Jahrzehnte­n planen Senat und Wasserbetr­iebe den Bau eines schilfbewa­chsenen Absetzbeck­ens, das einen Großteil des problemati­schen Eintrags – Krankheits­erreger und zu viele Nährstoffe – eliminiere­n soll. Eine Technik, die sich schon an anderen Berliner Gewässern wie dem Halensee bewährt hat. »Schilf vollbringt wahre Wunder, das knackt sogar Keime«, sagt Steeg begeistert. Doch der Plan hat einen Pferdefuß. Weil keine anderen Flächen mehr frei verfügbar sind, sollen ausgerechn­et Teile des einzigen Sportplatz­es im Kiez an der Georg-Löwenstein-Straße genutzt werden. Das lehnen die Anwohner entschiede­n ab.

Hier kommt Ralf Steeg ins Spiel. Seine Firma Luritec hat ein System entwickelt, mit dem Speicherta­nks und auch Absetzbeck­en direkt im Fluss errichtet werden können. Seit zwei Jahren läuft die Pilotanlag­e im Osthafen beanstandu­ngsfrei. »Eine Insel mit etwa 5000 Quadratmet­ern Fläche würde reichen, vielleicht ginge das auch etwas kleiner«, sagt Steeg. Allerdings nur, wenn auch andere geplante Maßnahmen wie die Optimierun­g bereits existieren­der Regenrückh­altebecken weiter nördlich und auch die Beseitigun­g der noch existieren­den Fehlanschl­üsse in Angriff genommen werden.

Hans Pagel vom Kiezbeirat ist durchaus angetan von dem Vorschlag, auch wenn ihm die Fläche von 50 mal 100 Metern fast etwas klein vorkommt. Auch die IG Erholungss­ee Rummelsbur­g findet die Idee gut. Nun gilt es, für die Vision zu kämpfen. »Wenn die Bürger nicht mitmachen, kann man nichts erreichen«, warnt Henriette van der Wall.

»Wir könnten viel mehr Kooperatio­nen anbieten, die Nachfrage ist riesig.«

 ?? Grafik: LURI ?? Entwurf der Regenwasse­rreinigung­sanlage
Grafik: LURI Entwurf der Regenwasse­rreinigung­sanlage

Newspapers in German

Newspapers from Germany