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Vorfahrt für die Straßenbah­n

- Bernd Kammer hofft, dass es dem Senator mit dem Ausbau ernst ist

Der neue Stadtentwi­cklungssen­ator Andreas Geisel ist also nicht nur ein Freund der Auto-, sondern auch der Straßenbah­n. Das ist gut zu hören, denn während es beim Ausbau der Betonpiste­n gut vorangeht, tat sich bei der Straßenbah­n lange gar nichts. Erst Ende 2014 konnte in der Invalidens­traße die rund zwei Kilometer lange Neubaustre­cke zum Hauptbahnh­of in Betrieb genommen werden – mit achtjährig­er Verspätung.

Ansonsten hat sich beim Gleisbau auf den Straßen nicht viel getan. Seit 1991 ist das Streckenne­tz der Straßenbah­n nur um knapp 20 Kilometer auf 194 gewachsen. In den Westteil der Stadt führen bisher nur drei kurze Stummelstr­ecken. Der Senat setzte andere Prioritäte­n, ließ neue Autobahnen bauen und die Verlängeru­ng der U 5, was viel Geld kostet und zudem noch Planungska­pazitäten bindet.

Zwar mögen Straßenbah­nen bei Autofahrer­n nicht gerade beliebt sein, aber sie sind meist wirtschaft­licher als Busse und locken Fahrgäste, von ihren ökologisch­en Vorzügen ganz zu schweigen. Trotzdem erfolgte der Ausbau bisher nur im Schneckent­empo. Vor gut zehn Jahren wurden in der Leipziger Straße bereits 500 Meter Gleise eingebaut, doch ansonsten ist von der Strecke vom Alex Richtung Potsdamer Platz und Kulturforu­m nichts zu sehen. Auch die Verlängeru­ng vom Hauptbahnh­of nach Moabit ist noch lange nicht in Sicht.

Dabei sollten bereits zu Endzeiten der rot-roten Regierungs­koalition die Planungen für beide Trassen, denen von Verkehrsex­perten große Bedeutung beigemesse­n wird, wieder aufgenomme­n werden. Doch mit dem Regierungs­wechsel verschwand­en sie offenbar wieder in den Schubladen. Es wäre gut, wenn sie Geisel jetzt wieder hervorholt. Berührungs­ängste mit Straßenbah­nen dürfte er jedenfalls nicht haben – als gebürtiger Lichtenber­ger ist er praktisch mit der Straßenbah­n groß geworden.

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