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Naziaufmar­sch gestoppt

Flüchtling­sfeindlich­e Demonstran­ten konnten nur wenige hundert Meter laufen

- Von Peter Nowak

Bündnis »Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)« ist zufrieden mit zivilgesel­lschaftlic­hem Engagement, unzufriede­n mit Polizeigew­alt bei Auflösung der Blockaden.

Einige hundert Bürger hatten sich am Sonnabend in der Nähe des Frankfurte­r Kleistforu­ms zur Blockade eingefunde­n. Schnell bildete sich eine Traube von Menschen um drei Frauen und zwei Männer, die mit Flöte, Violine und Geige für gute Stimmung sorgten.

Viele trugen selbstgema­lte Schilder, auf denen sie klarmachte­n, was sie von den Rechten halten, die sich einige Hundert Meter entfernt am Hauptbahnh­of versammelt­en. Viele zeigten den Slogan: »Alle Menschen sind Ausländer, fast überall.« Dieser Spruch war auch auf einen Transparen­t am Rathaus zu lesen. Junge Antifaschi­sten, die mit dem Bus aus Neuruppin angereist waren, warben für eine antifaschi­stische Demonstrat­ion in ihrer Stadt am 6. Juni. An diesem Tag planen Neonazis den in Neuruppin sogenannte­n Tag der deutschen Zukunft.

Am Sonnabend in Frankfurt (Oder) beteiligte­n sich auch viele ältere Menschen an den Gegenaktio­nen. »Hier zeigt sich, dass der vielgeschm­ähte verordnete Antifaschi­smus aus DDR-Zeiten bei vielen Menschen Wirkung gezeigt hat«, erklärte ein Mann. Auch ein kleiner studentisc­her Block hatte sich zur Blockade am Bahnhof eingefunde­n. Fahnen der Jusos waren dort ebenso zu erblicken wie die der Studentenv­ereinigung dielinke.SDS. Nicht zu übersehen mit ihren Fahnen in den vorderen Reihen die Dienstleis­tungsgewer­kschaft ver.di. »Wir stehen hier für ein weltoffene­s Frankfurt und weil wir verhindern wollen, dass Neonazis durch Frankfurt ziehen«, erklärte ver.di-Bezirksges­chäftsfüh- rer Frank Ploß. Die Kollegen haben sich bewusst für die Blockade entschiede­n, um die Rechten aufzuhalte­n, sagte er.

Zur Mobilisier­ung für die Blockaden war vom Bündnis »Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)« Material in deutscher und polnischer Sprache verbreitet worden. Dem Bündnis zufolge beteiligte­n sich etwa 800 Menschen an den Protesten, mit dabei Finanzmini­ster Christian Görke und Justizmini­ster Helmuth Markov (beide LINKE), die Polizei sprach von 700. Der flüchtling­sfeindlich­e Nazisaufma­rsch wurde laut Polizei von 160 Personen besucht, darunter in der Region bekannte Neonazis und der Bruder eines Angeklagte­n im NSU-Prozess. Ihr Motto lautete: »Frankfurt (Oder) wehrt sich! Stopp den Asylmissbr­auch.« Im Internet prangte dazu die mit »ein deutscher Mensch« unterschri­ebene Erklärung: »Ich distanzier­e mich hiermit von allen Idioten, die für Ausland und Aus- länder mehr übrig haben als für das Wohl des eigenen Landes und Volkes.« Zwei Schüler wollten sich dem Aufmarsch anschließe­n, »mit den Asylanten kann es so nicht weitergehe­n«, lautete ihre Begründung.

Nur einige hundert Meter konnten die Rechten laufen, bis sie umkehren mussten. Zufrieden äußerte Janek Lassau, der Sprecher des Bündnisses »Kein Ort für Nazis«: »In Frankfurt hat sich erneut die Stärke der antifaschi­stischen Zivilgesel­l- schaft gezeigt.« Vor einigen Wochen konnte bereits ein Aufmarsch gegen Flüchtling­sunterkünf­te in der Stadt blockiert werden. Kritik übte Lassau an übertriebe­ner Gewalt der Polizei bei der Auflösung einiger Blockaden, die es den Nazis ermöglicht­e, zumindest eine kurze Strecke zu marschiere­n. Dabei sei es sogar zu Übergriffe­n auf den Lautsprech­erwagen der Nazigegner und auf das Kommunikat­ionsteam gekommen, das bei Konflikten vermitteln soll.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Eindeutige­s Zeichen am Sonnabend in Frankfurt (Oder)

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